Ultimo
Grundstück. Vorm Leichenzelterwartetihn Britta Seitz.
„Weißt du über den Zustand der Leiche Bescheid?“, erkundigt sie sich.
„Ich denke schon“, grinst der Oberstleutnant. „Aber Danke für deine Fürsorge. Gehen wir.“
15Schritte bis zum Mordopfer. Nach dem achten Schritt bekommt Zoff den Gestank des gestockten Bluts in die Nase und sein Magen verkrampft sich. Mühsam gegen den aufkommenden Brechreiz ankämpfend, geht er noch vier Schritte weiter. Dann sieht er Brechts Gesicht. Besser gesagt das, was die Geschosse aus der schwerkalibrigen Mordwaffe davon übrig gelassen haben. Unwillkürlich überkommt ihn ein Zittern und er bleibt stehen.
„Alles in Ordnung?“, fragt Britta besorgt.
„Alles in Ordnung“, beruhigt Zoff sie mit rauer Stimme, hustet nervös und atmet tief durch.
„Ruhig“, raunt Britta mit einem Seitenblick auf die beiden Spurensicherer, die soeben ihre Sachen einpacken. „Nur ruhig.“
„Alles klar“, schnauft Zoff und schweigt eine Weile lang.
„Er liegt ein wenig eigenartig, findest du nicht?“, fragt sie.
„Tatsächlich. Der Rumpf der Leiche ist merkwürdig verdreht“, analysiert Zoff mit belegter Stimme. „Das Gewicht ruht mehrheitlich auf der linken Schulter. Die Beine sind stark angewinkelt und die Arme weit ausgebreitet. Sieht aus wie einer, der die ganze Welt umarmt.“
„Oder wie der Gekreuzigte.“
„Interessanter Gedanke.“
„Die Beretta haben wir schon sichergestellt“, sagt Britta leise. „Sie lag auf seinem Bauch.“
„Was, denkst du, ist hier abgelaufen?“
„Brecht wurde drei Mal von hinten in den Rücken geschossen. In der Folge von oben in beide Augen und in den Mund.“
„Wieso diese Schüsse ins Gesicht?“, überlegt Zoff. „Die ersten Treffer in denRücken müssten doch schon tödlich gewesen sein.“
„Möglicherweise. Vielleicht konnte der Täter einfach nicht mehr damit aufhören, zu schießen.“
„Der Täter? Bist du sicher, dass es bloß einer war?“
„Wir fanden bloß eine Pistole. Daraus schließe ich, dass wir es auch nur mit einem Täter zu tun haben.“
„Wenn jemand aus Wut oder Aufregung sechs Mal auf Brecht geschossen hätte, würden wir wahllos verstreute Treffer an der Leiche feststellen“, sinniert Zoff. „Diese Schüsse hier wurden wohlüberlegt gesetzt.“
„Aus Hass?“
„Oder aus kalter Berechnung. Könnte ein Ritus sein. Oder ein Zeichen? Der Gedanke gefällt mir. Fehlt etwas aus dem Haus?“
„Die Haustür ist versperrt und die Fenster sind geschlossen. Bloß das Schlafzimmerfenster ist gekippt. Wir werden die Räumlichkeiten durchsuchen, sobald die Leiche weg ist.“
„Wie sieht es mit Brechts Geldbörse aus?“
„Ist vorhanden. Mit über 400Euro Inhalt. Ein Raubmotiv ist also auszuschließen.“
„Und diese Benzinkanister?“
„Die könnte Brecht selbst hinters Haus gestellt haben.“
„Inklusive Zündhölzer? Das schaut doch eher nach einem missglückten Brandanschlag aus. Wollte der Mörder auch noch das Haus abfackeln und wurde dabei gestört? Oder verhinderte er eine Brandstiftung? Kannst du mir eine Kopie des Spurenberichts und des Obduktionsergebnisses nach Wien schicken?“
„Ich dachte, Bruno bearbeitet den Fall.“
„Tut er auch. Trotzdem interessiert mich die Sache. Schließlich habe ich Brecht festgenommen. Ein paar Stunden vor seinem Tod.“
„Verstehe. Du kriegst die Unterlagen.“
„Danke. Du siehst nicht gut aus, Britta.“
„Es geht mir auch nicht so besonders.“
„Wie läuft es mit deinem Freund?“
„Wir sind getrennt. Seit 14Monaten. Er hatte eine andere.“
„Das tut mir leid.“
„Dir tut das leid? Ich interessiere dich doch gar nicht.“
„Das stimmt nicht, Britta.“
„Und ob, großer Häuptling“, murmelt sie bitter und bläst eine Locke aus der Stirn. „Aber verschwinde jetzt. Dann kann ich die Leiche endlich zum Abtransport freigeben.“
Er gehe ja schon, erwidert Zoff betreten, dreht sich um und macht sich aus dem Staub.
„Natürlich“, seufzt sie und beobachtet, wie er mit hängenden Schultern in Richtung Einfahrt abzieht. „Verdufte nur. Darin seid ihr Typen ja große Klasse.Ihr Männer seid so. Alle.“
***
Eine Stunde später in Salzburg.
In einem Stadtviertel ohne Festspielflair,mit Einwanderern, die zum Großteil arbeitslos sind, von Notstandshilfe leben oder sich mit schlecht bezahlten Arbeiten gerade so über Wasser haltenkönnen.
Sie möge doch endlich einmal aufhören, ihn zu fragen, wanner zum Oberstleutnant
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