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Um die Wurst (German Edition)

Um die Wurst (German Edition)

Titel: Um die Wurst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
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Die knöpfe ich mir nach der Schule vor.«
    Stark zog vorsichtig ihre Lederjacke aus dem improvisierten Kissenbündel und warf sie sich über.
    »Dann bis später«, sagte sie und war fort.
    Belledin blieb irritiert zurück. So warmherzig sich Stark eben um ihn gekümmert hatte, so unnahbar war sie mit einem Mal geworden. Hatte er etwas Falsches gesagt? Oder war sie einfach nur so strukturiert, dass sie in jeder Situation zielgerecht handelte? Sie kam ihm vor wie eine Maschine, die nach dem Polizeibuch agierte. Die perfekte Schülerin. Und trotzdem war sie rotzig und alles andere als ein Spießer. Er wurde aus ihr nicht schlau. Sie zwang ihn, seinen kriminalistischen Schlendrian in den Griff zu bekommen. Hatte er bei Wagner noch intuitiv agieren können, forderte ihn Stark zu analytischem Denken.
    Er schwang sich von der Pritsche. Etwas zu schnell. Die Beule verpasste ihm wieder einen Stich.
    *
    Der Stich war mit Abstand der beste, den Spiegelhalter für heute gesetzt hatte. Das Blut spritzte in hohem Bogen aus der Kehle der Sau und traf ihn mitten ins Gesicht. Ein kurzes Lachen, schon hing das nächste Tier vor ihm. Wieder stach er zu. Der Erfolg des vorigen Stiches blieb ihm diesmal versagt, der Stich ging daneben. Die Sau wanderte quiekend zur nächsten Station. Das Brühen würde sie zum Schweigen bringen.
    Killian war kurz stehen geblieben und hatte sich von Spiegelhalters Töten fangen lassen. Aus dem Schweinekopf war ein Mensch geworden.
    Was brächte es, wenn er hier Fotos knipsen oder enthüllende Filme drehen würde? Was hier geschah, war zwar abstoßend, aber dem Gesetz entsprechend. Was hatte es gebracht, dass er die Leichenberge von Massengräbern fotografiert hatte? Der Zeitung eine hohe Auflage. Für ein paar Tage. Dann wurde das Bild von einem blitzenden Busen bei der Oscar-Verleihung oder vom Finale der Fußballweltmeisterschaft verdrängt und zum Archivmaterial verdammt. Das Verfallsdatum einer Neuigkeit war rasch überschritten.
    Und trotzdem. Durfte er hier wegsehen? Durfte Leben, auch wenn es das von Tieren war, so grausam ein Ende gesetzt werden? Mit Ethik würde man die Fleischesser nicht überzeugen. Aber die Tatsache, dass durch die quälende Art des Transports und der Schlachtung das Fleisch derart mit Adrenalin vollgepumpt war, konnte die Konsumenten schocken. Erst wenn es ans eigene Fleisch ging, sorgte sich der Mensch.
    »Mir schaffe nit bei der Poscht!«, rief jemand durch die Halle.
    Killian drehte sich nach der Stimme um. Es war Gotthard, der darauf wartete, dass er mit dem geleerten Trog wieder zurückkam.
    Killian schob den Zinktrog hinaus zu den Containern, in denen der Tiermüll entsorgt wurde. Ob man daraus Hundefutter machte oder tatsächlich Weingummi, er wusste es nicht. Vielleicht fertigte die Pharma-Industrie teure Medikamente daraus, die den Kilopreis eines guten Filets weit hinter sich ließen? Schweinsohrenextrakt gegen Prostatakrebs? Alles war möglich.
    Er schob den geleerten Bottich durch die Halle zurück. Diesmal verweilte er nicht bei Spiegelhalter. Er merkte nur, wie ihn ein Blutstrahl an der Schulter traf, und hörte Spiegelhalters triumphales Lachen hinter sich. Der Blick auf die mit Blut beschossene Schulter löste eine Bilderflut in ihm aus. Er wollte jetzt nicht an Rohina denken. Es war das Blut einer gestochenen Sau auf seiner Schulter, nicht der in Fetzen gerissene Unterleib seiner großen Liebe.
    Er zwang sich aus den Erinnerungen und steuerte mechanisch auf Gotthard zu.
    »Jetzt isch glei Mittag. Noch ein Zuber, dann kannsch Paus mache. Aber vorher geht nix.«
    Killian glaubte so etwas wie Wärme in Gotthards Stimme gehört zu haben. An diesem Ort der Kälte so fremd wie das Teilen des Mantels vom heiligen Martin.
    Ein Schrei zerschnitt die Halle. Eine Frau, die in ihrem Chanel-Kostüm so gar nicht zwischen all die Schürzen und Hygieneapparaturen der Schlachthalle passte, stürmte kreischend an den stummen Schweinen entlang, passierte Spiegelhalter, rannte an Staude vorbei und fiel Gotthard schluchzend in die Arme.
    *
    Diesmal hatte der Mörder seinem Opfer das Gesicht noch gelassen. Zumindest das, was davon übrig geblieben war. Der Bolzenschuss hatte Ginters Gesicht derart verunstaltet, dass man ihn gut kennen musste, um ihn zu identifizieren.
    Britta Vogt hatte ihn gut gekannt. Sie hatte sogar ein Verhältnis mit ihm gehabt. Heimlich. Zumindest hatten sie beide geglaubt, dass sie es heimlich taten. Tatsächlich wusste der ganze Laden, dass sie

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