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Um Haaresbreite

Um Haaresbreite

Titel: Um Haaresbreite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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Rauchwolke.
    Epstein prüfte das Ergebnis mit einem Fernrohr, schüttete dann eine neue Ladung Schießpulver in den langen Lauf.
    »Die Indianer hätten dich längst erwischt, bevor du dieses Museumsstück wieder geladen hast«, bemerkte Pitt grinsend.
    Epsteins Augen leuchteten auf. »Ich werde dir mal zeigen, daß ich vier Schüsse in der Minute abfeuern kann, wenn ich mich beeile.« Er stopfte etwas Kissenfutter in den Lauf, schob eine kleine Bleikugel nach. »Ich habe versucht, dich anzurufen.«
    »Ich war unterwegs«, antwortete Pitt kurz. Er nickte zu der Flinte hin. »Was ist das für ein Ding?«
    »Ein Steinschloßgewehr. Brown Bess, Kaliber fünfundsiebzig.
    Wurde während unseres Unabhängigkeitskrieges von den britischen Soldaten benutzt.« Er reichte Pitt die Waffe. »Willst du’s mal versuchen?«
    Pitt setzte sich auf die Bank und visierte das hundert Meter entfernte Ziel an. »Hast du etwas in Erfahrung bringen können?«
    »Kleine Bruchstücke auf Mikrofilm im Zeitungsarchiv.«
    Epstein schüttete etwas Schießpulver in die Zündpfanne der Flinte. »Der Trick ist, daß du nicht zucken darfst, wenn die Lunte das Pulver in der Pfanne zündet.«
    Pitt zog den Hebel zurück. Dann zielte er und drückte auf den Abzug. Die Zündung blitzte fast in seinen Augen auf, und einen Augenblick später explodierte die Ladung im Lauf, wobei der Rückschlag so stark war, daß er ihm beinahe die Schulter ausrenkte.
    Epstein blickte durch das Fernrohr. »Zwanzig Zentimeter, halb rechts oben über dem Nullpunkt. Nicht schlecht für einen Stadtfatzken.« Eine Stimme aus dem Lautsprecher verkündete die Einstellung des Feuers, und die Schützen legten ihre Waffen nieder, gingen über den Rasen, um die Zielscheiben auszuwechseln. »Komm mit, und ich erzähle dir, was ich gefunden habe.«
    Pitt nickte schweigend und folgte Epstein zu den Zielscheiben.
    »Du hast mir zwei Namen angegeben: Richard Essex und Harvey Shields. Essex war Unterstaatssekretär. Shields war sein britischer Gegenpart, stellvertretender Sekretär des Foreign Office. Zwei richtige Arbeitspferde und Karrierebeamte. Über beide kam sehr wenig in die Öffentlichkeit. Sie arbeiteten hinter den Kulissen. Allem Anschein nach waren sie Schattenfiguren.«
    »Das ist doch nur die Glasur vom Kuchen, Joe. Da muß noch mehr sein.«
    »Nicht viel. Soweit ich es herausbringen konnte, sind sie einander nie begegnet, wenigstens nicht offiziell.«
    »Ich habe ein Foto von ihnen, wie sie beide aus dem Weißen Haus kommen.« Epstein zuckte die Schulter. »Meine vierhundertste falsche Schlußfolgerung des Jahres.«
    »Was wurde aus Shields?«
    »Er ertrank auf der
Empress of Ireland

    »Über die
Empress
weiß ich Bescheid. Ein Passagierschiff der Überseelinie, das im St. Lawrence unterging, nachdem es mit einem norwegischen Kohlenfrachter zusammengestoßen war.
    Über tausend Menschen kamen um.«
    Epstein nickte. »Ich hatte nie davon gehört, bis ich Shields Nachruf las. Es war eine der größten Schiffskatastrophen in jener Zeit.«
    »Seltsam. Die
Empress,
die
Titanic
und die
Lusitania
sind alle in Abständen von je drei Jahren untergegangen.«
    »Jedenfalls wurde Shields Leiche nie geborgen. Die Familie veranstaltete einen Gedenkgottesdienst in einem Dorf in Wales, dessen Namen kein Mensch aussprechen kann. Das ist alles, was ich dir über Harvey Shields sagen kann.«
    Sie kamen an die Zielscheiben, und Epstein sah sich die Einschüsse an. »Alles um etwa fünfzehn Zentimeter vorbei«, bemerkte er. »Ganz schön für einen alten Vorderlader.«
    »Eine Kugel vom Kaliber fünfundsiebzig macht wirklich ein scheußliches Loch«, sagte Pitt mit einem Blick auf die zerfetzte Zielscheibe.
    »Stell dir mal vor, wenn so was ins Fleisch geht.«
    »Lieber nicht.«
    Epstein wechselte die Scheibe aus, und sie gingen zur Schußlinie zurück.
    »Und was ist mit Essex?« fragte Pitt.
    »Was kann ich dir da noch erzählen? Du weißt doch bereits alles.«
    »Wie er starb, zunächst einmal.«
    »Eine Eisenbahnkatastrophe«, antwortete Epstein.
    »Brückeneinsturz über dem Hudson River. Hundert Tote. Essex war einer von ihnen.«
    Pitt dachte einen Augenblick nach. »Irgendwo in den alten Akten des Countys, wo der Unfall sich ereignete, müßte doch eine Liste der Sachen sein, die man bei der Leiche fand.«
    »Sehr unwahrscheinlich.«
    »Warum sagst du das?«
    »Hier berühren wir eine höchst interessante Parallele zwischen Essex und Shields.« Er hielt inne und blickte Pitt an.

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