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Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Titel: Um Mitternacht am schwarzen Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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der
Mühle?“
    „Vielleicht hat sie sich abgesondert.
Mich wundert nur, daß die andern ohne sie zurückfahren. Fest steht jedenfalls,
daß sie uns belogen hat. Was wirklich Sache ist, das werde ich aus ihr
rauspressen. Oder sollen wir sie gleich laufenlassen — und die Kisten woanders
verstecken?“
    „Woanders?“ pfiff Muhson ihn an. „Wo
denn? Im Wald unter Bäumen? Hier im Hotel? Weißt du einen Platz? Die Kisten
bleiben in der Mordmühle. Sonst schleicht dort niemand rum. Diese Tanja
Leihmeier ist ‘ne Ausnahme. Wir müssen sie festhalten. Nur für vier Tage.“
    „Festhalten?“
    „Was sonst?“
    „Chef, das ist Freiheitsberaubung.“
    „Na und? Es gibt kein besseres
Versteck. Wollen wir das ganze Geschäft platzen lassen wegen der Göre? Dich
interessiert das vielleicht nicht. Du hast ja deine Kohle. Aber ich habe bisher
nur investiert (Geld angelegt). Die Männer in Genua habe ich bezahlt.
Euch habe ich bezahlt. Alles nur Vorleistung. Für nichts und wieder nichts habe
ich das nicht gemacht. Außerdem rief der Syrer vorhin wieder an. Er kommt in
der Nacht zum Mittwoch. Mit ‘nem Koffer voll Geld. Das ist endgültig. Und bis
dahin ist Tanja Leihmeier eure Gefangene.“
    Werdy überlegte. „Ob ich da mitmache,
Chef, entscheide ich erst, wenn ich das Mädchen noch mal befragt habe. Es
könnte ja sein, sie hat zu ihren Freunden gesagt, daß sie eben mal zur Mordmühle
spaziert. Dann startet, sobald Tanja vermißt wird, eine Suchaktion — und wir
haben die Bullen auf dem Hals.“ Muhson rieb sich das Kinn. Was Werdy anführte,
war nicht von der Hand zu weisen.
    „Hm. Na gut. Bei dem Verhör bin ich
dabei.“
    „Dann kennt sie uns alle. Das ist...“
    „Mich wird sie nicht sehen“, wurde er
von Muhson unterbrochen. „Bevor ich in die Mühle komme, verbindet ihr dem
Mädchen die Augen.“
    „Aber Carlo und mich kennt sie bereits.
Sie wird den Bullen eine herrliche Beschreibung von uns geben.“
    „Ihr hättet ihr längst die Augen
verbinden müssen.“
    „So schlau, Chef, bin ich jetzt auch.
Aber...“
    Er stockte. Himmel! dachte er. Das
Mädchen ist eine Gefahr. Bereits jetzt! Wer keine Gewissensbisse hat, der würde
sie beseitigen. Aber das wäre Mord. Pfui Teufel, nein! Nicht mal für den
zehnfachen Lohn.
    „Aber was?“ fragte Muhson. „Willst
sagen: Aber da ist nichts mehr zu ändern. Stimmt. Was mit ihr wird, entscheiden
wir später. Erst mal beschäftigen wir uns mit der Göre.“
    Er ging ins Hotel, um seiner Jessica
Bescheid zu geben. Nach wenigen Minuten war er zurück.
    Sie fuhren mit Werdys Wagen. Niemand
begegnete ihnen. Als sie die Mordmühle erreichten, füllten Schatten die
Lichtung. Und der Fluß war noch schwärzer als vorhin.
    Carlo saß am Ufer und löffelte Kräuterquark
aus einem Plastikbecher. Als der Golf hielt, warf er den leeren Becher ins
Wasser und kam heran.
    Sein festgeleimtes Grinsen war
säuerlich.
    Werdy stieg aus.
    Muhson sagte: „Ich komme nach, sobald
du ihr die Augen verbunden hast.“
    „Ist schon passiert.“ Carlo schnippte
mit den Fingern. „Es war ihr nicht recht. Aber ich finde, sie hatte schon viel
zu lange Gelegenheit, sich unsere Gesichter einzuprägen.“
    Manchmal hat er lichte Momente, dachte
Werdy. Vielleicht liegt das an seinen Aufputschtabletten.
    Zu dritt gingen sie zur Mühle.
    Das hohe Gras war feucht. Abendlicher
Tau setzte sich ab. Es wurde spürbar kühler.
    In unveränderter Haltung hockte Tanja
neben dem Mühlstein an der Wand.
    Carlo hatte ein dunkles Tuch auf
Handbreite gefaltet und ihr um den Kopf geschlungen. Es ließ keinen
Lichtschimmer durch. Am Hinterkopf drückte der Knoten.
    Sie horchte. Ihr schien, als seien das
die Schritte dreier Personen.
    „Also, Tanja“, sagte Werdy. „Du
brauchst keine Angst zu haben. Obwohl du uns Grund gibst, auf dich sauer zu
sein. Wie wir jetzt wissen, bist du hier nicht rumgewandert. Sondern du gehörst
zu einer Gruppe Gleichaltriger, die auf Rädern zum Seehotel gefahren ist. Einen
Hund habt ihr auch mit. Ich frage dich jetzt. Und du wirst wahrheitsgemäß
antworten. Denn wir können auch anders. Weshalb bist du zur Mordmühle gekommen?
Noch dazu allein?“
    Wie elend sie sich fühlte! Ihre Finger
waren abgestorben. Und eiskalt. Nicht nur wegen der Fessel. Die Angst schien
ihr Inneres in einen Eisblock zu verwandeln.
    Sie hatte damit gerechnet, daß man ihr
noch weitere Fragen stellte. Wie sollte sie antworten? Eins war ihr klar: Sie
mußte die Ganoven soweit beruhigen, daß die sich hier

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