Ufer des Verlangens (German Edition)
ergab sich ihrer seltsam hilflosen Lage. Dabei war sie sich ihrer Nacktheit noch immerbewusst, doch die Scham, die sie am Anfang gefühlt hatte, war verschwunden.
Sie presste die Lider fest zusammen, so wie damals als kleines Mädchen, als sie noch geglaubt hatte, sie wäre selbst nicht zu sehen, solange sie die Augen geschlossen hielt.
Der Fremde hatte die Wunde inzwischen gesäubert und mit einem weiteren Stoffstreifen, den er von seinem Hemd gerissen hatte, sorgsam umwickelt, damit kein Schmutz daran kam. Jetzt streichelte er sanft über den verletzten Fuß, dann nahm er ihn von seinem Schoß, und Zelda spürte, dass er sich über sie beugte. Sie presste die Arme noch stärker gegen ihre Brüste und kam nicht auf die Idee, nun die Augen zu öffnen und wegzulaufen.
Seine Lippen, warm und weich wie der Sommerwind, legten sich auf ihre. Sie schmeckte ein fremdes Aroma, wild und sinnlich zugleich, und es erschien ihr das Köstlichste, was sie je geschmeckt hatte.
Doch schon ließ er von ihr ab und sagte mit sanfter Stimme: »Entschuldigt, ich wollte Euch nicht zu nahe treten. Eure Schönheit ist es, die mich keck werden ließ.«
Sie spürte seine Finger, die ihr sanft die Tränen aus dem Gesicht wischten, zart über ihre Wangen fuhren, an den Lippen verharrten und sie dann ließen.
Beinahe im selben Moment hörte Zelda ihn seufzen, aufstehen und davongehen.
Sie blieb noch eine kleine Weile so liegen und spürte dem Aufruhr in sich nach. Ihr Herz klopfte so heftig gegen ihre Rippenbögen, als wollte es ausbrechen und sich ein neues Zuhause suchen. Ihr Atem ging rasch, und ihre Brust hob und senkte sich in schnellen Stößen.
Langsam und ein wenig ungläubig leckte sie mit der Zunge über ihre Lippen und schmeckte noch einmal den Kuss.
Ihr erster Kuss. Wie oft hatte sie schon davon geträumt? Doch die Wirklichkeit war schöner, viel schöner als der Traum.
Sie fuhr sich mit dem Finger über die Lippen, spürte dem Kuss hinterher und hätte die warmen, weichen Lippen gern viel länger auf den ihren gespürt. Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, doch es war nicht das gewohnte, übermütige Lächeln, sondern ein ganz neues, sanftes, stilles Lächeln, das von einem glücklichen Seufzen begleitet wurde.
Von fern hörte Zelda jetzt das Schlagen der Kirchenglocken, die die Mittagszeit verkündeten. Hastig erhob sie sich und verzog das Gesicht, als sie den lädierten Fuß bewegen musste. Sie hatte nicht auf die Zeit geachtet und war überrascht, dass seit ihrem Verlassen des Gutes schon drei Stunden vergangen waren.
Schnell schlüpfte sie in die Kleider, bemüht, den verletzten Fuß so gut es ging zu schonen. Dann lief sie langsam aus dem Dickicht, betrat die Wiese und hielt Ausschau nach ihrem fremden Retter.
Er stand neben Rose, streichelte über den Hals der Stute und sprach leise auf sie ein. Langsam trat Zelda näher. Sie wunderte sich, dass ihre Scham verflogen war. Ja, es erschien ihr sogar irgendwie natürlich, dass der Fremde sie nackt und hilflos gesehen hatte. Zelda staunte über sich selbst. Eigentlich hatte sie wütend sein wollen, wütend und beschämt. Doch sie fühlte nichts dergleichen. Alles, was geschehen war, seit sie in die Falle gelaufen war, hatte sich gut und richtig ange-fühlt.
Als ob es so sein müsste.
Als sie neben den Fremden trat, war sie nun doch ein wenig befangen und fing ebenfalls an, Rose zu streicheln. Ihre Finger flogen unruhig über die Nüstern der Stute, ihr Herz schlug schneller, und ihr Busen hob und senkte sich in raschen Atemzügen.
Zelda stand so nah neben dem Fremden, dass sein Geruch – wild und männlich – in ihre Nase drang und die Wärme seiner Haut bis zu ihr reichte. Sie betrachtete seine Hand, die neben ihrer den Hals des Pferdes streichelte.
Es war eine kräftige, aber doch schmale Hand mit langen, wohl geformten Fingern. Eine Hand, die zupacken und streicheln konnte. Sie hatte wohl nie in der fruchtbaren Erde der Highlands gewühlt, noch nie einen Stall ausgemistet, aber doch schon schwer gearbeitet.
Plötzlich hob sich diese Hand und legte sich federleicht auf Zeldas fliegende Finger, hielt sie fest und streichelte sie sanft.
Zelda hob den Kopf und sah den Fremden an. In seinen graublauen Augen glomm ein Lächeln, doch der Blick war warm. So warm, dass Zelda ihn wie ein Streicheln empfand. Weich und sanft glitt dieser Blick über ihr Gesicht, schien es zu umfassen.
Kann man mit Blicken liebkosen?, dachte sie.
»Du bist wunderschön«, sagte der
Weitere Kostenlose Bücher