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Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden

Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden

Titel: Ulysses Moore – Das Buch der Traumreisenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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Holzschachtel gefunden hatte.
    Sie hörte, wie ihre Mutter in der Küche herumrumorte.
    Als Erstes öffnete Anita den Aquarellkasten, der ihr mit seinen zehn Zentimetern sehr klein vorkam. Trotzdem zählte sie zwölf schon ziemlich leere Farbnäpfchen. Der Deckel war so unterteilt, dass man darauf Farben mischen konnte, und es gab sogar ein Fach für die Pinsel. An der Seite entdeckte Anita eine Kerbe, in die der Kupferring einrastete. Steckte man einen Finger durch den Ring, ließ sich der Kasten bequem mit einer Hand halten, sodass die andere Hand zum Malen frei war.
    Anita sah sich kurz die Pinsel an. Dann las sie, was vorne auf dem Umschlag geschrieben stand:
Der ehrliche Finder wird gebeten, diesen Umschlag zurückzugeben an Signor Morice Moreau, Fondamenta di Borgo 89, Venedig. Er wird eine Belohnung erhalten. Sollte Signor Moreau nicht anzutreffen sein, ist der Umschlag weiterzuleiten an: Mister Moore, Traumreisender, Frognal Lane 23, London.
    Anita besah sich den Umschlag von allen Seiten und überlegte, wie sie ihn öffnen sollte. Er schien etwas Kompaktes, aber Leichtes zu enthalten. Schließlich schlitzte sie ihn an der Seite mit dem Fingernagel an und riss ihn auf.
    Es war ein gebundenes Heft darin. Vielleicht ein Tage- oder Notizbuch. Es hatte einen dunklen festen Einband und Seiten aus dickem, unregelmäßig geschnittenem Papier.
    Anita legte das Buch vor sich auf den Boden. Vorne auf dem Einband stand:
Reise in die Sterbende Stadt,
darunter die Jahreszahl 1909. Ein Stück weiter unten sah sie eine Unterschrift:
Morice Moreau.
Aufgeregt schlug Anita das Buch auf.
    Auf der ersten Seite war die Zeichnung eines Mannes, der rittlings auf einer Truhe saß und in einem Buch las. Unter einem breitkrempigen Hut quollen lange Haare hervor. Der Mann hatte krumme Beine, die in hohen schwarzen Stiefeln steckten. Die Truhe selbst war sehr bauchig, so als sei sie zum Platzen gefüllt und als könne ihr Deckel jeden Moment aufspringen und den Mann ohne weitere Vorwarnung abwerfen.
    Unter der Zeichnung stand die Widmung:
Meinen Freunden, den Traumreisenden.
    »Traumreisende«, wiederholte Anita leise und verglich die Widmung mit der Aufschrift auf dem Umschlag.
    Mr Moore, Traumreisender.
    Sie blätterte um.
    Auf der folgenden Seite war eine größere Zeichnung. Sie stellte drei Menschen in einem Wald dar, die neben einem eigenartigen, quadratischen und sehr niedrigen Bauwerk standen. Darunter war geschrieben:
Et in Arcadia ego.
    Außerdem war auf der Seite noch ein kunstvoll verschnörkelter, aber leerer Rahmen abgebildet.
    Dann kam eine Seite voller unverständlicher Symbole. Anita blätterte schneller und schneller und wurde dabei immer aufgeregter.
    Auf den knapp zwei Dutzend Seiten des Buchs fand sie weitere Zeichnungen, Rahmen und verschlüsselte Notizen. Diese sahen ein bisschen so aus, als bestünden sie aus ägyptischen Hieroglyphen. Insgesamt schienen die leeren Rahmen, Zeichnungen und Notizen eher zufällig angeordnet zu sein. Hier und da gab es Skizzen und Farbflecken.
    Gegen Ende des Buchs kam eine Seite mit der Überschrift »Die Sterbende Stadt«. Darunter stellte ein Aquarell einen Herbstwald dar, der auf unerklärliche Weise beunruhigend wirkte. Mitten im Wald ragte ein hoher, nackter Felsblock steil zwischen den Bäumen empor.
    Da ist doch gar keine Stadt, dachte Anita, die das heiße Badewasser, das unaufhörlich aus dem Hahn strömte, inzwischen vollkommen vergessen hatte.
    Wie auf den anderen Seiten gab es auch auf dieser einen Rahmen aus Blütenranken. Er war nur so groß wie eine Briefmarke, enthielt aber ein Bild: das Porträt einer Frau. Sie war von fallendem Laub umgeben und der Wind wirbelte ihren Rock hoch. In einer merkwürdigen Pose hatte sie den Kopf vom Betrachter weggedreht und sah nach hinten, als wolle sie sich vergewissern, dass dort niemand war. Gleichzeitig wirkte es so, als schaue sie aus dem Buch heraus, als wolle sie sich vor Verfolgern hinaus zum Leser retten.
    Zu Anita.
    »Unglaublich«, flüsterte sie.
    Die Badewanne war inzwischen beinahe randvoll und heißer Wasserdampf hing wie Nebel in der Luft.
    Anita berührte die Herbstlandschaft mit den Fingerspitzen und fuhr sacht an Ästen und Baumstämmen entlang. Das Papier war rau und porös und ganz anders als alles, was sie bisher gesehen hatte. Dann berührte sie das Bild der Frau.
    Und etwas geschah.
    Eine plötzliche Traurigkeit überfiel sie. Es war, als entstünde das Gefühl in der Fingerspitze, die mit dem Papier Kontakt

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