Um die Wurst (German Edition)
bereitete sie ihm alles vor. Hilflos stand er auf den Terrakottaplatten und starrte in die überfüllten Schränke.
Er riss eine der Plastiktüten auf und schnappte sich ein Bündel Wienerle, in die er biss, als würde ein ausgehungerter Löwe ein Gnu reißen. Gleich ging es ihm besser. Wie den Asthmatiker das Kortison-Spray, so beruhigte der Geschmack von verwurstetem Schwein Belledins Gemüt.
Er schnappte sich noch geräucherten Schwarzwälder Schinken und einen Aufschnitt mit Pfeffersalami und ging ins Wohnzimmer an den Rechner, der längst betriebsbereit auf Anweisung wartete.
Belledin steckte den USB -Stick ein. Es war nur eine Datei darauf. Unverschlüsselt, in simplem Word-Format. Er klickte sie an und erwartete, dass nun in großen Lettern der Name des Mörders erschien. Aber es kam anders.
In Belledin kochte es wieder. Warum konnte nichts so sein, wie man es sich wünschte? Warum musste man auch im Frühling immer auf den Mittwoch warten? Warum lauerten Bratlinge in der Röhre, wenn man sich auf Fleisch freute? Warum glaubte ein Toter, dessen Mord man zu klären hatte, dass er einen zum Narren halten durfte?
Belledin griff zum Telefon und wählte das Revier an.
*
»Bringen Sie den Laptop morgen mit, oder soll ich heute noch bei Ihnen vorbeikommen? – Gut. Dann bis morgen.«
Stark legte auf. Da hatte Schwarz sich einen schönen Streich ausgedacht. Der USB -Stick war ein mit Viren verseuchter Datenträger, der jeden Rechner sofort lahmlegte und ihm alles von der Platte fraß. Belledin würde seinen Laptop von Grund auf sanieren lassen müssen, oder er konnte ihn wegschmeißen.
Wozu aber der Tresor? Schwarz musste brisantes Material gehabt haben, nur als Falle hatte er den Tresor bestimmt nicht in seinen Schrank einbauen lassen. Hatte er gewusst, dass man ihn lynchen wollte, und den Tresor nicht mehr als sicher genug empfunden? Schließlich war es für sie ein Kinderspiel gewesen, ihn zu knacken. Wenn die Gegenseite ihm einen Profi an die Fersen geheftet hatte, hätte der ihn ebenso leicht öffnen können.
Aber wer war die Gegenseite? Tatsächlich die Fleischer-Lobby? Sie musste mehr über den Toten erfahren.
Sie setzte sich hinter ihren Schreibtisch und fuhr den Rechner hoch. Auf dem Pass stand, dass Schwarz in Frankfurt geboren war. Sie loggte sich in die interne Datenbank ein und musste nicht lange warten, bis die Informationen auf dem Bildschirm leuchteten.
Gegen Schwarz war zweimal Anzeige erstattet worden. Einmal wegen Vandalismus im Frankfurter Waldstadion, als es noch so hieß, und einmal wegen Verführung Minderjähriger. In beiden Fällen war er nicht verurteilt worden. Bei der Randale während des Fußballspiels war ein Fan der gegnerischen Mannschaft zum Krüppel getreten worden. Auf dem Foto der Videoüberwachung, das den Tatvorgang zeigte, war Schwarz im Hintergrund mit einer Eisenstange zu sehen. Aber er hielt sie nur in der Hand, man sah ihn nicht zuschlagen. Zu wenig, um ihn zur Verantwortung zu ziehen. In dem Fall hatten die zwei Tretenden zu bluten gehabt. Der eine hieß Olaf Grabowski, der andere Hans Spiegelhalter.
Stark stutzte. Hieß nicht einer der Schießer vom Schlachthof Spiegelhalter? Sie notierte sich den Namen und würde gleich nach ihm recherchieren. Erst wollte sie etwas über die zweite Anklage erfahren. Eine siebzehnjährige Schülerin, Daniela Walter, hatte Anzeige wegen sexueller Belästigung erstattet, die Anzeige dann aber wieder zurückgezogen. Es war nicht zum Verfahren gekommen, der Vorfall dennoch vermerkt.
Schwarz war zu dem Zeitpunkt Lehrer an der Birkenwaldschule in Heppenheim gewesen – wie man heute wusste, ein Brutkasten der Doppelmoral. Die Kollegen aus Hessen hatten Schwarz verhört, obwohl die Anzeige schon zurückgezogen worden war. Vielleicht hatten sie ihm auf den Zahn fühlen wollen in der Hoffnung, dass er noch ganz andere Dinge ausplaudern würde. Aber er hatte nichts preisgegeben.
Das war vor drei Jahren gewesen. Schwarz hatte dann die Birkenwaldschule verlassen und ein Jahr an der Freien Schule Freiburg unterrichtet. Anschließend war er zu einer einjährigen Fortbildung in Oslo gewesen, ehe er zu Beginn des neuen Schuljahres in Breisach angeheuert hatte.
Stark tippte »Hans Spiegelhalter« in das Suchfeld. Es ergab einen Treffer unter den Vorbestraften. Allerdings konnte es sich nicht um den Spiegelhalter vom Schlachthof handeln, weil Hans vor zwei Jahren nach einem Auswärtsspiel seiner Eintracht besoffen gegen einen Brückenpfeiler
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