Um die Wurst (German Edition)
mich.«
»Klar.«
»Sie stellen dort ein Expertenteam zusammen, das international vernetzt werden soll. Ich kann davon nur profitieren. So oft flattern solche Angebote nicht herein.«
»Verstehe. Viel Glück.« Belledin zwang sich zu einem Händedruck.
»Den Fall ziehe ich selbstverständlich noch mit Ihnen durch.«
»Dann bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob ich ihn wirklich so rasch lösen will.«
Spitznagel errötete leicht.
»Heute Nachmittag erwarte ich die ersten Ergebnisse.« Belledins Stimme gewann wieder die gewohnte Strenge. »Wer zum BKA will, wird hier nicht trödeln wollen.«
Spitznagel nickte und trottete ab. Belledin hoffte, dass sie wenigstens ein wenig Abschiedsschmerz verspüren würde. Zehn Jahre arbeiteten sie bereits zusammen. Und sie waren eingespielt. Jetzt stand der Karrieresprung an. Nach Wiesbaden. Zu den Affen vom BKA . Ausgerechnet.
Belledins Blick fiel auf das Theresianum. Dorthin waren sie in der achten Klasse ausgelagert worden, weil im Gymnasium unten zu wenig Räume zur Verfügung gestanden hatten. Es war ein tolles Jahr gewesen. Es hatte etwas Elitäres gehabt, eigene Räume zu beleben. So hatte sich Belledin ein Internat vorgestellt. Er hatte gerne davon geträumt, etwas Besseres zu sein. Vielleicht fuchste es ihn gerade deswegen, dass Spitznagel nach Wiesbaden ging. Zu den Besseren.
Er würde nicht länger auf Stark warten. Es schien ihm dringlich, das Gymnasium unter die Lupe zu nehmen.
*
Bärbel saß fassungslos im Büro des Direktors und sah abwechselnd von Belledin zu Gugel. Auch Gugel, dem es sonst nicht an Sprachwitz mangelte, schwieg.
Bärbel hatte schon nach der vierten Stunde unterrichtsfrei gehabt; deshalb hatte sie Zeit gehabt, zu Killian zu fahren. Danach war sie noch einmal in die Schule gekommen, um Flugblätter für die am Samstag geplante Demo gegen Tierquälerei zu kopieren, und war im Flur vor dem Lehrerzimmer Belledin begegnet. Da sie sich kannten, hatte er sie gleich mit zum Direktor genommen. Sie konnte nicht fassen, was geschehen war. Sie zitterte.
»Hatte er im Kollegium vielleicht Feinde?«, fragte Belledin.
Bärbel und Gugel sahen sich an.
»Er war erst seit einem Dreivierteljahr hier im Dienst. Und dafür hat er sich recht schnell eine starke Position innerhalb des Kollegiums verschafft. Er ging auf Leute zu, brachte Leben in manche Routine. Ich war sehr froh, dass wir ihn hatten.« Gugel atmete tief durch, um seine Betroffenheit über das plötzliche Ableben von Erik Schwarz zu unterstreichen.
»Das heißt, er könnte auch alte Hierarchien gefährdet haben?«, fragte Belledin. »Wenn jemand neu kommt, kann das für den einen eine frische Brise bedeuten, bei anderen allerdings auch einen Orkan auslösen.«
»Ich glaube nicht, dass jemand aus dem Kollegium zu einer solchen Tat fähig wäre«, sagte Gugel. »Wir sind doch keine Tiere.«
»Sind wir nicht? Da haben Sie wohl recht. Sonst würden wir uns Tieren gegenüber auch nicht so menschlich verhalten«, schoss es aus Bärbel heraus.
»Herrje, Frau Engler. Fassen Sie Ihren Fokus doch mal etwas weiter. Ihren Sinn für Tierschutz in Ehren, aber Sie reduzieren ja bald alles darauf.«
»Ich wollte damit nur sagen, dass ein Tier niemals einen solch bestialischen Mord begehen würde. Dazu sind nur Menschen imstande.«
»Bestialisch? Kommt von ›Bestia‹ , lateinisch: ›Tier‹. Wenn, dann müsste es in Ihrem Sinne ›einen solch humanen Mord‹ heißen.« Gugel gefiel sich als Oberlehrer.
»Schluss damit! Es geht hier nicht um Tierschutz und Latein, sondern um einen Mord, den ich möglichst schnell aufklären will.« Belledin war laut geworden. Seine Stimme erinnerte ihn an den alten Direktor Klein, der ihn in diesem Zimmer einst zusammengestaucht hatte. Ihm gefiel die späte Revanche.
»Es geht womöglich doch mehr um Tierschutz, als du glaubst«, sagte Bärbel.
»Inwiefern?«
Bärbel zog ein Flugblatt aus ihrer Lehrertasche und reichte es Belledin. Er überflog es. »Und? Was hat das mit Schwarz zu tun?«
»Er ist der Autor des Aufrufs. Und er ist die treibende Kraft unseres Protests.«
»War die treibende Kraft«, verbesserte Belledin. »Glaubst du, dass jemand den Tierschützern an den Kragen will?«
»Der Fleischhandel ist ein Millionengeschäft. Da bedeutet Zeit Geld. Das Leben eines Tieres zählt nichts, nur das verkaufte Stück Fleisch. Solange ein Tier lebt, kostet es. Erst wenn es tot ist, verdient man damit. Die Rechnung ist einfach: Je schneller gemästet und
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