Überwachtes Netz
Communications Headquarters (GCHQ) betrieben wird und anscheinend für die Dauer von drei Tagen Mitschnitte eines großen Teils des Internetverkehrs, der britische Grenzen passiert, speichert. Die zugehörigen Kommunikationsdaten werden für 30 Tage aufbewahrt. Die Vereinbarkeit solcher Ausführungen mit der Europäischen Menschenrechtskonvention wurde von drei britischen NGOs – Privacy International, Big Brother Watch und Liberty – vor dem Investigatory Powers Tribunal angefochten.
Parallel dazu haben einige Regierungen Gesetze erlassen – vor allem die EU-Richtlinie 2006/24/EG über die Vorratsspeicherung von Daten –, die Telekommunikationsanbieter dazu verpflichtet, Einträge über die Kommunikation ihrer Kunden zu speichern, jedoch nicht die Inhalte. Diese sogenannten Kommunikations-, Meta- oder Verkehrsdaten beinhalten Details über die gewählte Rufnummer, den Mailabsender und -empfänger sowie die Ortdaten von Mobiltelefonen. Die US Federal Communications Commission verlangt Ähnliches [214] :
»Jeder, der Telefondienstleistungen anbietet oder in Rechnung stellt, soll für eine Dauer von 18 Monaten folgende Datensätze aufbewahren, die für die Rechnungsinformationen gebührenpflichtiger Telefonanrufe notwendig sind: Name, Adresse und Telefonnummer des Anrufers, Telefonnummer des Angerufenen, Datum, Zeit und Dauer des Gesprächs. Jeder Anbieter muss diese Informationen für gebührenpflichtige Anrufe vorhalten, unabhängig davon, ob er seine eigenen Dienste oder Dienste anderer Anbieter in Rechnung stellt.«
Googles globaler Datenschutzbeauftragter schrieb auf seinem privaten Blog zum Thema ‘Wie man Empörung über PRISM vortäuscht’:
»Europa hat in Bezug auf die Privatsphäre das invasivste Überwachungsregime der Welt, ausgehend von der verpflichtenden 6- bis 24-monatigen Vorratsdatenspeicherung von Kommunikationsdaten (auch Metadaten genannt), die jede elektronische Kommunikation betrifft. Die USA hat keine solche Vorratsdatenspeicherung, da sie vom US-Kongress als zu tiefer Eingriff in die Privatsphäre abgelehnt wurde. Aber lasst uns nicht darüber sprechen.«
Der Europäische Gerichtshof prüft momentan die Vereinbarkeit der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit der Charta der Menschenrechte, die von nationalen Gerichten in Irland, Deutschland, Bulgarien, Rumänien und der Slowakei in Frage gestellt wurde [215] .
Wir wissen auch, dass die US National Security Agency Berechtigungen aus dem USA PATRIOT Act von 2001 [216] , dem Foreign Intelligence Surveillance Act von 1978 (FISA) sowie dem Amendments Act von 2008 [217] (und vor kurzem auch aus einer sehr fragwürdiges Interpretation der 2001 erlassenen Congressional Authorization for the Use of Military Force, die gegen die Angreifer des 11. Septembers gerichtet war) ausnutzt, um Zugriff auf große Mengen an Kommunikationsdaten von US Telekommunikationsanbietern zu erhalten und um das Einrichten von ‘Auslandsgeheimdienstmechanismen’ in ‘Remotediensten’ zu erzwingen, die von Firmen wie Microsoft, Google und Apple angeboten werden. Auf diese Weise will die NSA eine großflächige Überwachung des internationalen Datenverkehrs durchführen.
Bei Betrachtung der FCC-Richtlinie (oben zitiert) scheint es, als gäbe es für die US-Regierung keinen Bedarf, Gesetze zur Vorratsdatenspeicherung zu erlassen. Diesen Anschein erwecken auch die Fähigkeiten der NSA, sich selbst Zugang zu einem beträchtlichen Anteil an Kommunikationsdaten zu verschaffen (unter eingeschränkter Aufsicht durch den Foreign Intelligence Surveillance Court, der durch die FISA eingerichtet wurde). Genausowenig sind US-Unternehmen gezwungen, die Datenmenge, die sie über ihre Kunden sammeln, einzuschränken oder die Daten zu löschen, wenn sie nicht mehr für Geschäftszwecke erforderlich sind – beides sind Voraussetzungen für Unternehmen in Vertragsstaaten des Übereinkommens des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten [218] .
Die USA und die EU-Mitgliedsstaaten haben umfassende verfassungsrechtliche Schutzmaßnahmen, um die Privatsphäre von Einzelnen zu schützen, in denen der Gebrauch von Abhörmaßnahmen durch Regierungsbehörden reguliert wird. Dennoch haben Snowdens Enthüllungen gezeigt, dass die Durchsetzung dieser Regulierungen in Geheimdienstprogrammen schwierig ist. Das gilt aus zwei Gründen besonders in den USA.
Die Bush- und die Obama-Regierung haben vehement ein
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