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Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Titel: Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kienzle
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    Aber Ihr Vater war – politisch – ein richtiger Altbadener?
    Von wegen! Mein Vater war einer von drei CDU-Abgeordneten im Badischen Landtag, der für den Südweststaat gestimmt hat. Aus der Sicht der Altbadischen war er ein Verräter. Aber das war wiederum nicht überraschend, denn seine Heimat ist in Schramberg. Das ist im schwäbischen Teil des Schwarzwalds und seine Familie stammt aus Wurmlingen.
    Das ist sehr schwäbisch.
    Das ist der andere zentrale Punkt in der württembergischen Geschichte neben der Teck: die Wurmlinger Kapelle. 6 Von der Herkunft her bin ich also Schwabe. Ich habe in meiner Kindheit meine Ferien immer in Owen verbracht. Dort ist meine zweite Heimat. Und Hornberg selber, meine heutige eigentliche Heimat, ist zwar Baden – aber haarscharf an der Grenze und hat im Übrigen zurzeit des »Hornberger Schießens« und bis zu Napoleon zu Württemberg gehört. Das war der Herzog von Württemberg, damals beim Hornberger Schießen. 7 Insofern ist dieser Konflikt bei mir nicht so ausgeprägt. Das hat sich dann später mehr spaßeshalber ergeben.
    Also haben Sie sich politisch nie als Badener empfunden?
    Nicht in dem ernst gemeinten Sinn. Wie gesagt: Mein Vater hat schon im Landtag von Baden immer für den Südweststaat gestimmt. Als einer von wenigen. Und da wir die Ferien immer in der Heimat meiner Mutter verbracht haben, waren wir emotional überhaupt nicht fähig, etwas anderes zu empfinden, als dass das zusammengehört.
    War also das, was Leo Wohleb 8 wollte, dieses Baden, historisch gesehen Schwachsinn?
    Der Wohleb wollte die Wiederherstellung des alten Landes Baden. Und wenn man weiß, dass mentalitätsmäßig die Badener und Württemberger sich früher nicht so furchtbar nahe standen, kann man das ja irgendwo nachvollziehen. Die Lebensart und die Lebensgewohnheiten sind schon unterschiedlich gewesen.
    Und worin unterscheiden sich Badener und Schwaben?
    Das Haus Baden feiert in diesem Jahr gerade sein 900. Jubiläum. Aber das ist natürlich ein sehr begrenztes Baden – die sind alle von Napoleons Gnaden. Aber wenn ich jetzt mal
Freiburg nehme oder den Teil, in dem ich ja zu Hause bin, also hin zum Rhein: Wir haben eine leichtere Lebensart. Wir sind dem Mediterranen, dem Französischen ein bisschen näher. Auch in der Küche. Das kann man heute noch sehen. Natürlich gibt’s in Stuttgart heute auch alles …
    Vor allem in Baiersbronn.
    Das ist wahr …
    Baiersbronn ist schwäbisch.
    Aber das ist auch so ein Grenzfall. Der Schwarzwald ist in Wahrheit, Herr Kienzle, das sehen Sie doch sicher auch so, stärker badisch geprägt. Und Baiersbronn liegt direkt an der badischen Grenze. Aber in Württemberg – das ist wahr. Dass dort diese kulinarische Hochburg entstanden ist, ist vielleicht auch ein bisschen zufällig. Und gleich um die Ecke, in Freudenstadt, ist die pietistische Hochburg Schwabens gewesen.
    Die Pietisten haben das Schwabenbild sehr stark geprägt. Es ist erstaunlich: Innerhalb von 200 Jahren haben die ja den Schwaben, den wir heute kennen, mit Zwangsmaßnahmen hingekriegt.
    Das können Sie aber nur von einem Teil der Schwaben sagen! Sie wissen, dass die württembergische Landeskirche häufig größere Probleme hatte, einen Bischof zu wählen – weil sie in drei Gruppen gespalten ist. Sie haben ja nicht nur die Pietisten in Württemberg. Die badische Landeskirche war dagegen seit Gründung des Großherzogtums stärker auf Einigung ausgerichtet. Das hat ja etwas mit Reitzenstein 9 zu tun, der Chefberater des damaligen Großherzogs war und der ihm gesagt hat: »Großherzog, Sie haben da ein Land, das aus so vielen unterschiedlichen Teilen zusammengestückelt ist – Sie müssen das Land einen.« Und das geht nur mit Reformen. Dadurch ist Baden ja das Musterland geworden.
    Das »Musterländle« Baden. Württemberg war zu dieser Zeit ja sehr konservativ.
    Baden war im 19. Jahrhundert ganz stark. Und das ist ja auch nicht überraschend: Wer Reformen macht, bei dem fängt halt auch zuerst die Revolution an. 1847 fing’s in Baden an und die Großen – Hecker 10 und Struve 11 –, das war alles in Baden.
    Aber erfolgreich waren die ja auch nicht.
    Ja gut – die Badische Revolution ist 1849 mithilfe der Preußen niedergeschlagen worden.
    Und mithilfe der Württemberger.
    Die Württemberger haben da nicht so eine zentrale Rolle gespielt. Das waren schon preußische Truppen, die von Rastatt aus eingedrungen sind.
    Die Württemberger haben geholfen.
    Denen ist alles zuzutrauen.
(Beide

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