Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz
altbekanntes Wechselspiel anstoßen können, und das heißt: »Ich will von dir weg, aber ich brauche dich!« Dieses Gefühl der Hass-Liebe lässt das emotionale Pendel des Wechsel-Rituals heftig ausschlagen und bringt vielleicht sogar wieder Bewegung in die Partnerschaft. Bleibt das Ergebnis jedoch ständiger Streit, werden keine neuen Kräfte geweckt, und irgendwann zerfällt die Partnerschaft.
Kinder, die natürlich auch für ihre Selbstbestimmung streiten, haben einen Anspruch darauf, gelegentlich auch zu gewinnen. Die Erwachsenen
müssen ihnen dies gewähren. Sie sollten sich nämlich der ungleich stärkeren Emotionalität von Kindern bewusst sein, die zu mehr Bewegung und lauter Daseinsbekundungen führt, als sie der Erwachsene noch aufbringen könnte oder möchte. Versuchen wir ihre Emotionalität zu dämpfen, reduzieren wir auch ihre Motivation und ihre Energie. Begeisterung ist eine Voraussetzung für jeden Fortschritt, für jeden Erfolg. Begeisterungsfähigkeit allein motiviert bereits unsere Energie. Nur wer sich begeistern kann für Menschen, für Sachen und für Ideen, wird etwas bewegen können.
Ihre Hände halten ihn locker, das Kind bleibt freiwillig bei ihr. Beide genießen die gegenseitige Zärtlichkeit.
Der Wunsch nach Wärme und Nähe bleibt von Kind an in unserem Leben erhalten. Wir brauchen diese Nähe und diese Wärme. Das Kind strebt danach, die Eltern zu umarmen, und es will von den Eltern umarmt werden. Doch in dem Augenblick, in dem sich ein neuer Reiz einstellt, -
und bei Kindern wechseln die Reize schnell - wird es sich aus der Umarmung lösen wollen, um auf die neue Stimulanz zu antworten. Wird es nun von den Eltern zurückgehalten, weil sie noch mehr von ihm haben wollen, wird es sich gefangen fühlen. Die schöne Umarmung bekommt ein negatives Gesicht. Vielleicht scheut das Kind von nun an bewusst oder unbewusst die Umarmung, weil sie das Risiko birgt, anschließend in seiner freien Entfaltung blockiert zu sein.
Das Kind will weg und wird von der Mutter daran gehindert. Auch wenn es in spielerischer Form geschieht, gilt es doch als nicht respektierter Wunsch.
Auch später gilt unter Erwachsenen, dass Umarmungen etwas sehr Schönes sein können, weil sie Nähe erzeugen. Macht aber einer der Partner auch nur die kleinste Bewegung, die den Wunsch signalisiert, dass er sich befreien möchte, sollten wir die Arme öffnen und es ihm ermöglichen, die Distanz zu suchen. Distanz ist nichts Negatives. Abstand nehmen zu können, bezeichnet die Möglichkeit, zu sich selbst, zur eigenen Mitte zurückzufinden, das eigene Ich wieder wahrzunehmen. Verliert sich das Ich in einem großen Du, fehlt die eigene Mitte, und die Spannung
zwischen Ich und Du ist aufgehoben. Dieses große Du kann aus mir und einem einzelnen anderen bestehen, es kann sich aber auch aus tausend Ablenkungen um mich herum bilden, die mir die Verbindung zur Außenwelt radikal abschneiden. Meine Energie wird geradezu vampirisch aufgesogen, und das eigene Ich verliert die Kraft, sich zu entfalten. Denn um sich entfalten zu können, bedarf es wiederum der Rückkehr zur eigenen Mitte, müsste man Zeit und Gelegenheit haben, sich neu zu definieren als Voraussetzung für jeden neuen Anfang. Akzeptiert der Partner diese Erneuerung, wird er erleben, wie das erneuerte Ich Nähe braucht und sucht.
Die kindliche Umarmung zwischen Eltern und Kindern vollzieht sich natürlich und ohne alle Hintergedanken. Das ändert sich beim Eintritt in die Pubertät. Die Entfaltung der Sexualität, der nun einsetzende Reifeprozess, weckt völlig neue Wünsche und Gefühle. Was früher als ein mehr oder weniger angenehmes, ganzheitliches Empfinden wahrgenommen wurde, spaltet sich nun auf. Es findet eine Differenzierung im Verhältnis der Heranwachsenden zu Vater und Mutter statt. Die Eltern werden sich darauf einstellen müssen, dass sie sich nicht mehr auf ihre eigene unbelastete Einstellung berufen können: »Warum denn nicht? Ich habe ihn doch immer umarmt!« Mütter müssen sich darüber klar werden, dass gewisse Stimulationen, die von Umarmungen mit ihren Söhnen ausgehen, nicht ihr bestimmt sein können, sondern von nun an einer anderen Frau gehören werden. Gerade in der Phase der sexuellen Entwicklung beginnt der heranwachsende Mensch zu begreifen, dass er jeden Tag einem neuen Ich in sich selbst begegnet. Es gilt nun zu erkennen, welcher Art von Nähe und Distanz das jeweils neue Ich gerade bedarf. Männliche Heranwachsende überspielen ihr
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