Um Haaresbreite
Vertrags, falls es existiert, verdammt schnell haben will.« Der Admiral schüttelte den Kopf. »Ich weiß allerdings weder, warum dieses nasse, fünfundsiebzig Jahre alte Stück Papier der Regierung so wichtig ist, noch warum es damit eine solche Eile hat, denn der Luxus, mir darüber Gedanken zu machen, wurde mir nicht gewährt. Dirk hat recht. Wir haben keine Zeit, die Projekte in aller Ruhe nacheinander durchzuführen.«
Giordino warf Pitt einen Blick zu und seufzte. »Na schön, dann schlagen wir halt zwei Fliegen mit einer Klappe.«
»Mit zwei Klappen«, berichtigte ihn Pitt. »Während eine Bergungsexpedition sich im Rumpf des Schiffs voranarbeitet, sucht ein zweites Team im Hudson nach dem
Manhattan Limited
oder, genauer gesagt, nach dem Sonderwagen der Regierung, in dem Richard Essex reiste.«
»Wie lange brauchen wir, um die Sache in Gang zu setzen?«
fragte Sandecker.
Pitt bückte vor sich hin, überlegte. »Achtundvierzig Stunden, um eine Mannschaft und Ausrüstung zusammenzustellen, vierundzwanzig, um ein Schiff zu beladen und der Aufgabe entsprechend einzurichten. Dann sollten wir bei günstigem Wetter in fünf Tagen über dem Wrack der
Empress
ankern können.«
»Und der
Manhattan Limited
!«
»Ich kann bis morgen ein Boot mit Magnetometer, Flächenecholot und Schichtenprofilmesser bereitstellen«, erbot sich Giordino.
Sandecker hielt die Zeitangaben für ziemlich optimistisch, aber er ließ es sich nicht anmerken.
Seine Leute waren schließlich die besten in diesem Geschäft, und sie hatten ihn selten enttäuscht. Er stand auf und nickte Giordino zu.
»Al, Sie übernehmen die Suche nach dem
Manhattan Limited
.
Rudi, Sie leiten die Bergungsexpedition der
Empress of Ireland
.« Er wandte sich an Pitt. »Dirk, Sie sind der Direktor der kombinierten Unternehmen.«
»Und wo soll
ich
mit der Arbeit beginnen?« fragte Heidi.
»Beim Schiff. Die Blaupausen der Reederei, die Pläne der verschiedenen Decks, die genaue Lage der Kabine Harve y Shields. Alle nur möglichen Daten, die uns zu den Verträgen führen können.«
Heidi nickte. »Die öffentliche Untersuchung über das Schiffsunglück wurde in Quebec abgehalten. Ich werde mir zuerst einmal die entsprechenden Protokolle ansehen. Ihre Sekretärin kann mich für den nächsten Flug buchen lassen. Ich bin bereit.«
Sie sah geistig und körperlich erschöpft aus, aber Sandecker stand zu sehr unter Zeitdruck, um ihr galanterweise ein paar Stunden Schlaf anzubieten. Er schwieg eine Weile, blickte die entschlossenen Gesichter an.
»Gut«, sagte er ungerührt. »Tun wir es.«
39
General Morris Simms fühlte sich seltsam fehl am Platze, als er in der Verkleidung eines Anglers mit einer Rute aus Rohr und einem Flechtkorb den ausgetretenen Pfad zum Blackwater-Fluß in der Nähe des Dorfes Seward’s End in Essex hinunterging. Am Ufer, unter einer malerischen Steinbrücke, blieb er stehen und nickte grüßend einem Mann zu, der auf einem Klappstuhl saß und geduldig die Bewegungen seines auf dem Wasser hüpfenden Schwimmers beobachtete.
»Guten Morgen, Herr Premierminister.«
»Guten Morgen, Herr General.«
»Tut mir furchtbar leid, Sie an Ihrem freien Tag zu stören.«
»Ach was«, sagte der Premierminister. »Die verdammten Burschen beißen sowieso nicht an.«
Er wies mit dem Kopf zum Klapptisch, auf dem eine Flasche Wem und, wie es Simms schien, eine Schinken- und Kalbspastete standen. »Sie finden Gläser und Teller im Korb.
Nehmen Sie etwas Sherry und Pastete.«
»Danke, Sir, ich bin so frei.«
»Was haben Sie auf dem Herzen?«
»Den Nordamerikanischen Vertrag, Sir.« Er hielt inne, goß sich den Sherry ein. »Unser Mann in den Staaten berichtet, daß die Amerikaner eine Großaktion starten, um ihn zu finden.«
»Haben sie eine Chance?«
»Das ist sehr zu bezweifeln.« Simms hob die Flasche. »Noch etwas Sherry?«
»Ja, bitte.«
Simms schenkte ein. »Zuerst glaubte ich, sie wollten nur ein paar Nachforschungen anstellen. Nichts Besonderes, nur ein kleiner Versuch, um sich zu überzeugen, daß es aussichtslos wäre, ein brauchbares Dokument zu finden. Jetzt jedoch sieht es ganz so aus, als machten sie sich allen Ernstes daran.«
»Gefällt mir nicht«, brummte der Premierminister. »Das bedeutet meiner Meinung nach, daß sie im Falle eines Erfolgs beabsichtigen, den Vertrag zu realisieren.«
»Das war auch mein Gedanke«, stimmte Simms ihm zu. »Ich kann mir das Commonwealth ohne Kanada nicht vorstellen«, sagte der Premierminister.
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