Überwachtes Netz
EU betreffen, unmittelbar offenzulegen.
8. Die Verletzung der Privatsphäre ihrer jeweiligen Bürgerinnen und Bürger durch Unternehmen, Drittstaaten oder dort ansässige Unternehmen rechtlich, wirtschaftlich und politisch zu sanktionieren.
9. Eine individuelle Benachrichtigungspflicht der betroffenen Bürgerinnen und Bürger innerhalb möglichst kurzer Frist nach Durchführung jeder digitalen Einsichtnahme und Überwachungsmaßnahme einzuführen, ob durch Strafverfolgungsbehörden oder Geheimdienste.
10. Projekte und Technologien zum informationellen Selbstschutz und freie und quelloffene Umsetzungen aktiv zu fördern und selbst verpflichtend zu nutzen.
11. Staatliche Überwachungspraktiken, die ohne rechtlichen Rahmen stattfinden, umgehend abzustellen.
12. Whistleblowern, die gesellschaftlich relevante Missstände aufzeigen, angemessenen rechtlichen Schutz zu garantieren.
Internationale Grundsätze für die Anwendung der Menschenrechte in der Kommunikationsüberwachung
necessaryandproportionate.org [274]
Während die Technologien, welche die staatliche Kommunikationsüberwachung unterstützen, verbessert werden, vernachlässigen die Staaten, sicherzustellen, dass Gesetze und Verordnungen in Bezug auf Kommunikationsüberwachung in Einklang mit internationalen Menschenrechten stehen und die Rechte auf Privatsphäre und Meinungsfreiheit beachtet werden. Dieses Dokument versucht zu erklären, wie internationale Menschenrechte in der aktuellen digitalen Umgebung anwendbar sind, besonders vor dem Hintergrund des Wachstums und des Wandels der Technologien und Methoden der Kommunikationsüberwachung. Diese Grundsätze können zivilgesellschaftlichen Gruppen, der Wirtschaft, Staaten und anderen einen Rahmen liefern, mit dem sie bewerten können, ob aktuelle oder geplante Überwachungsgesetze oder -praktiken im Einklang mit den Menschenrechten stehen.
Diese Grundsätze sind das Ergebnis einer globalen Beratung von Gruppen der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft und internationalen Experten für Recht, Politik und Technologien in der Kommunikationsüberwachung.
Einleitung
Privatsphäre ist ein Grundrecht, das wesentlich für den Erhalt von demokratischen Gesellschaften ist. Es ist Voraussetzung für die menschliche Würde und verstärkt andere Rechte, wie Meinungs-, Informations- und Versammlungsfreiheit, und es ist nach internationalen Menschenrechtsgesetzen anerkannt [275] . Aktivitäten, die das Recht auf Privatsphäre begrenzen, einschließlich Kommunikationsüberwachung, können nur dann als gerechtfertigt gelten, wenn sie gesetzlich vorgeschrieben sind, sie notwendig sind, um ein legitimes Ziel zu erreichen, und sie dem Ziel, welches sie verfolgen, angemessen sind [276] . Vor der öffentlichen Einführung des Internets schufen fest etablierte legale Grundsätze und der Kommunikationsüberwachung innewohnende logistische Hürden Grenzen für die staatliche Kommunikationsüberwachung. In gegenwärtigen Dekaden haben die logistischen Barrieren der Überwachung abgenommen und die Anwendung der gesetzlichen Grundsätze in neuen technologischen Kontexten ist unklarer geworden. Die Explosion der Inhalte digitaler Kommunikation und Information über Kommunikation, sogenannte »Verbindungsdaten« – Informationen über die Kommunikation eines Individuums oder die Nutzung elektronischer Geräte –, die sinkenden Kosten der Speicherung und des Dataminings und die Bereitstellung von persönlichen Inhalten durch Drittanbieter machen staatliche Überwachung in einem beispiellosen Ausmaß möglich [277] . Dabei haben Konzeptualisierungen der bestehenden Menschenrechtsgesetze nicht Schritt gehalten mit den modernen und sich verändernden Möglichkeiten der Kommunikationsüberwachung des Staates, der Fähigkeit des Staates, aus verschiedenen Überwachungstechniken gewonnene Informationen zu kombinieren und zu organisieren, oder der erhöhten Sensibilität der Informationen, die zugänglich werden. Die Häufigkeit, mit der Staaten Zugang zu Kommunikationsinhalten und -metadaten suchen, steigt dramatisch – ohne angemessene Kontrolle [278] . Wenn Kommunikationsmetadaten aufgerufen und analysiert werden, kann damit ein Profil einer Person, einschließlich des Gesundheitszustandes, politischer und religiöser Ansichten, Verbindungen, Interaktionen und Interessen, erstellt werden. So werden genauso viele oder sogar noch mehr Details offengelegt, als aus dem Inhalt der Kommunikation erkennbar wäre [279] . Trotz des riesigen
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