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Um die Wurst (German Edition)

Um die Wurst (German Edition)

Titel: Um die Wurst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
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die mit Kartoffelbrei und Jägersoße auf dem Teller lagen. Hier ging man mit dem Tod alltäglicher um. Auch wenn es der vom Chef war. Oder wussten sie etwa noch nichts davon?
    Todesnachrichten verbreiteten sich schnell. Wenn Ginter aber nie in die Kantine gekommen war, kannten die meisten ihn wohl nur vom Einstellungsgespräch und von der Weihnachtsfeier.
    Belledin hielt dem Koch, der das Essen ausgab, die Dienstmarke vors Gesicht und sagte: »Eine Haxe reicht. Dafür darf’s mehr Kartoffelbrei sein. Mit viel Soße.«
    Der Koch agierte wortlos und klatschte zwei Kellen Kartoffelbrei auf Belledins Teller.
    »Wo sitzt Erdogan?«, fragte er.
    Der Koch deutete mit der Kelle an einen Tisch. Belledin sah hinüber.
    »Der mit dem Schnäuzer?«
    »Daran erkennsch de Türk«, sagte der Koch und grinste frech.
    Belledin strich sich mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand über den Oberlippenbart, zahlte und steuerte mit seinem Tablett auf den Tisch zu, an dem Erdogan gemeinsam mit den Kollegen aß und laut diskutierte. Ihm rutschte beinahe das Tablett aus der Hand, als er erkannte, wer da mit den Metzgern in Arbeitskluft am Tisch saß und stumm seine Gulaschsuppe löffelte.
    Er kannte Killian, seit sie auf Bötzingens Straßen gemeinsam gegen den Ball getreten hatten. Und sie waren auf dieselben Schulen gegangen. Erst auf die Grundschule Wilhelm-August-Lay in Bötzingen, später dann aufs Martin-Schongauer-Gymnasium in Breisach. Belledin war fünf Jahre älter, aber Killian hatte sich schon früh an die Größeren gehängt, um sich mit ihnen zu messen. Und er hatte dabei sogar oft auch noch gewonnen. Das hatte Belledin nie geschmeckt. Er selbst war kein begnadeter Fußballer gewesen, hatte auf der Straße mit seiner Schnelligkeit und seiner Körperkraft gepunktet. Killian hingegen spielte einen feinen Ball, galt als Riesentalent. Und irgendwann war er dann weg gewesen. Irgendwo am Puls der Weltgeschichte, den Krieg fotografieren. Auch da wollte er sich mit den Großen messen, auch da brillierte er als Riesentalent.
    Vor drei Jahren war Killian wieder an den Kaiserstuhl zurückgekommen, nach zwanzig Jahren Dauerkrieg. Übel hatte er ausgesehen, als Belledin ihm zum ersten Mal wieder begegnet war. Jetzt sah er allerdings auch nicht viel besser aus. Belledin wusste, dass er immer wieder von Leuten angeheuert wurde, die ihn für brisante Fotos hinter die Linien des Krieges schickten. Ob es sich dabei um den Mossad oder die CIA handelte, konnte er nur raten. Und er wünschte, Killian würde jetzt in Syrien in einem Beduinenzelt Skorpione fotografieren, statt hier im Schlachthof Gulasch zu löffeln. Denn der Kriegsfotograf schien sich am Kaiserstuhl zu langweilen, wenn er nicht in der Nähe von Toten agierte. Jedenfalls war es ihm zur Gewohnheit geworden, sich regelmäßig in Belledins Fälle einzumischen. Das passte ihm gar nicht. Er brauchte keine kleinen Riesentalente, die sich mit den Großen maßen und am Ende noch das Spiel gewannen. Weder beim Fußball auf der Straße noch beim Ermitteln.
    Killian warf ihm einen Blick zu, der ihm bedeuten sollte, nicht zu verraten, dass sie sich kannten. Der Kerl schien tatsächlich in geheimer Sache unterwegs zu sein. Wozu sollte er sonst im Schlachthof schuften? Wenn er tatsächlich für die großen Geheimdienste arbeitete, war sein Konto voll genug, da bräuchte es keinen Extrajob auf dem Schlachthof.
    Belledin tat Killian den Gefallen, würde ihn aber bald über dessen Absichten befragen.
    »Belledin, Kriminalpolizei. Mahlzeit«, sagte er und setzte sich mit an den Tisch.
    Die Metzger kauten und nickten. Erdogan, der zuvor noch laute Reden geschwungen hatte, schwieg ebenfalls und schaufelte Kartoffelbrei auf seinen Löffel.
    »Wie viele Bolzenschussapparate gibt es hier?«, fragte Belledin in die Runde.
    Die Männer samt Killian blickten auf Erdogan. Der schob sich die Ladung Kartoffelbrei in den Mund und tat, als müsste er ihn lange kauen. Als er endlich geschluckt hatte, sagte er: »Drei.«
    »Und wo sind die?«
    »Mit einem schieß ich, der zweite liegt als Ersatz danebe, und de dritte isch in meinem Spind.«
    »Dürfte ich die gleich mal sehen?«
    »Jetzt? Ich hab Paus.«
    »Ich aber nicht«, sagte Belledin und schaufelte ebenfalls Kartoffelbrei.
    Erdogan stand auf und nahm sein Tablett vom Tisch. »Soll ich alle drei hole, oder komme Sie mit?«, fragte er.
    Belledin biss ein kräftiges Stück aus der Haxe und kaute genüsslich. »Zu schade. Aber ich muss.«
    Er schob den

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