Um die Wurst (German Edition)
gerast und dabei gestorben war.
Blieb noch Daniela Walter.
Über sie wusste der Rechner nichts. Stark würde morgen in Heppenheim anrufen müssen. Sie notierte sich auch das. Dann nahm sie ein leeres Blatt Papier und fasste darauf zusammen, was sie bereits wusste und was sie als Nächstes zu erledigen hatte. Das eine war, den Laptop von Belledin zu untersuchen. Vielleicht waren die Viren nur ein Ablenkungsmanöver, hinter dem sich die eigentliche Information verbarg. Es gab solche Programme; sie hatte sie selbst schon verwendet, um sich vor unbefugten Einsichten zu schützen.
Das andere war, Schwarz’ undurchsichtige Vergangenheit genauer zu durchleuchten. Warum hatte Daniela Walter die Anzeige zurückgezogen? Lag da ein Tatmotiv?
Sie fuhr den Computer runter und packte zusammen. Dann steckte sie sich eine Zigarette in den Mund, wohl wissend, dass man in öffentlichen Gebäuden nicht mehr rauchen durfte. Deswegen zündete sie das Kraut auch nicht an. Sie wollte keinen Ärger mit der Aschenbrenner und der Sprinkleranlage. Der altgedienten Sachbearbeiterin war sie sowieso ein Dorn im Auge. Bislang war sie die einzige Frau auf der Etage gewesen, jetzt kam mit einem Mal eine achtundzwanzigjährige Kettenraucherin in Lederjacke und Cowboystiefeln, die ihr auch noch Anweisungen geben durfte. Für Aschenbrenner wäre es ein gefundenes Fressen, wenn sich Stark eine Kippe anstecken würde.
Sie rollte sie lässig in den Mundwinkel, schulterte ihre abgetragene Lederjacke und ging an Aschenbrenners Büro vorbei.
»Schönen Abend«, sagte sie.
Aschenbrenner sah hinter ihrem Schreibtisch hoch, nickte wortlos und widmete sich wieder dem Ordner, den sie gerade bearbeitete.
»Machen Sie nicht mehr zu lang.«
Wieder nur ein wortloses Nicken.
Stark überlegte kurz, ob sie die Zigarette jetzt anzünden sollte, um von Aschenbrenner dadurch eine sichtbarere Reaktion zu bekommen. Und tat es. Ihr Zippo ließ eine große Flamme lodern, mit einem Zug war der Tabak zum Glimmen gebracht, Qualm zog in Aschenbrenners Büro.
Stark drehte sich weg und ging den Korridor zum Ausgang entlang. Hinter sich hörte sie Aschenbrenner keifen. Wenigstens nickte sie nun nicht mehr wortlos. Stark drückte die Zigarette aus und ging zurück. Als sie vor Aschenbrenner stand, streckte sie die Hand aus.
»Entschuldigung. War nicht gegen Sie. Manchmal leide ich wohl unter einem Aufmerksamkeitsdefizit.«
Aschenbrenner schlug ein. Ihre Hand war weich und freundlich. Ihr Lächeln auch. Stark hatte ihr zu Unrecht Feindseligkeit unterstellt. Sie sah überall Feinde. Kein Wunder, wenn man so verraten worden war wie sie. Und selbst eine Verräterin war.
*
Bärbel stand gelähmt in ihrer Wohnung und sah sich das Chaos an, das unbekannte Eindringlinge verursacht hatten. Schubladen waren aus den Schränken gerissen, Kleider und Papiere lagen verstreut auf dem Parkett. Die Küche glich einem Schlachtfeld. Nicht einmal Swinthas Zimmer hatten sie verschont.
Bärbel wagte es nicht, sich zu bewegen. Sie starrte auf die fetten blutroten Lettern, die an die weiße Wand des Korridors geschmiert worden waren: »Wir ziehen euch das Fell über die Ohren!«
Sie tastete nach der Lehne eines Stuhls, um die Balance zu halten, und setzte sich dann darauf. Verstört schloss sie die Augen und überlegte, was als Nächstes zu tun sei. Belledin oder Killian? Sie entschied sich für beide. Aber Killian zuerst. Sie zog ihr Handy aus der Tasche, zögerte, weil sie im Treppenhaus ein Geräusch vernahm. Wieso war da jemand? Außer Swintha besaß sonst niemand einen Schlüssel. Kam sie etwa überraschend zu Besuch? Ausgerechnet jetzt? Bärbel durfte sich nicht verleiten lassen. Swintha konnte es nicht sein, sie befand sich irgendwo in Skandinavien, um Elche zu fotografieren.
Bärbel war sich sicher: Sie kamen zurück. Sie hatten draußen versteckt gewartet, bis sie in der Wohnung war, weil sie nicht gefunden hatten, wonach sie suchten. Und jetzt kamen sie, um ihr das Fell über die Ohren zu ziehen. So stand es an der Wand geschrieben. Erst Erik, jetzt sie.
Die Holzstufen der Flurtreppe knarzten. Hörbar kamen sie näher. Es war ein schwerer Schritt, nur eine Person. Bärbel sah sich um und fasste einen Lampenfuß. Dann schlich sie hinter die Wohnungstür und wartete auf den Metzger, der ihr zu Leibe rücken wollte. Sie holte aus und hielt inne, als sie den Mann erkannte, der im Türrahmen erschien und sie verdutzt ansah.
»Holger«, stammelte sie und ließ den Arm sinken.
»Wie
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