Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition)

Titel: Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben: Eine Reise zu eigenwilligen Deutschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Kienzle
Vom Netzwerk:
Da sagte die: »Wissen Sie, in Bremen – ein Türke, der so schwäbelt wie Sie, das kennen wir hier nicht. Da müssen einfach alle lachen.« Ich wurde immer unsicherer. Ich guckte schon, ob mein Hosenlatz offen ist …
    Schwäbisch – so peinlich wie ein offener Hosenlatz?
    Ich will auf politischen Veranstaltungen ernst genommen werden. Und von da an habe ich mich bemüht, hochdeutsch zu sprechen. Was einem Schwaben halt mehr oder weniger gelingt. Aber sobald ich wieder hier bin, schalte ich sehr schnell um.
    Was können Sie auf Schwäbisch besser ausdrücken als auf Hochdeutsch?
    Als ich meine erste Freundin hatte, habe ich immer »Moggele« 17 , »Mäusle« und »Schneggele« 18 g’sagt. Und irgendwann sagte sie zu mir: »Wenn ich jetzt alles, was du mir gerade so gesagt hast, ins Türkische übersetzen würde …« Man muss wissen: Im Türkischen sind Maus und Ratte identisch. »Meine Ratte! Hast du noch mehr solche Sachen auf Lager?«
    Ihre erste Freundin war eine Türkin?
    Meine erste Freundin war die Tochter vom Dekan. War auch nicht ganz ohne. Der Dekan war anfangs nicht nur erfreut, dass seine Tochter mit einem Muselmanen rummacht. Aber ich meine jetzt meine erste türkische Freundin. Die sagte dann: »Im Türkischen kann man so schöne Sachen sagen wie: ›Du Licht meines Auges‹«. Das kennen Sie ja sicher aus dem Orient! »Und was sagst du? Du vergleichst mich mit einem Nagetier? Du vergleichst mich mit einer schleimigen Schnecke? Sag mal – geht’s noch?«
    Was ist denn heute noch schwäbisch an Ihnen?
    Ich weiß noch, als ich damals in den Bundestag gewählt wurde, den kennen Sie ja noch, in Bonn, und dort mein Büro hatte und irgendwann mal spät abends losgehen wollte, merkte ich: Da brennt ja noch Licht. Ich suchte dann den Schalter und machte es aus. Dann schaue ich ums Eck: Da drüben brennt ja auch Licht. Ich gehe ums Eck und mache dort das Licht aus. Dann sehe ich hinten im Gang – brennt auch das Licht. Auch das habe ich gelöscht. Ist das schwäbisch oder ist das grün? Am schlimmsten ist ja wahrscheinlich die Kombination aus beidem.
(Er lacht.)
Und irgendwann, wenn du halt dabei bist, dann machst du es halt richtig. Dann habe ich im gesamten Flur das Licht ausgeschaltet. Auch auf dem Klo! Inklusive Damentoilette.
    Da ging der Schwabe mit Ihnen durch?
    Ab und zu waren auch noch welche auf dem Klo: »Hallooo!« Okay, okay. Entschuldigung! Irgendwann haben die Pförtner gesagt: »Das ist der Özdemir, der Hausmeister. Der macht immer überall das Licht aus.« Kannsch halt ned andersch. 19
    1 Schwäbisch für: Tüte
    2 Börek ist eine türkische Variante eines Auflaufs aus Yufka-Teig mit einer würzigen Füllung aus Hackfleisch, Schafskäse, Spinat oder anderem Gemüse.
    3 Simit ist ein ringförmiges Hefeteiggebäck mit Sesamkörnern auf der Kruste.
    4 Stadtteil von Stuttgart
    5 1991 wurde in den Ötztaler Alpen eine Gletschermumie aus der Jungsteinzeit gefunden, im Volksmund »der Ötzi« genannt.
    6 Bei der Bundestagswahl 1994 gewann Cem Özdemir über die Landesliste Baden-Württemberg für die Grünen ein Bundestagsmandat – als erster Abgeordneter mit Migrationshintergrund.
    7 Der Türkische Unabhängigkeitskrieg von 1919 bis 1923 unter der Führung Mustafa Kemals gegen die Besatzungsmächte (Griechenland, Italien, Frankreich und Großbritannien) endete in der Gründung des heutigen souveränen türkischen Staates.
    8 Mustafa Kemal (1881–1938) war der Begründer der modernen Republik Türkei. Er trieb die Modernisierung seines Landes nach westlichem Vorbild voran und schuf mit der Abschaffung von Sultanat und Kalifat sowie mit weitreichenden gesellschaftlichen Reformen einen in dieser Form einmaligen Staatstypus. Darauf beruhen die personenkultartige Verehrung, die ihm in der Türkei bis heute entgegengebracht wird – und sein ihm 1934 vom türkischen Parlament verliehener Nachname »Atatürk« (Vater der Türken).
    9 »Der gehört doch zu unserer Klasse!«
    10 Landeskriminalamt
    11 Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) ist eine im November 2011 öffentlich bekannt gewordene rechtsextreme terroristische Vereinigung in Deutschland. Dem NSU wird unter anderem die Neonazi-Mordserie in den Jahren 2000 bis 2006 zugeordnet.
    12 SPD-Politiker, der seit 2001 Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln ist
    13 »Das genügt doch nicht!«
    14 Bibelstunde bei den Pietisten, bei der auch Laien die Bibel interpretieren können
    15 Schwäbisch für: schräg
    16 Ein jährlich gegen Ende der

Weitere Kostenlose Bücher