Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz
hinweg Kontakt aufnimmt.
Menschen gegenüber, die wir nur flüchtig kennen, sollten wir nicht einmal danach fragen, ob sie verheiratet sind, ob sie Kinder haben, eine Freundin oder einen Freund, denn wir wissen ja nicht, welche Probleme der Befragte gerade hat. Wir laufen also Gefahr, ihn in eine unangenehme Position zu bringen, und unsere Frage erzeugt deshalb unbehagliche Gefühle in ihm, und wieder wäre innere Distanz das Ergebnis unserer gut gemeinten Fragerei.
Sind uns solche Fragen aber doch einmal herausgerutscht, sollten wir jede ausweichende Antwort, jede Ausrede auf der Stelle akzeptieren und keinesfalls nachfragen. Der Gesprächspartner hat ja lediglich einen Ausweg aus einer ihn bedrängenden Situation gesucht. Deshalb gebietet es der Respekt vor der Intimsphäre des anderen, nicht weiter zu forschen. Außerdem schaffen wir mit dieser Haltung ein neues Stückchen Nähe. Ähnliches gilt für den Fall eines kleinen Fauxpas, den wir übersehen und dabei nicht merken lassen, dass wir gerade ein Auge zugedrückt haben. Es ist ein Verhalten, das wir zwar als selbstverständlich ansehen müssten, das uns aber immerhin doch auch etwas näher zueinander bringen kann.
Sie hat es geschafft. Die beiden anderen hören ihr zu. Es sieht ganz so aus, als habe sie sogar die Gesprächsführung übernommen. Wegen der Nähe der beiden rechts sitzenden Kolleginnen zieht sich die Dritte nunmehr ein wenig zurück, ohne den Kontakt abzubrechen.
Kleiderordnung
Von ritualisiertem Verhalten in Sprache und gesellschaftlichem Umgang zur Kleiderordnung, zum Kodex oder besser gesagt zur Sprache des Kostüms, zur Sprache unserer Kleidung ist es kein weiter Weg. Genauso wie die gleiche Sprache menschliche Nähe hervorbringt, erleichtert gleiche Kleidung die Kommunikation untereinander. Gleiche Kleidung
spricht sich auch in dem Wort »Uniform« aus. Uniformen waren von jeher dazu gemacht, die Gleichheit von Menschen zu betonen, und im Falle der Militäruniform, die individuellen Freiheiten sichtbar zu beschränken. Außerdem war es in früheren Zeiten wichtig zu wissen, wer zu wem gehört, um Freund und Feind unterscheiden zu können. Unsere heutige Jeanskultur bringt die Menschen in ihrer Freizeit schneller zueinander, als es früher der Fall war, jedenfalls, wenn alle Jeans tragen. Wer keine Jeans anzieht, signalisiert damit bereits gewollt oder ungewollt sein Distanzverhalten: »Ich will nicht in diese Alltagskultur eintreten!« Im übrigen schafft Mode, insbesondere die Haute Couture, geschlossene Gesellschaften. Wer dazugehören will und es sich leisten kann, erreicht einen bestimmten Status, der ihn von den meisten anderen abhebt. Wer sich der Requisiten dieser Gesellschaft nicht bedient, bleibt draußen bzw. fliegt raus.
Bei gesellschaftlichen Zusammenkünften sollte deshalb auf der Einladung eindeutig vermerkt sein, wie man sich die Kleidung der Gäste wünscht: festlich oder leger, lang oder kurz, was die Kleider der Damen betrifft, Smoking, Anzug oder Freizeitkleidung bei den männlichen Gästen. Natürlich sollten sich Gastgeber auch rechtzeitig Gedanken über die Zusammensetzung der Gesellschaft machen, die sie zu ein und derselben Gelegenheit durch eine Einladung zusammenbringen. Es wäre nicht unwichtig zu wissen, ob die Gäste auch zueinander passen. Suchen die einen nämlich eher Distanz und die anderen unbedingte Nähe, wäre eine unharmonische Atmosphäre vorprogrammiert. Allgemeiner Stress könnte die Folge sein.
Stressreaktionen
Was bringt uns in Stress und was verursacht er in uns? Befinde ich mich im Stress, erlebe ich eine Einengung, und daher brauche ich in diesem Moment Distanz. Ich benötige sie, um mir selbst inneren Freiraum zu schaffen. Fühle ich mich nämlich von den Dingen eingekreist, so dass ich mich nicht mehr freiwillig von einer Aufgabe zur anderen bewegen kann, meine Energie nicht mehr frei verströmen kann, so wie ich es möchte und gewohnt bin, kenne ich nur noch den Wunsch, mir Abstand zu schaffen. Es geht darum, jenes Gefühl des Strömens wiederzufinden, das uns Atem verleiht. Denn jede strömende, ungehemmte Bewegung gleicht einem Fluss, dessen Wasser leicht dahinfließt. Wir schauen ihm gern zu, und der Anblick wirkt beruhigend auf uns. Steine dagegen, die im Flusslauf liegen, schaffen Widerstand, und der erzeugt seinerseits einen Energiestau, der mit großer Kraftanstrengung versucht, die Hindernisse zu überwinden. Ist seine Kraft zu schwach, staut sich der Fluss seinerseits, und wo
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