Um die Ecke gekusst
daran, wie schwer es war, einen anständigen Kerl zu finden, und genau das ist John nämlich, trotz allem, was Sie im Moment über ihn denken.
Würden Sie ihm bitte eine zweite Chance geben? Er ist völlig verrückt nach Ihnen â was ich beweisen kann. Und zwar mit Johns eigenen Worten aus den vielen Mails, die er mir in den vergangenen Wochen und Monaten geschickt hat. Vielleicht gelangen Sie ja zum selben Schluss wie ich, wenn Sie all das gelesen haben: Sie beide haben etwas gefunden, das nur wenigen Menschen zuteilwird â einen Seelenverwandten.
Also, was willst du wissen?
Ob sie geglaubt hat, dass ich wirklich Max Friedlander bin? Tut mir leid, wenn ich dich enttäuschen muss, aber das hat sie tatsächlich getan.
Ob ich Max Friedlander perfekt gespielt habe? Tja, muss ich wohl, sonst hätte sie ja nicht geglaubt, dass ich wirklich er bin.
Ob ich mich wie das letzte Schwein fühle, weil ich da mitspiele? Ja. Schande über mich.
Das Allerschlimmste ist aber ⦠na ja, genau das habe ich ja gerade geschrieben: Sie denkt, ich sei Max Friedlander . Max Friedlander, dieser undankbare Mistkerl, den es offenbar völlig kaltlässt, dass seine achtzigjährige Tante niedergeschlagen wurde.
Melissa lässt es aber nicht kalt.
So heiÃt sie. Die Rothaarige. Melissa. Ihre Freunde nennen sie Mel. Hat sie mir erzählt. »Die meisten nennen mich Mel«, hat sie wörtlich gesagt. Sie ist direkt nach dem College in die Stadt gezogen, was bedeutet, dass sie jetzt ungefähr siebenundzwanzig sein muss (sie hat erwähnt, dass sie seit fünf Jahren in New York lebt). Geboren und aufgewachsen ist sie in Lansing, Illinois. Hast du schon mal von Lansing, Illinois gehört? Ich kenne ein Lansing in Michigan, aber dass es auch eines in Illinois gibt, wusste ich bislang nicht. Sie sagt, es sei eine Kleinstadt und dass jeder »Oh, hi, Mel« rufe, wenn sie dort die HauptstraÃe entlanggeht.
Einfach so. »Oh, hi, Mel.«
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Sie hat mir auch gezeigt, wo Maxâ Tante das Hunde- und Katzenfutter aufbewahrt. Und sie hat mir erklärt, wo ich Nachschub kaufen kann, für den Fall der Fälle. Sie hat mir gesagt, welche Strecken Paco am liebsten läuft. Und sie hat mir gezeigt, wie ich einen Kater namens Mr. Peepers (ganz im Ernst, so heiÃt er wirklich) unterm Bett hervorlocken kann.
Und sie hat mich nach meiner Arbeit bei Save the Children ausgefragt. Und wie meine Reise nach Ãthiopien gewesen sei. Sie wollte wissen, ob ich meine Tante schon im Krankenhaus besucht hätte und ob es sehr schlimm für mich gewesen sei, sie so dort liegen zu sehen mit all den vielen Schläuchen. Sie hat meinen Arm gestreichelt und gemeint, ich solle mir keine allzu groÃen Sorgen machen, denn wenn einer wieder aus dem Koma erwachen würde, dann meine Tante Helen.
Und ich habe einfach nur dagestanden, dämlich gegrinst und so getan, als sei ich Max Friedlander.
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Ich habe dieses unglaublich tolle Mädchen kennen gelernt. Und ich meine es genau so, wie ich es sage: Mel ist der Wahnsinn, Stace. Sie mag Tornados und Blues, Bier und alles, was mit Serienkillern zu tun hat. Sie verschlingt Promiklatsch und -tratsch genauso begeistert wie einen Teller voller Schweinefleisch mit Pilzen und Gemüse, sie trägt Schuhe mit Absätzen, die viel zu hoch für sie sind, in denen sie aber ganz fabelhaft aussieht â genauso fabelhaft wie in Sneakers und Jogginghosen.
Und sie ist richtig nett . Ich meine, wirklich und ehrlich und vom Grunde ihres Herzens aus nett. In einer Stadt, in der niemand seine Nachbarn kennt, kennt sie ihre Nachbarin nicht nur ziemlich gut, sondern kümmert sich auch noch um sie. Und sie lebt in Manhattan . In Manhattan, wo die Leute ohne mit der Wimper zu zucken über Obdachlose steigen, um in ihr Lieblingsrestaurant hineinzukommen. Lansing, Illinois (13 000 Einwohner) scheint sie vorher nie verlassen zu haben.
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Ich habe dieses unglaublich tolle Mädchen kennen gelernt.
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Und ich kann ihr nicht einmal meinen richtigen Namen verraten. Weil sie nämlich denkt, ich sei Max Friedlander.
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Ich weiÃ, was du gleich sagen wirst, ich weià es ganz genau, Stace. Aber meine Antwort lautet: Nein. Ich kann nicht. Ich könnte es vielleicht, wenn ich nicht von vornherein geschwindelt hätte. Wenn ich gleich bei unserer ersten Begegnung gesagt hätte: »Hör mal, ich bin nicht Max. Max konnte so schnell nicht
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