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Uferwechsel

Uferwechsel

Titel: Uferwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Mann
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Namen, beeil dich!«
    Er murrte, bis ich ihn notdürftig eingeweiht hatte, danach machte er sich unverzüglich an die Arbeit und lieferte mir in Rekordzeit die benötigten Informationen. Ich setzte mich in den Wagen und versuchte, meine durcheinanderschwirrenden Gedanken zu ordnen. Die Fälle hingen eben doch zusammen, auf eine brutale Art und Weise.
    Wenn ich mit meiner Schlussfolgerung richtig lag, dann durfte ich jetzt keine weitere Zeit mehr vertrödeln, jede Minute zählte.
    Ich startete den Motor, setzte zurück und wendete in einem waghalsigen Manöver auf der Aemtlerstrasse. Ich raste bis zur nächsten Abzweigung, riss dort das Steuer herum, um mit quietschenden Reifen und unter Missachtung jeglicher Verkehrsregeln in die Hardstrasse einzubiegen. Dann jagte ich den Käfer im Höchsttempo die Brücke hinauf, die über die Bahngleise direkt in den Kreis 5 führte.
    »Wo ist er?«, bellte ich dem bärtigen Mann am Gemüsestand entgegen, kaum hatte ich die gläserne Eingangstür zur Markthalle aufgerissen. Ruckartig hob er den Kopf und glotzte mich an, als ich auf ihn zustürzte. Die ältere Dame, die er gerade bediente, wandte sich dabei so prompt um, als hätte sie die Störung erwartet.
    »Aber junger Mann! Jetzt hören Sie mal!«, empörte sie sich und musterte mich missbilligend durch ihre Brillengläser. »Ich war dran!«
    »Halten Sie die Klappe!«, schnauzte ich und fixierte keuchend den Verkäufer, der verdattert an dem Papierbeutel herumfingerte, in den er gerade einige Karotten hatte packen wollen.
    »Wo ist Bastiani?«, brüllte ich. Der Bärtige wich zurück, sein Mund öffnete sich spaltbreit, doch kein Laut drang heraus.
    »Sie ungehobelter Kerl!« Der knochige Zeigefinger der Alten stach drohend durch die Luft.
    »Wo, verdammt noch mal?«
    »Er liefert gerade Waren aus«, stammelte der Mann endlich. Mit seiner braven Frisur, der hochgewachsenen, schlanken Statur und dem einfühlsamen Blick erinnerte er mich an einen Jugendherbergsleiter.
    »Wo?«
    »Sie! Sie …«, ereiferte sich die Kundin erneut.
    »Jetzt unterbrechen Sie mich nicht, das hier ist wichtig!«, fuhr ich sie an.
    »Das lasse ich mir nicht bieten!«, begann sie zu zetern, mittlerweile völlig außer sich. »Nicht von einem Ausländer! Jetzt trachten die schon nach unserem Biogemüse!«
    »Sie finden ihn danach sicher auf dem Hof«, erklärte der Bärtige irritiert und griff nach einem Kuli. »Soll ich Ihnen die Adresse …?«
    Noch ehe er den Satz beenden konnte, war ich weg.
    Mit geballter Faust hämmerte ich gegen die Tür, doch Bastiani war offenbar noch nicht zurück. Unruhig tigerte ich auf dem Vorplatz des Bauernhauses herum und überlegte fieberhaft, wie ich an Beweise herankam, die ihn eindeutig als Mörder der drei jungen Männer überführte.
    Denn dass er es war, war eindeutig. Diesmal war ich mir sicher. Das war mir schlagartig klar geworden, als ich Kathis Tätowierung gesehen hatte: einen Schwalbenschwanz.
    Genau einen solchen hatte ich bei meinem unerlaubten Eindringen in Bastianis Wohnzimmer ebenfalls entdeckt, aufgespannt in einem Rahmen und säuberlich beschriftet.
    Daraus allein konnte ich ihm natürlich noch keinen Strick drehen. Zwischen meinen Synapsen war jedoch gleich nach Eingang dieser Information ein Feuerwerk ausgebrochen: Über den Schmetterling hatten sie die Verbindung zum Chloroform hergestellt, mit dem man die Insekten betäubte, bevor man sie aufspießte und mit gespreizten Flügeln zu Schauzwecken präparierte.
    Chloroform hatte auch der Mörder benutzt, als er Stamenkovic überfallen und dann ins eiskalte Wasser des Zürichsees geworfen hatte. Doch auch damit war noch nichts bewiesen.
    Aber dank Josés schneller Recherche war ich auf das fehlende Glied in der Kette gestoßen: die Namen der beiden Männer, die in jener Sommernacht in der Bäckeranlage spitalreif geprügelt worden waren. Einer davon hieß Sebastiano Bastiani.
    Bastiani wurde bei dem Überfall schwer entstellt, die Ärzte mussten ihn über Monate hinweg mehrmals operieren. In der Folge gab er seinen Job als Investmentbanker auf und sattelte auf Landwirtschaft um. Auf einem einsamen Bauernhof, fernab der Gesellschaft.
    Was mit dem anderen Opfer, einem Mann namens Alain Grunder, geschehen war, hatte José nicht herausgefunden. Die letzten Informationen besagten, dass er von den Verletzungen mit einer Eisenstange traumatische und bleibende Gehirnschäden davongetragen hatte und auf der Intensivstation künstlich am Leben erhalten werden

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