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Überwachtes Netz

Überwachtes Netz

Titel: Überwachtes Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Meister Markus Beckedahl
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Rechtsstaat und Bürgerschaft erkämpft werden müssen, dann sind Grundrechte nicht alles, aber wichtig. Schutzrechte müssen zugunsten des »Super-Grundrechts Sicherheit« (Hans-Peter Friedrich) verteidigt werden. Datenschutz etwa gehört in der Post-Snowden-Welt ganz oben auf die Agenda. Ebenso die Forderung nach einem Whistleblower-Schutz. Vielleicht muss sogar eine »Whistleblower-Gewerkschaft« (Ulrich Beck) her.
    Die Rechenschaftspflicht öffentlicher Institutionen muss durchgesetzt werden. Geheimdienste sind davon nicht ausgeschlossen. Die Komplexität der Technik, nationale Sicherheit oder Betriebsgeheimnisse privatwirtschaftlicher Partner können nicht ernsthaft als Argumente herhalten um die Undurchsichtigkeit der neuen Überwachungsverfahren zu legitimieren.
    Transparenz als Kontrollmechanismus kann ein probates Gegenmittel sein. Doch kann es nicht Transparenz um der Transparenz willen sein. Wir, die Bürger von morgen, müssen uns fragen: Wie wollen wir Transparenz herstellen? Wozu genau? Was dann machen damit? Unreflektierte Transparenz kann nicht zuletzt dem Daten- und Informationsfetischismus zum Opfer fallen. Deshalb gilt auch analog dazu: Leaks nicht der Leaks willen. Es geht vielmehr darum, auf der wachsenden Informationsbasis der Leaks und den daraus resultierenden gesellschaftspolitischen Konsequenzen möglichst bald nicht nur noch mehr Informationen zu leaken, sondern auch Medizin, Essen, Häuser und öffentliche Netz-Infrastrukturen.
    Das nicht-wirtschaftliche Moment
    Zu Beginn des 21. Jahrunderts lösen Konzerne aus dem IT-Bereich das Militär als Technologie-Avantgarde ab. Darüber hinaus ersetzen sie den Staat als Container, in dem wir uns aufgehoben fühlen. Die Allgegenwart der Ökonomisierung zeitigt nicht nur einen neoliberalen Staat, sondern auch Sinnsysteme wie Facebook, die Menschen das ersehnte Gefühl von Zugehörigkeit vermitteln. Hier ist das Verhältnis von Bürger und Staat an einem Nullpunkt angekommen. Hier ist es in fortgeschrittener Auflösung begriffen.
    Wollen wir das Verhältnis von Bürger und Staat neu im Konnex Technologie und Zugehörigkeit denken – dann gilt es nicht zuletzt für das »nicht-wirtschaftliche Moment« (Philippe Aigrain) unserer digitalen Ära zu sensibilisieren. Wie auch immer das Selbstverständnis als Mitglied eines sozialen Netzwerks (ob Kunde, Konsument oder Produkt, ob unfreiwillig oder selbstbestimmt überwachtes Objekt), längst überformt es das Mindset des Bürgers. Sich als Bürger neu zu begreifen (mit allem was dazugehört, mit allen Konsequenzen, auch im Hinblick auf den Staat) das bedeutet heute, das »nicht-wirtschaftliche Moment« auf die eigene Existenz zu beziehen. Sich als Bürger zu rekonzipieren bedeutet Nicht-Kunde, Nicht-Konsument, Nicht-Produkt der (Selbst-)Überwachung zu sein. Zumindest für einen Moment, in dem sich potenziell alles neu ordnet.
    Schließlich bedeutet es Bürgerschaft mit anderen zu teilen – als Lebensgefühl, als Gesinnung, als innere Notwendigkeit. Wie es Edward Snowden mit uns tut: Statt weiterhin ein Angestelltendasein zu fristen, hat er sich, seinem Gewissen folgend, auf seine Rolle als verantwortungsvoller Bürger besonnen. Statt die Informationen an den Meistbietenden zu verkaufen, macht er sie der Öffentlichkeit in Zusammenarbeit mit glaubwürdigen Journalisten frei zugänglich. Statt sich von den Massenmedien als Widerstandspopstar feiern zu lassen, lässt er sein Wissen sprechen. Zwecks konstruktiver Kritik am Staat. Snowden zeigt damit nicht zuletzt, dass das »nicht-wirtschaftliche Moment« ein besonders kostbares Moment ist in Zeiten, die hoffnungslos überladen scheinen mit den Werten und der Logik des Marktes. Darüber hinaus zu denken, fällt schwer. Etwa genauso schwer, wie sich selbst als Bürger und den Staat als Rahmen der eigenen Existenz zu begreifen. Wie das doch möglich ist – das führt Snowden in einer sehr radikalen Weise vor.
    Dieser Artikel ist zuerst am 20. August 2013 in der Berliner Gazette erschienen [19]

Es ist keine Spähaffäre
    Torsten Kleinz
    Am Wochenende sah ich an einem Kiosk die Schlagzeile der »Welt«: Online-Banking im Visier der Geheimdienste«. Und ich stoppte für zwei Sekunden und dachte nur: NEIN. Das ist eben nicht die Neuigkeit. Wisst ihr denn gar nichts??? Und dann sah ich darunter die Überschrift:”So erleben Sie die interaktive Zeitung«. Und ich dachte mir nur: Ja. Ihr wisst nichts.
    Um es klar zu sagen: Online-Banking ist nicht im Visier der

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