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Ulysses Moore – Das Labyrinth der Schatten

Ulysses Moore – Das Labyrinth der Schatten

Titel: Ulysses Moore – Das Labyrinth der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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du?«
    »Sie könnten sich etwas freundlicher ausdrücken. Vielleicht so etwas sagen wie: ›Wie geht es Ihnen? Es freut mich, von Ihnen zu hören …‹«.
    Voynich unterbrach die Verbindung und legte auf. Dann suchte er auf der Straße nach den Schlüsseln. Warum war er nur von lauter Versagern umgeben, fragte er sich. Und was wollte dieser aufgeblasene Eco schon wieder von ihm? Eine teure Hotelsuite in Venedig? Karten für eine Theaterpremiere? War es eigentlich Eco gewesen, der ihm diesen unfähigen Chauffeur empfohlen hatte? Oder war der Chauffeur der Neffe des alten Pirès, des Butlers ihres Klubs?
    Sicher war nur, dass er einerseits keine Lust hatte, sich jetzt Ecos Gejammer anzuhören, und dass der Chauffeur andererseits ein lächerlicher Versager war, der nicht einmal in einer winzigen Region wie Cornwall ein Dorf wie Kilmore Cove finden konnte.
    Was aber drittens im Grunde seine Theorie bestätigte, dass es Kilmore Cove in Wirklichkeit gar nicht gab. Es hatte es nie gegeben. Und all diese Geschichten über Ulysses Moore, durchgedrehte Maler und sprechende Notizbücher waren nichts weiter als Hirngespinste.
    Witze.
    Tricks.
    Dazu kam noch, dass …
    Das Mobiltelefon klingelte erneut und wieder war es Eco.
    »Bitte hören Sie mir doch zu, Dr. Voynich. In diesem Augenblick bin ich …«
    »Schau selber zu, wie du zurechtkommst«, knurrte Voynich und drückte sofort wieder auf den roten Knopf. Es war nicht der richtige Zeitpunkt für ein Telefonat mit Eco. Es war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt. Eco sollte seine Entscheidung alleine treffen. Dann sollte er dieses verdammte Haus, diese Ca’ degli Sgorbi, eben abbrennen. Seinetwegen konnte er ganz Venedig vom Hochwasser überfluten lassen! Ihn, Voynich, interessierte das nicht im Geringsten!
    Als es das dritte Mal klingelte, nahm Voynich den Anruf an, ohne auf das Display zu schauen. »Ich bringe dich um«, sagte er mit eiskalter Stimme. »Sobald ich dich irgendwo treffe, bringe ich dich um.«
    Am anderen Anschluss herrschte langes Schweigen. Ein langes, bedrohliches Schweigen.
    Ein sehr bedrohliches Schweigen.
    Der Verdacht, einen furchtbaren Fehler begangen zu haben, kam Voynich, bevor eine schrille und säuerliche Stimme gereizt »Marius?« fragte.
    Jetzt endlich schaute der Chef der Brandstifter auf sein Display und erhielt die Bestätigung dessen, was er bereits befürchtet hatte: Der Anrufer, oder besser gesagt die Anruferin, war seine ältere Schwester, Doktor Viviana Voynich, wegen ihres nicht gerade sanften Charakters auch »die Ärztin aus der Hölle« genannt. Sie war fünf Jahre älter als er. Eine vorbildliche Studentin. Eine ehemalige und hoch angesehene Universitätsprofessorin. Inhaberin eines sehr renommierten Postens bei einer außerordentlich wichtigen internationalen Gesundheitsorganisation. Überzeugte Junggesellin. Mit anderen Worten: eine Hexe.
    »Wie hattest du das vorhin gemeint, Marius?«, fragte die schrille Stimme.
    Viviana Voynich betrachtete sich als der letzte erwähnenswerte Spross der Familie, so als ob ihr Bruder gar nicht existierte. Sie hatte ihn seine gesamte Kindheit hindurch terrorisiert und anschließend dafür gesorgt, dass seine Jugend ein einziger schrecklicher, haarsträubender Albtraum gewesen war. Sie war eine Diktatorin, die von ihren aberwitzigen Überzeugungen auch nicht um den Bruchteil eines Millimeters abrückte.
    »Vivy! Was für eine Überraschung«, versuchte Voynich seinen Patzer wiedergutzumachen. »Ich hatte nicht mit deinem Anruf gerechnet. Weißt du, ich bin gerade in einer dummen Situation.«
    »Marius, was hast du vorhin damit gemeint?«, wiederholte Frau Doktor Voynich.
    »Was soll ich womit gemeint haben, liebste Schwester?«, fragte Voynich. Seine Unterlippe zitterte dabei.
    »Du hast zu mir gesagt: ›Ich bringe dich um. Sobald ich dich irgendwo treffe, bringe ich dich um.‹«
    Und du kannst dir gar nicht vorstellen, wie liebend gerne ich das täte, dachte Voynich bei sich. Ins Handy aber sagte er: »Du irrst dich. Du musst etwas falsch verstanden haben. So etwas habe ich noch nie gesagt.« Angespannt scharrte Voynich mit den Füßen im Kies des Straßenrands herum.
    »Du hast es aber gesagt. Ich habe es klar und deutlich gehört. Und hör auf, mit den Füßen im Kies zu scharren. Unsere Mutter hat uns beigebracht, uns nicht die Schuhe kaputt zu machen, aber anscheinend hast du es schon wieder verlernt, was?«
    Schlagartig hörte Voynich mit dem Scharren auf. »Wie kann sie das bloß

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