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Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Um Mitternacht am schwarzen Fluß

Titel: Um Mitternacht am schwarzen Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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geöffnet, wirkte aber keineswegs einladend.
    Tim reckte den Kopf.
    Auf einem fußballfeld-großen Hof
standen Brummis, etwa ein Dutzend, in der Reihe: gewaltige Lastzüge, Jumbos der
Straße.
    „Käselaster sind auch dabei“, stellte
er fest, „und Tankwagen für Riesenmengen. Letztere transportieren mal Milch aus
dem sonnigen Süden. Dann wieder Tomatenpüree (Brei) oder Glykol (giftiger
Alkohol von süßem Geschmack) und auch Äthylenglykol (Frostschutz- und
Desinfizierungsmittel). Gestern stand in der Zeitung, daß sich der neueste
Lebensmittelskandal genau in umgekehrter Reihenfolge abgespielt hat.“
    „Das muß mir entgangen sein“, meinte
Klößchen. „Was meinst du?“
    „Es gibt da eine Menge Spediteure, die
ihre Tankwagen erst mit Glykol oder Äthylenglykol losschicken und hernach mit
denselben Brummis Püree und Milch durch die Lande schaukeln. Bedenklich daran
ist, daß die Tanks nicht gesäubert werden. Das heißt, Reste des Giftzeuges sind
im Püree und in der Milch. Und unsereins wundert sich, wenn er Pickel kriegt.
Eine Sauerei ist das.“
    „Da sehe ich mich in meiner Überzeugung
mal wieder bestätigt“, meinte Klößchen. „Ernährt euch von Schokolade — und ihr
bleibt gesund.“
    „Willst du damit andeuten“, erkundigte
sich Gaby, „daß in den Sauerlichschen Kakao-Produkten keine Milch enthalten
ist?“
    „Wie? Äh... doch! Aber ungiftige.“
    Tim blickte hinter sich. Seine Gedanken
beschäftigten sich bereits mit dem nächsten Schritt. Dazu brauchten sie den
    Blechkuchen, wie sie die kläglichen
Reste von Tanjas Stahlroß getauft hatten.
    Auf seinem Gepäckträger hatte Tim das
unansehnliche Gebilde festgebunden. Es war etwas verrutscht während der
Herfahrt — aber als Beweisstück vorhanden.
    Sie schoben ihre Drahtesel auf den Hof.
    Im Hintergrund schrubbten einige
overall-bekleidete Typen an den Brummis herum. Aus Schläuchen wurde gespritzt.
Schaum tropfte. Mit langstieligen Schrubbern wurde den Brummis die Lackhaut
gesäubert.
    „Da!“
    Karl streckte die Hand aus. Anklagend
wies sein Zeigefinger auf einen Lastzug.
    „Ich erkenne ihn. Das ist er. Klar, er
sieht aus wie die andern“, nahm er die Antwort auf zweifelnde Fragen vorweg, „aber
die Hecktür unten rechts ist etwas eingedellt. Solange das nicht behoben wird,
ist es ein unveränderliches Kennzeichen. Daran erkenne ich das Ungetüm, mit dem
wir’s zu tun hatten.“
    Der Wagen war noch fernfahrt-dreckig,
aber leer. Die linke Hälfte der Hecktür stand offen. Durchdringender Käseduft
entquoll dem Laderaum. Oskar, der pfotenlahm neben Gabys Rad hockte, rümpfte
die Hundenase.
    „Den Straßenelefant kennen wir auch“,
sagte Tim. „Nicht wahr, Willi? Der kam uns auf der Straße im Naturpark
entgegen. Er war auf dem Rückweg — und allzuviel Zeit war nicht vergangen seit
dem Unfall. Wo war der Lastzug inzwischen?“
    „Da er nicht zum Seehotel fuhr“, meinte
Karl, „kommt nur Gunzhausen in Frage.“
    „Eine weite Strecke für die kurze Zeit.
Der muß gebrettert sein wie der Teufel.“
    Tim schob sein Rad zu einem der
Overall-Typen und fragte, wo man hier den Chef finde.
    Mürrisch verwies ihn der Mann zu einem
flachen Bürogebäude auf der anderen Seite des Hofes.
    Als die TKKG-Bande dort antrabte,
wollte Hubert Kambärt gerade Feierabend machen. Er schloß die Bürotür ab und
drehte den vier Freunden den Rücken zu. Es war ein gewaltiger Rücken. Er paßte
zu den Brummis.
    Der Spediteur wog sicherlich zwei
Zentner und mußte sich ducken unter der Tür. Als er sich umdrehte, präsentierte (zeigte) er ein ziemlich knochiges Pferdegesicht.
    Er sah die vier an. Mißmut stand in
seiner Miene.
    Tim grüßte. Dann: „Sind Sie Herr
Kambärt? Aha! Sehr erfreut. Ich heiße Peter Carsten. Das sind meine Freunde.
Wir müssen Sie sprechen.“
    „Bei mir ist jetzt Schluß“, sagte
Kambärt. „Außerdem übernehme ich keine Aufträge unter zwei Tonnen (40
Zentner) Gewicht. Gebt euer Zeug mit der Post auf.“
    Tim grinste. „Um ein Geschäft geht’s
nicht, Herr Kambärt, sondern um Unfallflucht. Einer Ihrer Fahrer hat sich
unverantwortlich benommen. Nur weil die Schutzengel sämtliche Daumen dazwischen
hielten, wurde niemand ernstlich verletzt. Mal abgesehen von Kratzern. Aber
Sachschaden entstand. Sehen Sie sich den Blechkuchen an. Das war mal ein
Fahrrad.“
    „Was?“ schnappte Kambärt.
    Dann starrte er mit halb geöffnetem
Mund auf das formlose Gebilde.
    Als das Schweigen zu lange dauerte,
sagte Tim:

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