Ufos in Bad Finkenstein
nicht feststellen.
Jetzt lehnte er sich zurück.
Unter der geöffneten Jacke hakte er die Daumen in die Ärmellöcher der Weste.
„Tja, das war damals vor zwei
Jahren...“
Wieder stieß er den Kopf vor.
Jeder zweite Blick galt Gaby. Mädchen, insbesondere hübsche, gefielen ihm
offenbar.
Er hatte ein kräftiges Gesicht
mit tiefliegenden blauen Augen, einen flach abfallenden Hinterkopf über
speckigem Genick, große Ohren und nur noch Haarreste. Die trug er als
pflegeleichte Frisur, nämlich stoppelkurz.
„Aber setzt euch doch“, meinte
er jetzt.
Nur drei Stühle standen zur
Verfügung. Tarzan verzichtete.
Gaby hatte Block und Bleistift
aus ihrer Umhängetasche genommen, was Schneider mit feurigem Blick begrüßte.
„Es war“, begann er wie ein
Märchenonkel, „eine dieser herrlichen Mondnächte, in der man von Romantik
träumt. Ich fuhr so gegen null Uhr die Kellerleitenstraße hinauf in Richtung
Honigberg. Bis zu dieser Nacht war ich — das muß ich vorausschicken — äußerst
skeptisch, was Ufos betrifft. Aber dann... hatte ich diese unglaubliche Wahrnehmung.“
Er machte eine Pause, zog die
Weste glatt und schob die gepolsterten Schultern seiner Jacke nach hinten.
„Direkt hinter dem Gipfel des
Honigbergs“, fuhr er fort, „kam die Fliegende Untertasse hervor. Die Form? Etwa
wie ein Diskus im Profil. Sie war groß und rotglühend. Sie drehte sich mit
hoher Geschwindigkeit um die eigene Achse und flog, wobei sie eine feurige Bahn
hinterließ, in Richtung Tettamer Moor. Sie wurde kleiner und kleiner, und dann
— verlor ich sie leider aus den Augen. Es krachte.“
„Ist sie abgestürzt, die
Fliegende Untertasse?“ fragte Klößchen.
„Nein. Es war mein Wagen,
beziehungsweise ein Baum. Ich war so gefangen gewesen von diesem großartigen
Phänomen (Erscheinung), daß ich leider nicht auf meine Fahrweise achtete
und in scharfer Kurve von der Straße abkam. Ein Baum stand an sehr ungünstiger
Stelle. Dort endete meine Fahrt. Leider hatte der Wagen Totalschaden.“
„Aber Ihnen ist hoffentlich
nichts passiert?“ fragte Tarzan.
„Einige Quetschungen im Gesicht.“
„Glauben Sie, daß außerirdische
Wesen bei diesem Unfall ihre Hände im Spiel hatten?“ wollte Karl wissen. „Es
könnte doch sein, daß sie sich durch Sie beobachtet fühlten und das nicht
wollten?“
„Nein, nein!“ wehrte Schneider
mit beiden Händen und schlitzohrigem Lächeln ab. „Die Wesen von einem andern
Stern, die uns gelegentlich Besuche abstatten, sind friedfertig und den
Finkensteinern freundlich gesonnen.“
„Wurde das Ufo in jener Nacht
auch von anderen gesehen?“ fragte Tarzan.
Der Kurdirektor verneinte.
„Aber das ist kein Wunder. Wir Finkensteiner gehen im allgemeinen früh ins
Bett.“
„Sie glauben also“, stieß
Tarzan nach, „daß hier über Bad Finkenstein unbekannte Flugobjekte gesehen
wurden?“
„Ohne jeden Zweifel.“ Schneider
flüsterte beschwörend. „Schließlich kann ich mich auf meine eigenen Augen
verlassen. Wir sind nicht allein im riesigen Universum. Und Finkenstein scheint
als Anlaufstelle für andere Wesen aus dem Weltall bevorteilt zu sein.
Vielleicht“, er lachte, „hat die Atmosphäre über uns ein Loch. Oder die Luft
ist für Ufos besonders gleitfähig. Oder die Außerirdischen spekulieren auf
unsere Heilquelle. Ich weiß es nicht. Doch es steht fest: Nirgendwo in der Welt
wurden in letzter Zeit so viele Ufos beobachtet wie hier.“
Er sah auf seine Armbanduhr und
sprang auf. „Tut mir leid, junge Freunde. Für mich wird es höchste Zeit. Ich
muß in die Sauna. Weitere Fragen kann Frau Specht euch beantworten.“
Während die andern in die Halle
zurückgingen, holte er seinen Mantel aus dem Garderobenschrank. Freundlich
winkend rannte er dann an den Kindern vorbei aus dem Haus.
Sekunden später schob er
nochmal den Kopf durch die Eingangstür.
„Sobald der Artikel
veröffentlicht ist, bitte ich um einige Exemplare eurer Zeitung.“
Das versprachen sie ihm. Dann
waren sie mit Frau Specht allein. Sie setzte sich hinter ihren Schreibtisch,
rückte die blonde Hornbrille auf der Nase zurecht und schüttelte mißbilligend
den Kopf.
„Ich weiß nicht, ich weiß
nicht. Ich halte es für keine gute Idee, Finkenstein auf diese Weise bekannt zu
machen. Ernsthafte Leute müssen ja denken, wir wären Spinner. Aber Herr
Schneider ist in die Idee vernarrt und — nun, es gehört bei ihm sozusagen zum
Job, daß er an die Ufos glaubt.“
„Sie nicht?“ fragte
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