Ulysses Moore - 02 - Die Kammer der Pharaonen
beten.
Schweigend warteten Jason und Rick, bis sie ihr Gebet beendet hatte. Dann nahmen sie die beiden Skarabäen aus der Tasche, ihre Passierscheine für das Haus des Lebens, und legten sie auf die beiden Skelette.
»Möget ihr in Frieden ruhen«, murmelte Rick und stieg über sie hinweg.
Sie gingen weiter und weiter, bis der Gang in einen groÃen, quadratischen Raum mündete. Darin standen zwei Statuen, die dreimal so groà waren wie sie. Ruà und alte Spinnweben bedeckten ihre Gesichter wie Schleier.
»Das ist es, das Zimmer der Liebenden«, sagte Rick und sah sich um.
Maruk freute sich, dass der Raum ein groÃes Fenster hatte, das auf den Hof des Hauses des Lebens hinausging. Sie stellte sich davor und betrachtete den orangeroten Himmel und die Sonnenscheibe, die auf dem Horizont zu balancieren schien. Sie stützte sich auf dem Sims auf und atmete in vollen Zügen die frische Luft ein, die von drauÃen hereinströmte. »Es kommt mir vor, als wäre ich vorhin irgendwann gestorben und jetzt wieder lebendig geworden«, sagte sie.
Sie durchsuchten das Zimmer, fanden aber auÃer den beiden Statuen nichts als verkohlte Reste und Spinnweben.
»Kann es sein, dass das Feuer hier ausgebrochen ist?«, fragte Jason.
»Ich weià nicht viel darüber, wie ein Brand sich ausbreitet «, antwortete Rick. »Aber fest steht, dass er hier schlimm gewütet hat.«
»Wenn wir sicher sein könnten, dass in diesem Raum der Ursprung des Feuers liegt, wüssten wir, dass es das Zimmer ist, von dem der alte Mann gesprochen hat«, meinte Jason.
Rick zuckte mit den Schultern. »Aber wie können wir das herausfinden?«
Sie sahen durch das Fenster zur Sonne, die langsam hinter dem Horizont verschwand.
»Wir werden wohl kaum eine zweite Gelegenheit haben«, sagte Rick.
»Eine zweite Gelegenheit wofür?«, wollte Jason wissen.
»Um das zu tun, was er getan hat.« Rick versuchte sich alle Einzelheiten des Berichts des alten Mannes in Erinnerung zu rufen. »Er sagte, er habe einige Spiegel umgestellt. Wenn das hier das richtige Zimmer ist, müssten wir also zwei Spiegel finden.«
Rick sah nochmals aus dem Fenster und betrachtete aufmerksam den Horizont. »Um Sonnenstrahlen einzufangen, müssten Spiegel gegenüber von diesem Fenster stehen. Die Sonne geht im Westen unter, das ist dort. Und an der gegenüberliegenden Seite geht sie auf. Das ist da drüben. Wenn es also Spiegel gibt, müssten sie in der Nähe dieser Statuen sein.«
»Isis und Osiris«, sagte Maruk.
»Was?«, fragte Rick.
»Die beiden Statuen in diesem Raum stellen Isis und Osiris dar, die beiden Liebenden. Nachdem Osiris von Seth ermordet und zerstückelt worden war, suchte Isis am Nil alle Teile und setzte sie wieder zusammen. Auf diese Weise schuf sie die erste Mumie. Dank ihrer Pflege wurde Osiris wieder lebendig.« Maruk schluckte und wischte sich eine Träne von der Wange. »Vielleicht ist dies das Geheimnis, nach dem die beiden Liebenden aus der Ballade suchen: das Geheimnis der Liebe, die den Tod besiegt.«
»Ich glaube, du hast recht«, antwortete Rick, den dieser Gedanke ebenfalls traurig gestimmt hatte.
Jason ging näher an die Statuen heran und bemühte sich unter der dicken RuÃschicht ihre Gesichtszüge zu erkennen. Die Göttin Isis musste die rechte der beiden sein. Ihr Gesicht war zum Fenster gewandt. Osiris, der neben ihr stand, sah sie an. Jason stellte die Lampe ab und wischte mit den Händen die Asche von den Beinen und FüÃen der Statuen. Dabei entdeckte er, dass sie mit Verbänden umwickelt waren, zwischen denen Pflanzentriebe hervorsprossen. Das Leben, das aus dem Tod entspringt, dachte er. Als er sich nach der Lampe bückte, blitzte etwas über dem Kopf des Osiris auf. »Rick!«, rief er. »Der Spiegel! Der Spiegel! Ich habe ihn gefunden. Er ist auf dem Kopf von Osiris!«
Jenseits des Gartens versank die Sonne immer tiefer hinter den Dünen.
»Ich wusste doch, dass wir es noch brauchen würden!«, sagte Rick und zog aus seinem Bündel das Seil, das er aus der Villa Argo mitgenommen hatte. Geschickt knüpfte er eine Schlinge und warf sie über den Kopf der Statue.
»Hoffentlich verzeiht uns Osiris unsere Taktlosigkeit«, murmelte Jason, bevor er das Seil ergriff, um daran hochzuklettern.
»Pass auf!«, rief Maruk.
»Wieso? Das ist doch
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