Ultimo
grinst Zoff, holt sein klingelndes Mobiltelefon aus dem Sakko und hebt ab. „Zoff spricht.“
„Da ist ein gefaltetes Kuvert in Brechts Hosentasche“, berichtet ihm Britta leise. „Es enthält eine Notiz mit etwas wirrem Text.“
„Du bist ein Engel“, seufzt Zoff. „Danach suchen wir gerade.“
„Und noch etwas“, unterbricht ihn Britta Seitz. „An der Rückseite des Hauses stehen zwei gefüllte Benzinkanister. Auf einem davon liegt eine Zündholzschachtel. Ein Werbeartikel aus dem letzten Wahlkampf.“
„Von welcher Partei?“, erkundigt sich Zoff konsterniert.
„Von den Liberalen des Herrn Rieder.“
„Hannes Rieder? Der war Brechts Freund“, erwidert Zoff nachdenklich und legt auf.
Eine Beretta mit Schalldämpfer, der Abdruck eines Sportschuhs, zwei Kraftstoffbehälter und eine Streichholzschachtel mit Rieders Konterfei, überlegt er ein wenig ratlos. Eine wahrlich abstruse Konstellation.
Was ist denn da los, verdammt noch einmal?
Wie passt das alles zueinander?
***
Vor Brechts Haus herrscht wüstes Gedränge.
Zehn Polizisten sindjetzt schon zwischen Tor und Journalistenmeute eingeklemmt und riegeln den Zugang zum Grundstück ab.
„Die sind kaum noch zu halten“, sorgt sich der knapp 50-jährige kahlköpfige Kontrollinspektor Billek in brauner Lederhose, Jeanshemd und brauner Lederjacke.
„Und das Fernsehen hat sich auch schon angekündigt“, assistiert ihmPolli in eleganter Hose und Sakko, schüttelt missmutig den Kopf und nimmt seinen Chef zur Seite. „Die können jeden Moment hier eintreffen.“
„Das Fernsehen? So, so“, grinst Zoff und versetztPolli einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. „Na dann mach dich fein, mein Alter. Zeig dich von deiner Schokoladenseite und sprich mit ihnen.“
„Ich? Worüber?“
„Über den Mord an Brecht, würde ich sagen. Füttere sie mit ein paar allgemein gehaltenen Informationen, dann bleiben sie nett und geben Ruhe.“
Pollis Miene verfinstert sich immer mehr. Presseleute kann er nicht ausstehen. Die können ihm den Buckel hinunterrutschen, motzt er.
„Aber, aber. Wer wird denn so griesgrämig sein. Denk an Anna. Die freut sich, wenn sie dich auf der Mattscheibe sieht.“
„Anna macht sich nichts aus solchen Dingen“, behauptet Pollistur. „Und ich auch nicht. Sprich du mit ihnen. Du hast Erfahrung.“
„Tut mir leid, Bruno“, meint Zoff. „Für Morderhebungen ist das Büro für Interne Angelegenheiten nicht zuständig. Bloß für die Vorgeschichte, und die werden wir denMedien ganz sicher nicht auf die Nase binden. Ich stehe hier nicht als Chef des Morddezernats, sondern bloß als einer, der gegen das Mordopfer ermittelte. Darum kann ich dir die Pressearbeit auch nicht abnehmen. Beschränke dich auf das Notwendigste. Brecht wurde erschossen, und du weißt noch nicht, warum. Ende der Durchsage.“
„Und du meinst, die sind damit zufrieden?“
„Nein. Aber mehr sagst du ihnen nicht, Bruno. Und bleib locker.“
Polli seufzt gottergeben und nickt. Falls Zoff die Leiche sehen wolle, müsse er sich jetzt inden Sperrbereich bemühen. Britta werde Brecht in Kürze wegbringen lassen. Sie habe in ihrem Wagen eine Garnitur Schutzkleidung für Zoff bereitgelegt. Die Leiche sehe übrigens nicht gut aus.
„Das tun Leichen selten, oder?“
Zoff werde schon sehen, was er meine, erwidertPolli düster, greift in seine Sakkotasche und kramt eine Plastiktüte mit einem zerknüllten Kuvert hervor. Da sei der Brief, den Zoff suche.
Neugierig zieht sich Zoff Einweghandschuhe über, öffnet Plastikbeutel und Kuvert und nimmt den darin enthaltenen Zettel zur Hand.
„ Es ist ungewiss, wo uns der Tod erwartet “, zitiert er erstaunt den Text. „ Erwarten wir ihn überall .“
„Scheint ein Zitat zu sein“, meintBillek.
„Dann wirst du dich in nächster Zeit etwas intensiver mit Literatur und Philosophie beschäftigen müssen“, antwortet Zoff und notiert sich den Text auf seinen Schreibblock.
„Der Spruch passt und er passt auch wieder nicht“, sagtPolli verbittert. „Schau dir die Leiche endlich an, dann weißt du, was ich damit sagen will.“
Die Kamerateamsfilmen wie verrückt. Polli registrierte es mit leisem Fluchen.
An seiner Stelle würde er die Interviews vor der Einfahrt geben, empfiehlt ihm Zoff. Und er würde die Berichterstatter nicht mehr warten lassen. Mit diesen Worten dreht er sich um, eilt zum Dienstwagen der Spurensicherung, streift die dort bereitgelegte Schutzkleidung über, und betritt das
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