Übersinnlich (5 Romane mit Patricia Vanhelsing) (German Edition)
Anfang. Sowohl, was die Vorgänge in diesem mysteriösen Chateau anging als auch, was Ashton Taylor betraf...
Das Diner zog sich in die Länge. Ich lauschte den nichtssagenden Gesprächen der anderen Anwesenden. Keiner von ihnen machte auf mich den Eindruck, wegen eines Gebrechens das Chateau aufgesucht zu haben. Ich vermutete eher, dass es sich um Mitglieder des ORDENS handelte.
Schließlich wurde das Dessert gereicht.
In diesem Moment öffnete sich eine Tür.
Dietrich von Schlichten trat ein.
Die Gespräche am Tisch erstarben.
Von Schlichten trat an den Tisch und strich sich mit einer nervös wirkenden Geste das schüttere Haar zurück.
"Es tut mir leid, dass ich mich etwas verspätet habe", erklärte. "Mademoiselle Maraguene fühlt sich nicht gut. Sie lässt sich entschuldigen."
"Ist ansonsten alles in Ordnung?", fragte Ashton Taylor in einem eigenartigen Tonfall, den ich nicht zu deuten wusste.
Von Schlichten nickte. "Machen Sie sich keine Sorgen, Ashton..."
Dann wandte von Schlichten sich an uns.
"Es freut mich außerordentlich, Sie beide hier zu sehen..."
"Gehören Sie zu jenen, die hier Heilung suchen?", fragte ich.
Von Schlichten lächelte.
"Erkenntnis suche ich", erwiderte er. "Mademoiselle Maraguene ist in diesem Zusammenhang eine überaus interessante Gesprächspartnerin... wussten Sie, dass Ihre Begabung sich gar nicht so sehr von jener unterscheidet, über die Maraguene verfügt?"
"Wenn ich Kranke heilen könnte, würde ich meine Zeit nicht damit verschwenden, Reportagen für ein Boulevardblatt zu schreiben!"
"Ihre Menschlichkeit macht Sie sehr sympathisch, Miss Vanhelsing."
"Ach..."
"Sehen Sie, der Unterschied zwischen Ihnen und Maraguene ist, dass die Druidin sehr viel besser gelernt hat, mit ihrer Begabung umzugehen. Sie versteht es ausgezeichnet, mentale Kraftquellen anzuzapfen, Energien zu bündeln und sehr gezielt einzusetzen... Es ist alles eine Frage der Übung, der Ausbildung..."
"Sie kennen Maraguene recht gut?"
"Gut genug, Miss Vanhelsing."
"Wo ist sie?", fragte ich. "Noch in der Schädelhöhle?"
Von Schlichtens Züge veränderten sich. Sie erstarrten zu einer eisigen Maske. Dann hob er die Augenbrauen. "Vielleicht habe ich Sie unterschätzt, Miss Vanhelsing!"
"Was geht dort unten vor sich?"
"Alles zu gegebener Zeit. Wir wollen nichts übereilen...", murmelte von Schlichten.
Die Art und Weise, in der er das sagte, verhieß nichts Gutes.
*
Es wurde sehr spät, ehe sich schließlich die Anwesenden nach und nach zurückzogen.
"Was hältst du von der ganzen Sache?", raunte Tom mir zu.
"Ich weiß nicht. Es scheint so, als würden sich alle anderen hier seit langem kennen..."
"Ja, und ich kann nicht sagen, dass mir das gefällt."
Plötzlich wandte sich LaFayette an uns.
Sein Gesicht wirkte ernst.
"Mademoiselle Maraguene wünscht, Sie beide zu sehen", erklärte er dann beinahe feierlich. "Wenn es Ihnen trotz der späten Stunde möglich wäre..."
"Sicher", nickte ich.
"Dann folgen Sie mir bitte. Wissen Sie, Mademoiselle Maraguene geht es im Augenblick nicht sehr gut. Aber nachdem sie sich etwa ausruhen konnte, möchte sie es sich nicht nehmen lassen, mit Ihnen zu sprechen..."
LaFayette ging vor uns her. Wir folgten ihm durch lange Korridore. Dieses Chateau schien ein einziges großes Labyrinth zu sein.
Schließlich gelangten wir in ein nur sehr spärlich beleuchtetes Kaminzimmer. Das Feuer prasselte - und dennoch schien sich keine behagliche Wärme ausbreiten zu können.
Der Raum erinnerte mich stark an Tante Lizzys Bibliothek.
Lange Reihen uralter Bücher drängten sich in endlosen Regalreihen.
Von der Decke hing ein doppelgesichtiger Totenkopf an einer Kette bis etwa in Augenhöhe hinab.
Ein gespenstischer Anblick, der mich schaudern ließ.
Erinnerungen und Visionen vermengten sich...
LaFayette meldete uns auf französisch seiner Herrschaft.
Mademoiselle Maraguene saß in einem großen Sessel, der dem Kamin zugewandt war. Nur ihre Hand, die auf der Armlehne lag, war zu sehen.
"Gehen Sie, LaFayette", sagte eine brüchig klingende Frauenstimme.
"Wie Sie wünschen", war die kühle Erwiderung des gebrechlich wirkenden Butlers. Er musterte uns noch kurz und wandte sich dann dem Ausgang zu. Einen Augenblick später war er verschwunden.
Als Tom und ich uns etwas näherten, hob sich die Hand, die auf der Armlehne zu sehen war.
"Bleiben Sie stehen!", sagte die Frauenstimme.
Das spärliche Licht fiel jetzt so auf die Hand, dass man sie sehr deutlich
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