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Ulysses Moore – Die steinernen Wächter

Ulysses Moore – Die steinernen Wächter

Titel: Ulysses Moore – Die steinernen Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierdomenico Baccalario
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Geh dich lieber waschen!«
    Doch Minaxo blieb einfach nur unbeweglich mitten im Buchladen stehen, so lange, dass dessen zierliche Besitzerin schließlich die Hände in die Hüften stemmte und ihn gereizt fragte: »Leonard, warum bist du wirklich gekommen?«
    Verlegen trat er eine Weile von einem Bein auf das andere. »Ich wollte Auf Wiedersehen sagen.«
    »Leonard ... nein«, murmelte Kalypso besorgt.
    »Ich kehre aufs Meer zurück. Ich suche weiter«, sagte der Leuchtturmwärter und drehte sich um.
    Als er den Laden verließ, klingelte die Türglocke wie verrückt.



Gleich nach Julias Anruf verabschiedete Rick sich von seiner Mutter, verließ das Haus, befestigte seine Uhr am Fahrradlenker und radelte die Klippenstraße hinauf. Während er mit aller Kraft in die Pedale trat, malte er sich bereits den Nachmittag aus, der vor ihm lag. Er hatte seine Mutter gefragt, was sie über Leonard Minaxo und Black Vulcano wisse, und konnte es nicht erwarten, die neuen Informationen mit Jason und Julia zu teilen, auch wenn es sich hierbei um keine aufsehenerregenden Erkenntnisse handelte: Leonard war schon immer ein wortkarger Einzelgänger gewesen. Über seine Familie war so gut wie nichts bekannt und niemand wusste, warum ausgerechnet er sich um den Leuchtturm kümmerte. Er hatte im Ort kaum Freunde, einer der wenigen war Ricks Vater gewesen. Was Black Vulcano betraf, so war auch er ein Einzelgänger: Der letzte Stationsvorsteher von Kilmore Cove hatte jahrelang im oberen Stockwerk des Bahnhofsgebäudes gewohnt. Als man die Eisenbahnstrecke stillgelegt hatte, war er klammheimlich verschwunden. Das war alles, was Rick in Erfahrung gebracht hatte, doch er fand, dass es immer noch besser war als nichts.
    In der ersten Kurve steigerte Rick das Tempo. Nach drei Tagen voll aufregender Abenteuer und rasanter Verfolgungsjagden fühlte er sich in Hochform. Und ihm war, als wäre er auf seinem Fahrrad nicht alleine, als sei ein unsichtbares Wesen bei ihm, das gemeinsam mit ihm in die Pedale trat. Jemand, der ihm Kraft, Sicherheit und Ruhe gab. Und der ihm auch dabei half, seine Mutter zu unterstützen.
    Rick lenkte sein Rad durch das Tor der Villa Argo und zu der Tür, die von der Küche in den Garten führte. Er rief nach Jason und, mit einem unerklärlichen Zittern in der Stimme, nach Julia. Wenn er darüber nachgedacht hätte, hätte er sich das Zittern natürlich leicht erklären können: Sie bedeutete ihm inzwischen sehr viel.
    »Guten Tag!«, begrüßte ihn Mrs Covenant, die aus einer der vielen Türen der Villa ins Freie hinaustrat. Sie machte einen gehetzten und zerzausten Eindruck.
    Rick grüßte höflich zurück und fragte nach den Zwillingen. Er erfuhr, dass sie soeben zum Strand hinuntergegangen waren, gemeinsam mit Nestor, der bereit gewesen war, sie zu begleiten.
    Es gab Rick einen Stich, dass sie nicht oben auf ihn gewartet hatten. Aber vielleicht war das, was er empfand, auch nicht Enttäuschung, sondern Neid. Neid darüber, dass die Villa Argo nicht sein Zuhause war. Dass der kleine Privatstrand nicht ihm gehörte. Auch wenn Nestor ihn ebenso wie Jason und Julia zum Ritter von Kilmore Cove ernannt hatte: Rick würde in diesem Haus immer ein Fremder bleiben.
    Ein Fremder, der die Villa vermutlich mehr liebte, als sich die Zwillinge vorstellen konnten.
    Mrs Covenant wartete, bis Rick ein Stück weit die Treppe in den Klippen hinuntergestiegen war. Netter Junge, dachte sie, während sie den Flur im Erdgeschoss entlangging. Vor dem großen Wandspiegel mit dem Goldrahmen auf der linken Seite blieb sie erschrocken stehen und starrte ihr Spiegelbild an.
    »Ojemine!«, jammerte sie leise. Ihre Frisur sah furchtbar aus, unter den Augen hatte sie schwarze Ringe und insgesamt wirkte sie völlig fertig und am Ende. Sie versuchte mit den Fingern ihre Haare in Ordnung zu bringen, doch an der Gesamtwirkung änderte dies wenig. »So sieht man also aus, wenn man umzieht!«
    Sie machte auf der Stelle kehrt und ging zum Telefon. Vergeblich versuchte sie ihren Mann über sein Handy zu erreichen. Sie stellte sich vor, wie er mit dem Architekten auf der Suche nach dem Möbelwagen irgendwelche verlassenen Landstraßen abfuhr, und musste unwillkürlich seufzen.
    Vielleicht, so überlegte sie, sollte man alles mit mehr Gelassenheit angehen, die Londoner Hektik abstreifen, sich an den ruhigen Rhythmus des Landlebens gewöhnen und neue Bekanntschaften schließen. Und sich insgesamt etwas mehr anpassen, anstatt ständig allem und jedem seinen

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