Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ulysses Moore – Das Labyrinth der Schatten

Ulysses Moore – Das Labyrinth der Schatten

Titel: Ulysses Moore – Das Labyrinth der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
Vom Netzwerk:
merken?«, fragte er sich, und das nicht zum ersten Mal.
    »Marius, sag mir sofort, wo du bist und warum du dich nicht zu Hause befindest.«
    »Ich bin auf Reisen.«
    Aus dem Handy tönte ein verwundertes »Ach!«, auf das sofort eine spöttische Bemerkung folgte: »Du bist nie auf Reisen. Du reist nicht. Ich bin diejenige, die reist.«
    »Da irrst du dich«, entgegnete Voynich. »Wenn ich sage, dass ich auf Reisen bin, dann deshalb, weil ich auf Reisen bin.«
    Ein hysterisches Lachen erklang. Es dauerte ziemlich lange. »Und wohin bist du gereist? Nach Greenwich? In den Hyde Park?«
    »Nach Cornwall.«
    Verdutzt schwieg Frau Doktor Voynich eine Weile. Dann drohte sie ihm: »Mach dich nicht über mich lustig, Marius. Mach dich nicht über mich lustig.«
    »Ich mache mich nicht über dich lustig, Viviana. Hörst du nicht dieses Rauschen? Es ist das Meer.«
    »Und würde es dir etwas ausmachen, mir zu erklären, aus welchem abwegigen Grund du nach Cornwall gefahren bist? Nein, warte, sag es mir nicht. Es ist wegen dei nem kleinen, lächerlichen Klub von Zigarrenrauchern, nicht wahr?«
    Unser Klub heißt »Klub der Brandstifter«, dachte Malarius Voynich wütend. Und es ist kein »kleiner, lächerlicher Klub«, sondern das letzte Bollwerk, die letzte Festung unserer Zivilisation. Derselben Zivilisation, für die du so gerne arbeitest, meine liebe Viviana!
    Aber ihm war klar, was seine Schwester wollte: ihm zum millionsten Mal vorwerfen, dass das Einzige, was er jemals in seinem Leben erreicht hatte, nichts wert war. Dass sein Klub der Brandstifter und sein Amt als dessen Chef nichts anderes waren als sinnlose Zeitverschwendung. Dies alles ging ihm durch den Kopf, als er sich eine Antwort überlegte. Schließlich hatte er eine Eingebung und sagte mit größtmöglicher Ruhe: »Oh nein! Das hat mit meiner Arbeit nichts zu tun. Das hier ist eine Vergnügungsreise.«
    »Marius? Jetzt habe ich die Gewissheit, dass du dich über mich lustig machst. Oder dass du sehr, sehr krank bist. Wenn du mir sagst, wo genau du dich gerade aufhältst, kann ich dir einen guten Arzt schicken.«
    »Warum sagst du das, Viviana?«
    »Du weißt doch nicht einmal, was das Wort ›Vergnügungsreise‹ bedeutet!«
    »Wieso? Aber du glaubst es zu wissen, ja?«
    »Marius, es reicht jetzt!«, schrie sie im gewohnten Ton einer älteren Schwester ins Telefon. »Fahr sofort nach Hause!«
    »Und wenn ich das nicht tue? Sagst du es dann Mama?«
    »Marius! Sprich nicht auf diese Weise von Mama, hast du verstanden?«
    Seit ihre Mutter gestorben war, hatte Viviana ihre Rolle übernommen und wurde nicht müde, ihren Bruder daran zu erinnern, dass er ihr auch deswegen gehorchen musste, weil sie die Stellvertreterin der Mutter war. Vielleicht lag es daran, dass er von der Reise durcheinander war, sich über das unauffindbare Städtchen Kilmore Cove aufregte und genervt war, dass Eco und die anderen Brandstifter ihn ständig aus allen Teilen der Welt anriefen und Rat und Anweisungen haben wollten … Aus einem dieser Gründe oder aus allen zusammen beschloss Malarius Voynich, dass er seiner Schwester jetzt ein für alle Mal sagen würde, was er von ihr hielt. Ihm war klar, dass dies ein Aufstand war, eine echte Rebellion, und dass er damit einen Weg beschritt, auf dem es kein Zurück gab.
    »Hör mal, liebe Viviana, gibt es einen bestimmten Grund, warum du mich angerufen hast, oder wolltest du mich nur wissen lassen, dass du noch lebst? Denn du vergeudest gerade meine Zeit! Ich habe hier ein neues Auto, das ich fahre, und ich muss mir ein Hotel suchen und …« Er wollte eigentlich noch etwas über den Chauffeur sagen, aber dann fiel ihm etwas Besseres ein: »Und werde von einem Freund erwartet, mit dem ich eine schöne, entspannende Runde Golf spielen wollte. Wenn du mir also nichts anderes mehr zu sagen hast, dann wollen wir unser Gespräch jetzt beenden.«
    Viviana brachte nur ein ersticktes: »M…« zustande und Malarius Voynich unterbrach die Verbindung. Danach klappte er sein Handy sehr vorsichtig zu, so als befürchte er eine Explosion, zu der es dann aber nicht kam.
    Es passierte nichts.
    Seine Schwester tat nichts.
    Sie konnte nichts tun.
    Zum ersten Mal seit vielen Jahren musste Malarius Voynich lachen.
    Er sah auf der Straße die Schlüssel aufblitzen und ging hin, um sie aufzuheben. Auf dem gesamten Weg schlurfte er mit den Füßen. Dann klingelte sein Mobiltelefon. Es war abermals Eco.
    Er ließ es klingeln, bis er wieder die Schlüssel hatte. Dann

Weitere Kostenlose Bücher