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Übersinnlich

Übersinnlich

Titel: Übersinnlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Carpenter , Britta Strauss , Kerstin Dirks , Helene Henke , Tanya Carpenter
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gab ihr die Illusion, dass ihre Verbindung zur Welt noch nicht verloren war. Sie erfüllte die Wünsche ihrer Jünger, weil ihr die Vorstellung gefiel, eine schwarze Madonna zu sein. Sie verfügte über etwas, das Asâêls Gabe ähnelte, nur stärker und ungeschlachter. Sie konnte in den Willen eines Menschen eindringen und ihn zwingen, etwas zu tun.
    Und Eve hatte sich selbst entblößt, als sie nach Mariposas Geist tastete. Weil sie geglaubt hatte, die einzige mit dieser außergewöhnlichen Fähigkeit zu sein. Mariposa hatte die Gelegenheit ergriffen und sie aus ihrem eigenen Körper vertrieben. Erneut lief ihr ein Schauder über die Haut. Sie konnte sich immer noch nicht vorstellen, dass es möglich war, Körper und Geist voneinander zu trennen. Die Legende von den gefallenen Engeln, denen man die Seelen entrissen und in Gefäße gesperrt hatte, machte plötzlich auf schreckliche Weise Sinn.
    Etwas später fand sie heraus, dass sie Wände erklimmen konnte wie eine Spinne, indem sie ihre Klauen in den Stein grub. Ihr wurde klar, dass die Schmerzen in ihrem Leib eine Form von Hunger waren. Mariposas Körper gierte nach Blut.
    In der Krypta unter der St. Johns Kirche überraschte sie eine Frau. Ohne zu denken, stürzte sie sich auf die Latina, warf sie zu Boden und zwang sich, innezuhalten, bevor sie ihr die Kehle aufreißen konnte. Ihr Herzschlag raste, ihre Sinne spielten verrückt. Sie konnte an nichts anderes denken als daran, das Blut dieser Frau zu trinken. Mitten in den Wahnsinn hinein traf sie das Entsetzen wie ein Hieb in den Nacken. Was war sie im Begriff, zu tun? Mit unendlicher Mühe löste sie sich von ihrem Opfer.
    „Geh!“, fuhr sie die Frau an. „Verschwinde!“
    Die Latina stolperte auf den Brettern, mit denen jemand die fehlenden Treppenstufen überbrückt hatte. Auf ihrem Weg zum Altar stieß Eve die Kerzen um, fetzte Blumen und Stoff beiseite und stürzte sich auf die Tassen mit Blut. Der süßliche Geruch war wie Nektar. Sie leckte von den Steinen auf, was sie verschüttet hatte, darauf bedacht, nicht einen einzigen Tropfen zu verschwenden.
    Als sie wieder zu Verstand kam, war der Hunger auf ein erträgliches Pochen gesunken, doch Verzweiflung zog an ihr, ein schweres Gewicht. Darunter regte sich Widerstand. Mariposa hatte ihr den Körper gestohlen. Es gab keinen Grund, warum sie nicht das Gleiche tun konnte. Sie verfügte nun über Mariposas Fähigkeiten. Doch zuerst musste sie sie finden.
    Nach Einbruch der Nacht huschte sie durch Seitengassen und stille Straßenschluchten bis zum Industriekomplex auf der Rückseite der Union Station, der zu Luxuslofts umgebaut worden war. Hier hatten sie und Alan ein Apartment bezogen, nachdem sie aus Mexiko zurückgekehrt waren.
    Es war ein Schock, sich selbst zu sehen. Diese Frau, die aussah wie sie, sich so bewegte, sogar so lachte wie sie. Noch schlimmer war es, sie mit Alan zu beobachten. Wie er mit ihr redete, sie berührte oder einfach nur ansah.
    Sie konnte sich nicht nähern, ohne Alan aufzustören. Zuerst hatte sie sich zu weit vorgewagt, sein Gesicht gesehen und gewusst, dass er sie töten würde, wenn er sie erwischte. Er hielt sie für ein Monstrum, das sein Leben bedrohte und das der Frau in ihrem Körper. So war sie über die Dächer geflohen und später zurückgekehrt.
    Und nun beobachtete sie die Fenster des Apartments vom Dach eines Lagerhauses, ohne gesehen zu werden. Sie hielt sich gerade so weit entfernt, dass Alans Aura nicht spürbar war.
    Das würde nicht leicht werden. Nicht mit Alan, der eifersüchtig über Eves Körper wachte. Selbst wenn ihr der Tausch gelang, wenn sie Mariposas Geist zurück in ihren abstoßenden Körper drängte, würde die Kreatur sich dann nicht unverzüglich auf sie stürzen und sie in Stücke reißen? Sie blinzelte die aufsteigenden Tränen weg. Die Schmerzen in ihren Eingeweiden brachten sie um den Verstand. Sie würde in die Krypta zurückschleichen wie die Nächte zuvor, auf der Suche nach Tassen voller Blut. Sie fragte sich, was geschah, wenn die Menschen aufhörten, diese Tassen zu füllen. Was, wenn der Hunger die Kontrolle über sie erlangte? Würde sie dann Kinder töten?
    Plötzlich verstand sie Mariposas Hass auf die Menschen, die ihr das angetan hatten. Sie konnte nichts dafür, dass sie ein Monstrum geworden war. Sie folgte nur ihrer Natur und tötete, weil sie leben wollte.
    Das Tosen der Züge von der Union Station rauschte ihr in den Ohren. Und die Silhouetten von Alan und Eve verschmolzen im

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