Ulysses Moore - 02 - Die Kammer der Pharaonen
nachzuschauen, wo er hinging.
»Ich kann ihn nicht mehr sehen«, sagte Jasons Schwester leise.
Im gleichen Augenblick vernahmen sie, wie Manfred gegen die Küchentür trommelte.
»Wenigstens hören wir ihn«, meinte Nestor.
Ein weiteres Mal probierte Manfred sämtliche Türen im Erdgeschoss durch. Dann setzte er sich ins Auto und die Innenbeleuchtung ging an.
»Vielleicht gibt er endlich auf und fährt weg«, murmelte Julia.
Manfred schaltete das Radio ein und drehte es auf höchste Lautstärke. Durch den Garten dröhnte Rockmusik.
»Oh, verschwinde doch endlich«, dachte Julia laut.
Das Licht im Inneren des Autos ging aus und dann rasch wieder an.
»Er ist auf der anderen Seite ausgestiegen«, stellte Nestor fest. »Aber er will, dass wir glauben, er säÃe noch im Wagen.«
»Warum? Was hat er vor?« Julia hatte die Augen weit aufgerissen.
Hinter dem Auto, auf der anderen Seite des Grundstücks, befand sich das Haus des Gärtners.
Als Julia sich umdrehte, sah sie, dass Nestor dabei war das Zimmer zu verlassen. »Wohin gehst du?«, rief sie und folgte ihm die Treppe hinunter und durch das Wohnzimmer in die Küche. Sie blieb neben ihm an der Tür stehen, die in den Garten führte. »Geh nicht raus!«, flehte sie. »Lass mich hier nicht allein!«
Anstatt sie zu beruhigen, befahl ihr Nestor mit barscher Stimme: »Was auch immer passiert, was du da drauÃen auch immer sehen magst, geh nicht raus! Hier kommt er nicht rein, verstehst du? Aber bei mir drüben könnte er einbrechen, und das darf er nicht. Julia, ich weiÃ, dass ich dir vertrauen kann. Es ist für Rick und deinen Bruder wichtig, dass du im Haus bleibst und diesen Schurken daran hinderst, zur Tür zur Zeit zu gelangen.«
»Lass mich nicht allein!«
Eine Weile schien Nestor zu zögern. Dann drehte er sich ruckartig um. »Du bist nicht allein.« Er riss die Küchentür auf und trat ins Freie. Der Regen und die Dunkelheit verschluckten ihn.
Julia schloss die Tür rasch ab und lief nach oben, um von dort aus dem Fenster zu sehen. »Mama, Papa! Jason! Rick!«, flüsterte sie, während sie die Treppe hinaufrannte und den langen dunklen Korridor durchquerte. »Mama, Papa! Jason! Rick!« An der Schwelle zum Wohnzimmer blieb sie stehen. Das Licht des Leuchtturms erhellte den Garten und sie sah eine Gestalt durch den Regen laufen.
Jason las noch ein weiteres Mal die letzte Strophe der Ballade der zwei Liebenden . Dann sagte er: »Okay, Rick, jetzt bist du dran.«
Sein Freund sah ihn erstaunt an. »Wieso denn?«
»Du bist in punkto Logik wirklich unschlagbar.« Dann meinte er zu Maruk. »Du wirst sehen, er braucht nicht lange.«
»Jason, hör auf damit«, schimpfte Rick. »Versucht doch wenigstens mir zu helfen.«
»Kannst du vielleicht was mit der Strophe anfangen?«, erkundigte sich Jason bei Maruk. »Bezieht sie sich eventuell auf etwas, was du kennst, etwas, das im Haus des Lebens ist, oder auf eine alte Sage? Denk mal nach!«
Maruk las die Strophe mehrmals, schüttelte dann aber den Kopf. »Mir fällt nichts dazu ein.«
»Trotzdem erklärt die Strophe, wie man in das Zimmer kommt«, sagte Jason nachdenklich.
»Wenn es wirklich so ist«, murmelte Rick, »müsste sie doch angeben, wo ein bestimmter Ort ist und wie man dort hinkommt.«
»Richtig.«
»Vielleicht verrät sie auch, wann man dort ankommen soll«, warf Maruk ein, »denn hier steht: âºzur passenden Stundeâ¹.«
»Passende Stunde«, wiederholte Jason. »Wozu sollte sie denn passen?«
»Zu einem Ort. Zu einer Tageszeit. Zum Lauf der Sonne«, überlegte Rick.
»Etwas, das passt â¦Â«, begann Jason.
»Falsch«, unterbrach ihn Rick. »Es sind immer mehrere Dinge, die zusammenpassen. Mindestens zwei. Zwei Dinge passen zusammen, wenn sie sich lückenlos miteinander verbinden lassen. Ein einzelnes Ding kann nicht passen â¦Â«
»Na, das macht doch Sinn. Es geht ja auch um zwei Liebende. Und sie werden sich zur passenden Stunde treffen. In der perfekten Stunde.«
»GroÃartig!«, rief Maruk, bis sie merkte, dass sie nicht wirklich weitergekommen waren.
Die drei lasen die Strophe immer wieder. Rick sah auch mehrmals die ganze Ballade durch, ohne jedoch dabei etwas zu entdecken, das ihnen weiterhalf. »Das Zimmer hat keine Tür«, stellte er
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