Überwachtes Netz
könnte der Anstoß eines globalen Abkommens zum Datenschutz sein. Davon abgesehen, dass es noch keine politische Unterstützung zur Durchsetzung dieses Vorhabens gab, würde es auch der Durchsetzung gegenüber privaten Firmen nicht gerecht werden, es sei denn, diese wären auch Gegenstand des Abkommens.
In Zusammenhang mit der zweiten Herausforderung haben die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, die sogenannten Ruggie-Prinzipien von 2011, einen globalen Standard für die Verantwortung von Unternehmen für Menschenrechte gesetzt. Initiativen wie die Global Network Initiative und Industry Dialog (ins Leben gerufen von Nordic Telecoms) sprechen sich für das Bewusstsein von Firmen über Menschenrechte aus. Das beinhaltet beispielsweise den Aufruf für die Sorgfaltspflicht bezüglich der Identifikation, Vorbeugung, Abmilderung, und Verantwortlichkeit, wenn Unternehmen Menschenrechte verletzen. Das beinhaltet auch Prozesse, um Schwächungen von Menschenrechten zu beseitigen, zu denen die Firmen beitragen.
Diese Grundprinzipien wurden von den EU-Richtlinien fortgesetzt, die insbesondere den IT-Sektor adressieren.
Trotz des wachsenden Bewusstseins der Verantwortung gegenüber Menschenrechten in der Privatwirtschaft und den verschiedenen Industrie-Initiativen, um die Befolgung der Prinzipien sicherzustellen, basieren sie immer noch auf Freiwilligkeit, ohne die rechtliche Möglichkeit einer Durchsetzung.
Da der Staat die Pflicht hat, seine Bürger gegen Menschenrechtsverletzungen zu schützen, was private Unternehmen einschließt, wäre es ein einfacher Schritt vorwärts, Privacy- und Datenschutzstandards in nationales Recht zu überführen, das bindend für Unternehmen ist. Ein starkes US-Datenschutzgesetz würde die Spielregeln für viele der großen Internetfirmen verändern. Dennoch, das würde weder das Problem des Rechtsanspruchs von Nicht-US-Bürgern lösen noch ist es wahrscheinlich, dass so etwas in naher Zukunft passieren wird.
Das Interview führte Markus Beckedahl und wurde von der Redaktion ins Deutsche übersetzt.
Interview mit Renata Avila Pinto
Renata Avila Pinto ist Anwältin für Urheberrecht. Sie ist bei Creative Commons Guatemala als Projektleiterin tätig. Momentan arbeitet sie an Fällen zu internationalen Menschenrechten und als unabhängige Forscherin an Themen der Privatsphäre, Zugang zu Wissen und Redefreiheit für das Cyberstewards Netword, Citizen Lab, Universität Toronto.
Als die ersten Snowden-Leaks veröffentlicht wurden: Was dachten Sie?
Solange die Quelle noch anonym war, habe ich mir ernsthafte Sorgen über seine/ihre körperliche Unversehrtheit gemacht. Mir ist klar geworden, dass die Enthüllungen eine direkte Bedrohung für den Status Quo der verstärkt miteinander verflochtenen Allianz mächtiger, multinationaler Technologiekonzerne mit den mächtigsten Staatsregierungen der Welt darstellen. Es hat mich zum Nachdenken darüber gebracht, dass es an Mechanismen für den Schutz journalistischer Quellen mangelt und wir ein Unterstützungsnetzwerk für sie brauchen. Eine Informationsquelle ist meiner Meinung nach genauso wichtig wie die Enthüllungen selbst.
Auf welche Weise berichteten die nationalen Medien über Snowdens Enthüllungen der massenhaften Überwachung?
Es wurde nur das berichtet, was von AP oder anderen Presseagenturen kam. Es gab keine gezielte Berichterstattung über die enthüllten Problematiken, nicht einmal als die XKeyscore-Karte zeigte, dass ganz Zentralamerika Knotenpunkt verschiedener Spähzentren war.
Gab es eine Diskussion über die Enthüllungen in der Bevölkerung?
Wie groß war diese und wie war sie gestaltet?
Es war eine schlecht informierte, eingeschränkte Debatte unter Eliten und Meinungsführern, von denen ein Großteil sich des gesetzlichen Rahmens nicht bewusst war, der die Privatsphäre von Bürgern länderübergreifend schützt. Jeder hat die Doppelmoral hervorgehoben: Die Verteidigung von Menschenrechten auf der einen Seite und die Art, wie ein mächtiger Staat im Geheimen operiert, auf der anderen. Aber in einem Land mit einer langen, komplexen Historie von Überwachung, in dem ein Terrorstaat über drei Jahrzehnte gegen die eigenen Bürger gearbeitet hat, kamen die Enthüllungen nicht überraschend. Es gab einige Versuche, herauszufinden, welche Gerätschaften die lokalen und regionalen Geheimdienste benutzen, aber das hat kaum an der Oberfläche des Problems gekratzt.
Unterscheidet sich die Diskussion in Guatemala von
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