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Übersinnlich

Übersinnlich

Titel: Übersinnlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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Menschenleben?
    „Ich glaube nicht, dass die Roten Priesterinnen sie am Leben lassen. Du solltest dich damit abfinden, dass sie ebenfalls tot ist. Vielleicht sogar geopfert.“
    Ein unmenschlicher Laut entrang sich seiner Kehle und es war ihm egal, was Carl von ihm dachte. „Sie lebt! Ich weiß, dass sie noch lebt. Armand hat gesehen, wie sie sie weggebracht haben. Wir müssen ihr helfen, sie ist ein Kind!“
    Carl erhob sich und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Mit gemäßigtem Schritt trat er hinter seinem Schreibtisch hervor ans Fenster und betrachtete die Engelsstatuen des Brunnens im Garten.
    „Du bist noch jung, Franklin und voller Leidenschaft. Das qualifiziert dich für meine Nachfolge, so wie es auch Joanna qualifiziert hat.“ Er blickte über seine Schulter zurück und fixierte Franklin, der nicht verstand, was diese Ansprache sollte. „Durch ihren Tod steigen deine Chancen.“
    Wut und Fassungslosigkeit lieferten sich in Franklins Brust einen Kampf. Er presste die Kiefer so fest aufeinander, dass sie knirschten.
    „Du findest mich herzlos, nicht wahr? Was ich dir sagen will: Wenn du einmal meinen Posten innehaben solltest, dir die Verantwortung, die damit zusammenhängt, bewusst ist, wirst du es verstehen. Und genauso handeln.“ Carl wendete sich ihm wieder zu. „Dann wird es andere geben, die dich hassen, weil du die nötigen Entscheidungen triffst.“

    Dämonenring,
ISBN: 978-3-940235-31-2
    „Heißt das, du wirst nichts unternehmen?“
    „Das heißt, ich werde kein Risiko eingehen für ein Kind, das womöglich nicht mehr lebt und dessen Wert für den Orden unerheblich ist.“
    Er schluckte und glaubte zu ersticken. Blut sollte dicker sein als Wasser. „Armand ist mir zuliebe wieder dorthin gegangen, um herauszufinden, ob Melissa noch lebt. Wenn dies so ist, sollten wir versuchen, sie zu uns zu holen. Er setzt immerhin sein Leben aufs Spiel. Der Coven hat seine Gefährtin Lilly getötet. Sie wissen, wie sie seinesgleichen unschädlich machen können.“
    Carl Ravenwood schüttelte unwillig den Kopf, schnaubte und kehrte zu seinem Stuhl zurück. „Dein Freund ist entbehrlich für uns“, beschied er. „Und er gehört nicht zum Orden. Wir schulden ihm nichts. Wenn er sein Leben aufs Spiel setzt, ist das seine Sache.“
    „Armand war dem Orden schon oft eine Hilfe. Wie kannst du so von ihm reden?“
    Carl wurde ungehalten. „Du bist nicht unvoreingenommen. Dich leiten deine Gefühle. Die ich zwar toleriere, aber nicht gutheiße. Also zügle dich.“
    „Er tut es für uns. Für Joanna.“
    „Seine Beweggründe seien dahingestellt. Er ist ein Vampir. Darum ist es ausgeschlossen, dass er es ohne Hintergedanken tut. Wenn er Erfolg hat und das Kind rettet, freue ich mich natürlich. Aber auf unsere Unterstützung bei diesem aussichtslosen Unterfangen kann er nicht rechnen. Ich gehe kein Risiko ein. Schon gar nicht für irgendein Mädchen, das keinerlei Bezug zu unserem Orden hat.“
    „Sie ist meine und Joannas Tochter! Deine Enkelin!“, stieß Franklin hervor und kämpfte mühsam die Tränen nieder, die mehr vom Zorn denn von Verzweiflung rührten.
    „Ich habe Melissa nur zweimal gesehen. Auch sie ist für mich entbehrlich.“
    Franklin bekam kaum noch Luft. Ihm wurde schwarz vor Augen und er klammerte sich so fest an die Lehne des Stuhls, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten.
    „Du hast Joanna auf diese Selbstmordmission geschickt und sie nicht einmal dann wieder nach Hause gelassen, als der Coven Jagd auf sie machte. War sie auch entbehrlich?“
    An dem Blitzen in Carls Augen waren seine Gefühle deutlich abzulesen. Er war wütend über Franklins Vorwürfe, mit der er seine Autorität infrage stellte. Herrgott, hier ging es um sein eigen Fleisch und Blut. Wie konnte ein Mensch so kalt sein?
    „Was ich tat, tat ich für den Orden. Er steht über allem, das weißt du, Franklin. Soll ich mein Gesicht, meine Glaubwürdigkeit als Vater von Gorlem Manor verlieren, weil ich bei meiner Tochter anders entscheide, als ich es bei jedem anderen täte? Auch Joanna teilte meine Meinung, wie du weißt. Und jetzt verlass meine Räume. Ich habe zu arbeiten.“ Er wandte sich bereits wieder seinen Berichten zu und sah Franklin nicht einmal an, als er hinzufügte: „Wenn dein Vampirfreund Neuigkeiten hat, wirst du mich unverzüglich unterrichten. Ich wünsche keine eigenmächtigen Entscheidungen. Ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrückt.“

    Es war nicht schwer gewesen,

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