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Ulysses Moore – Die Stadt im Eis

Ulysses Moore – Die Stadt im Eis

Titel: Ulysses Moore – Die Stadt im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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geschehen.
    Vielleicht waren die Weisen ja gar nicht so weise, wie sie glaubten. Oder vielleicht war Jason einfach nur schlauer als sie.
    Jason Covenant, der Bruder von Julia Covenant und Freund von Rick Banner aus Kilmore Cove, schlug auf seinen Knien Morice Moreaus Notizbuch auf und legte seine Finger so zwischen die Seiten, dass sie alle drei eingezeichneten Rahmen berührten. Und wünschte sich von ganzem Herzen, dass in diesem Moment jemand sein Büchlein aufgeschlagen hatte oder es noch so rechtzeitig aufschlug, dass er ihn hören konnte.
    »Los, Leute, lest …«, murmelte er. »Und erzählt mir dann alles!«
    In einem erträumten Ort inmitten der Pyrenäen, den Traumreisende Arcadia, das Dorf ohne Krankheiten, genannt hatten, öffnete die letzte Bewohnerin Morice Moreaus Notizbuch.
    Sie war entsetzlich müde. Und fühlte sich furchtbar allein.
    In einem der Rahmen des Buches sah sie ein neues Bild. Es war das eines Weisen mit einem sehr jungen Gesicht.
    Sie legte die Hand darauf und hörte der Stimme zu.
    »Die Erbauer der Türen«, sagte gerade der junge Weise, »sind ein inzwischen verschwundenes Volk, das zu Beginn der Zeiten lebte – damals, als die Zeit noch eine Idee war und kein Mechanismus. Es war ein Volk, das vom Meer kam. Vor allem aber waren die Erbauer der Türen Geschichtenerzähler. Damals gab es noch viele andere Traumvölker, die sich mit den realen Völkern die Welt teilten. Einige von ihnen wurden ›Gottheiten‹ genannt, andere ›Feen‹ oder ›Kleines Volk‹. Manche überlebten, andere nicht. Wem es gelang, am Leben zu bleiben, der existierte auch in der Erinnerung weiter. Die Namen derjenigen, die verschwanden, gingen in den fernsten und dunkelsten Gängen des Labyrinths der Erinnerungen verloren. Jenes Labyrinths, das in und unter jedem von uns ist. Die Erbauer der Türen kannten dieses Labyrinth sehr gut. Sie nutzten es, um ihre Türen zu bauen und untereinander zu verbinden. Man kann nur an einen erträumten Ort reisen, an den man sich erinnert oder an den sich andere für uns erinnern. Man kann nur in der eigenen Fantasie oder in der Fantasie anderer von einem erträumten Ort zum anderen reisen.«
    Die Stimme in Ultimas Kopf verstummte. Sie lauschte angestrengt und wagte kaum zu atmen.
    »Gibt es noch Erbauer von Türen?«, hörte sie den jungen Weisen fragen.
    Und er selbst beantwortete seine Frage: »Nein. Die letzten sind vor vielen, vielen Jahren verschwunden.«
    »Gibt es denn niemanden, der ihr Geheimnis kennt?«
    »Die Erbauer der Türen haben weder Nachfolger noch Werkzeug und Instrumente noch Schriften und Pläne hinterlassen. Zurückgeblieben sind nur bruchstückhafte Informationen. Diesen ist zu entnehmen, dass ihre Türen aus drei Elementen bestehen. Das erste ist das Holz eines Baumes, dessen Wurzeln in den Wind ragen und der sich von Wind ernährt. Das zweite Element ist ein äußerst seltenes Metall namens Unionion, das auch wichtiger Bestandteil unseres Gedächtnisses ist. Man findet Spuren davon in Kristallen, die an den Rändern des Labyrinths der Schatten vorkommen, und im menschlichen Gehirn. Das Gehirn eines Menschen enthält ungefähr ein Millionstel Gramm davon. Das dritte Element ist die Person, die über die Schwelle einer Tür und sogleich danach über die einer zweiten tritt. Sie ist der Reisende, der vor dem Eintreten bereits genau weiß, wohin er gelangen will, und der dadurch die Verbindung zwischen den beiden Orten herstellt.«
    »Ihr habt mir gesagt, wo das Metall für die Schlüssel und Schlösser herkommt. Was ist mit dem Holz?«, fragte der Junge.
    Und gab sich wieder selbst die Antwort: »Das Holz ist noch seltener als das Metall. Es gibt auf der Erde nur drei Windwurzelbäume, deren Zwillinge in verborgenen Winkeln des Labyrinths gedeihen. Von zweien der oberirdischen Bäume heißt es, dass sie für Sterbliche nicht zugänglich sind und von derart furchtbaren Wächtern bewacht werden, dass sich sogar Unsterbliche nicht in ihre Nähe wagen. Der dritte wächst in einem privaten Park, bei einem Haus namens ›Villa Argo‹.«
    Auf dem Steg, an dem die
Metis
angebunden war, saßen inmitten herumfliegender Glühwürmchen die Gebrüder Schere, Julia, Rick und Tommaso und hörten gebannt Malarius Voynich zu.
    Als die Glühwürmchen begonnen hatten, durch die Höhle zu wirbeln, hatte Voynich sich auf den Steg gesetzt. Während er sich noch bemühte, genügend Mut aufzubringen, um an Bord zu gehen und sich von dem Schiff in einen Traumhafen fahren zu

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