Uhtred 6 - Der Sterbende König
Rauch, der aus den Weihrauchkesseln aufstieg und sich um die vergoldeten Deckensparren kräuselte, und es belustigte mich, dass Plegmund glaubte, wir Sachsen sollten uns wie der Staub auf der Erde nach Norden, Süden, Osten und Westen ausbreiten. Wir konnten schon von Glück reden, wenn wir behielten, was wir besaßen, von Ausbreitung ganz zu schweigen, aber die Gemeinde war von Plegmunds Worten bewegt. »Die Heiden bedrängen uns«, erklärte Plegmund, »sie verfolgen uns! Doch wir werden vor ihnen predigen, und wir werden für sie beten, und wir werden erleben, wie sie das Knie vor Unserem Allmächtigen beugen, und dann wird Alfreds Traum wahr werden, und im Himmel wird es ein Frohlocken geben! Gott wird uns behüten!«
Ich hätte bei dieser Predigt aufmerksamer zuhören sollen, aber ich dachte an Æthelflæd und Fagranforda. Ich hatte um Edwards Erlaubnis gebeten, nach Mercien zu gehen, und als Antwort hatte er Pater Beocca in die Zwei Kraniche geschickt. Mein alter Freund saß am Feuer und tadelte mich, weil ich nicht an meinen ältesten Sohn dachte. »Ich habe an ihn gedacht«, sagte ich, »ich möchte, dass er auch mit nach Fagranforda kommt.«
»Und was soll er dort tun?«
»Was er längst tun sollte«, sagte ich, »sich als Krieger üben.«
»Er will Priester werden«, sagte Beocca.
»Dann ist er kein Sohn von mir.«
Beocca seufzte. »Er ist ein guter Junge! Ein sehr guter Junge.«
»Sagt ihm, er soll sich einen anderen Namen suchen«, sagte ich. »Wenn er Priester wird, ist er es nicht wert, Uhtred zu heißen.«
»Wie sehr du deinem Vater gleichst«, sagte er, und das überraschte mich, denn ich hatte meinen Vater gefürchtet. »Und wie sehr Uhtred dir gleicht!« Beocca fuhr fort: »Er sieht aus wie du, und er hat deine Starrköpfigkeit.« Er lachte in sich hinein. »Du warst ein außerordentlich starrsinniges Kind.«
Man beschuldigt mich oft, Uhtredærwe zu sein, der gottlose Feind des Christentums, und dennoch waren so viele, die ich geliebt und bewundert habe, Christen, und über ihnen allen stand Beocca. Beocca und seine Frau, Thyra, Hild, Æthelflæd, der gute Pater Pyrlig, Osferth, Willibald, sogar Alfred, die Liste ist unendlich lang, und ich nehme an, sie alle waren gute Menschen, denn ihre Religion fordert, dass sie ein bestimmtes Verhalten zeigen, was meine nicht tut. Thor und Wotan verlangen nichts von mir außer Respekt und ein gelegentliches Opfer, doch sie wären niemals so töricht, darauf zu bestehen, dass ich meine Feinde lieben oder die andere Wange hinhalten soll. Aber die besten Christen, wie Beocca, kämpfen jeden Tag darum, gute Menschen zu sein. Ich habe nie versucht, gut zu sein, allerdings glaube ich auch nicht, dass ich böse bin. Ich bin einfach ich, Uhtred von Bebbanburg. »Uhtred«, sagte ich zu Beocca und meinte meinen Ältesten, »wird nach mir der Herr von Bebbanburg sein. Er kann diese Festung nicht mit Gebeten verteidigen. Er muss lernen, wie man kämpft.«
Beocca starrte ins Feuer. »Ich habe immer gehofft, Bebbanburg eines Tages wiederzusehen«, sagte er sehnsüchtig, »aber inzwischen bezweifle ich, dass sich diese Hoffnung je erfüllt. Der König sagt, du kannst nach Fagranforda gehen.«
»Gut«, sagte ich.
»Alfred war großzügig zu dir«, sagte Beocca ernst.
»Das bestreite ich nicht.«
»Und ich hatte darauf einen gewissen Einfluss«, sagte Beocca mit verhaltenem Stolz.
»Ich danke Euch.«
»Weißt du, warum er einverstanden war?«
»Weil Alfred es mir geschuldet hat«, sagte ich, »weil er ohne Schlangenhauch nicht achtundzwanzig Jahre lang König geblieben wäre.«
»Weil Wessex einen starken Mann in Mercien braucht«, sagte Beocca, ohne meine Prahlerei zu beachten.
»Æthelred?«, fragte ich spitzbübisch.
»Er ist ein guter Mann, und du hast ihm Unrecht zugefügt.«
»Mag sein«, sagte ich, um einen Streit zu vermeiden.
»Æthelred ist der Herr von Mercien«, sagte Beocca, »und der Mann mit dem größten Anrecht auf die mercische Krone, und doch hat er nicht versucht, sie an sich zu reißen.«
»Weil er Wessex fürchtet«, sagte ich.
»Er war Wessex gegenüber loyal«, stellte Beocca richtig, »aber er darf nicht zu unterwürfig wirken, weil sich sonst die mercischen Herren, die sich nach Selbständigkeit sehnen, gegen ihn wenden.«
»Æthelred regiert in Mercien«, sagte ich, »weil er der reichste Mann im Land ist, und sooft ein Herr Vieh, Sklaven oder einen Palas an die Dänen verliert, weiß er, dass ihn Æthelred entschädigt.
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