Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ultimo

Ultimo

Titel: Ultimo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Vertacnik
Vom Netzwerk:
befördert werde,faucht Major Karl Pimminger seine Mutter an, drückt der weißhaarigen alten Dame einen flüchtigen Schmatz auf die Wange und verlässt die kleine Wohnung.
    Im Treppenhaus stinkt es nach gekochtem Gemüse.
    Pimminger hasst Gerüche dieser Art. Sie erinnern ihn an seine triste Kindheit. Als lediges Einzelkind mit einer Mutter aufzuwachsen, der er eine Last gewesen war und die als Schneiderin gerade einmal so viel verdient hatte, dass sie sich und ihren Jungen so einigermaßen über die Runden hatte bringen können, war kein Honiglecken gewesen.Mit zwölf war er auf und davon gegangen,im Jugendheim gelandet unddie Mama hatte ihn dort sitzen lassen. Dasträgt er ihr nach.Selbst heute noch. Dass er nach so vielen Jahren noch einmal darum bettelnmuss, bei dieser Frau unterzukommen, ist ein schlechter Scherz. Wie so vieles in seinem Leben.
    Der Lift funktioniert nicht. Fluchend stürmt der Major über die Stufen nach unten, als das Mobiltelefon läutet. Ein alter Schulfreund meldet sich.Er habe sich Pimmingers Angebot überlegt, nuschelt der ehemalige Kollege aus der Sicherheitsdirektion, der vor ein paar Wochen ein eigenes Sicherheitsunternehmen gegründet hat. Wenn der Major mit ihm und seinen dreiMitarbeiterneine Übereinkunft fände, mache er mit. Die Bewachung eines prominenten Politikerstraue er sich locker zu.
    Pimminger ordert einen Einsatz rund um die Uhr. Tagsüber zwei Begleiter, nachts zwei Wächter vor Rieders Villa. Er verlange ordentliche Kleidung, exzellente Manieren und Diskretion. Kurz gesagt: professionelles Auftreten. Falls sein alter Kumpel Scheiße baue,sei er draußen und sehe kein Geld.
    Was für ihn und seineLeute dabei drin sei, will der ehemalige Polizist wissen.
    500Euro pro Mann und Tag. 20Prozent Abzug. Vermittlungsgebühr. Die Sache laufe ab Montag.
    Pimmingers Kumpel sagt zu.
    Zufrieden eiltder Major weiter. Wind kommt auf, und er stellt den Kragen seines blauen Mantels hoch. Eine Scheißgegend ist das hier. Das fünfstöckige Haus unweit des Bahnhofs gleicht den übrigen Häusern dieser heruntergekommenen Gegend. Überall bröckelt der Verputz, und auf den Grünanlagen und Gehsteigen liegt der Dreck. In den letzten Jahren drücken die Türken der Straße ihren Stempel auf.
    Dem Major ist es egal. Müsste er nicht aus einer Notlage heraus hier unterkriechen, hätte er den Stadtteil nicht mehr betreten. Bei der Kohle, die er in den nächsten Wochen nebenbei verdienen wird, ist das Ende seines Gastspiels aber zum Glück absehbar. Grinsend wirft er einen Blick auf die Armbanduhr. Er hat verschlafen, aber seine Chefin, dieses Aas, hat sich ja den ganzen Tag hindurch Zeitausgleich genommen. Die Katze ist also außer Haus.
    Bettina Wagner. Die kleine Drecksau.Als die noch in der Polizeischule hockte, war er bereitsMajor. Und so eine setzt man ihm vor die Nase?Da soll er nicht sauer werden?
    So schleimt sichPimminger wieder einmal gedanklich aus.
    SeineFrustration bringt das jedochnicht zum Verschwinden.
    ***
    Im Herzen der Festspielstadt geht mittlerweile gewaltigdie Post ab.
    Ein Medienspektakel der Sonderklasse ist im Gange.
    Der Festsaal des Schlosses Mirabellist gefüllt, wie schonlange nichtmehr und die Stimmung schwankt zwischen ungläubigem Erstaunen, ruhiger Akzeptanz, skeptischer Betrachtung, ehrlicher Empörung und Amüsement. Rieders Grundsatzrede ist beendet, das neue Parteiprogramm verteilt und die Diskussion kommt in Fahrt.
    Die Frage, ob Abgeordnete, die als Liberale ins Parlament gewählt worden sind, ihre Funktionen dort ohne vorherige Neuwahlen auch unter anderer Flagge ausüben dürfen,steht im Mittelpunkt des Medieninteresses. Die Antwort lautet: Ja.
    Die Befunde namhafter Gutachter stellen das fest.Auch wenn so etwas in diesem Land noch nicht passiert ist. Der Vorgang ist rechtlich korrekt, wenngleich ihn manche Journalisten als moralisch verwerflich darstellen. Danach geht es um die Grundsätze der neuen Gruppierung. Was unterscheidet sie vom bereits vorhandenen Parteienspektrum? Rieder präsentiertein paar nichtssagende Phrasen. Sprechblasen mit derart plattem Inhalt, dass sich die Pressemitarbeiterunwilliges Kopfschütteln nicht verbeißen können. Man hätte sich mehr erwartet. Sattheit macht sich breit.
    Ob es weitere Fragen gäbe, erkundigt sich Rieders Pressereferent.
    Zum Parteiprogramm habe er keine mehr, sagt ein ungepflegter Typ mit wucherndem weißem Vollbart.Aber zum künftigen Verhältnis der Unabhängigen Demokraten zu den Liberalen.Ist da ein

Weitere Kostenlose Bücher