Umarme mich, aber rühr mich nicht an - Die Körpersprache der Beziehungen. Von Nähe und Distanz
körperlicher Bewegung. Wir versuchen zu entkommen, jedenfalls uns wegzudrehen von der jeweiligen Quelle der Beunruhigung. Wird nun unser Bewegungsdrang, das heißt die schon begonnene gezielte Bewegung, von außen blockiert oder behindert, und zwar gleichgültig aus welchem Grund, steigert sich unsere Nervosität und macht uns aggressiv. Das kleine Kind, das in dem Augenblick nach seinem Spielzeug greift, in dem die Mutter ihm neue Windeln anlegen will, stört mit seiner Handbewegung die gleichzeitige Handbewegung der Mutter beim Wickeln. Sie reagiert irritiert, weil ihr Bewegungsablauf blockiert ist. Sie hält die Hand des Kindes fest und blockiert damit wiederum seinen Bewegungsablauf. Das Resultat ist Geschrei und Gerangel. Jede Blockade unseres stets wachen Bedürfnisses nach Bewegung baut Stress in uns auf. Es braucht ja nur ein Lift, von dem wir Bewegung erwarten, für eine Sekunde stillzustehen, schon geraten wir in Unruhe, manche Menschen sogar in Panik. Stress und Stau in uns verlangen nach Abbau durch Bewegung. Deshalb treffen wir auf Mitmenschen, die zu schreien beginnen, sobald sie fürchten müssen, sich nicht mehr bewegen zu können. Meist unbewusst versuchen sie durch ihr Schreien ihren Energiestau abzubauen und sich einen inneren Freiraum zu schaffen.
Stress lässt sich nur durch Bewegung abbauen. Das kann durch Beschäftigung mit einfachen Dingen geschehen, durch einen Spaziergang ums Haus, ein bisschen Joging, leichte Gymnastik. Wir fühlen uns nach solchen kleinen Aktivitäten stets erleichtert, wenn uns vorher irgendein Bewegungsstillstand belastet haben sollte.
Die Mutter neigt ihr Gesicht tief hinunter auf das des Söhnchens. Ein Lächeln des Erkennens ist die Antwort.
Kommt sie seinem Gesicht zu nahe, schließt der Kleine die Augen in Abwehr. Von so nahe kann er die Mutter auch nicht mehr erkennen.
Stress entsteht auch durch nervliche Belastungen, durch Frust, durch Existenzangst ganz allgemein, Anpassungszwänge, seelische und körperliche Überanstrengung. Wenn wir in Zeitdruck geraten, unter Druck gesetzt werden oder selbst unsere Gefühle, positive oder negative, aus unbestimmten Ängsten unterdrücken, geraten wir unter Stress. Fühlen wir uns gezwungen, unsere Gefühle zu unterdrücken, so hat dies regelmäßig mit den sozialen Beziehungen zwischen uns und dem Partner oder zwischen uns und der Gruppe zu tun.
Das Ich und die Gruppe
Wir sind nicht allein auf der Welt, wir brauchen einander, denn das Netz der Abhängigkeiten ist zugleich das Netz, das uns vor dem Absturz bewahrt. In diesem großen Netz von Beziehungen hängt unsere soziale Position, unsere Stellung innerhalb der Gruppe, unser Rang, von der Anerkennung ab, die uns die Gruppe gewährt. Wir stehen also in einer Art dauerndem Wettbewerb mit allen anderen um diese Anerkennung durch die Gruppe.
Ob wir wollen oder nicht, unser Körper reagiert auf die Signale, die wir von der Gruppe erhalten. Empfangen wir Kritik, ziehen wir uns zusammen, weil wir instinktiv wissen, dass Kritik eine Minderung unseres Werts bedeutet. Wir sind offensichtlich nicht gut genug gewesen, um die Erwartungen der Gruppe zu erfüllen. Also gehen wir auf Distanz von denjenigen, die uns kritisieren. Wenn wir mit unseren Handlungen und Unternehmungen keine echte Rückmeldung erhalten, weil ein Ideenaustausch einfach nicht stattfindet oder nicht gewünscht ist, ja, wenn wir vielleicht überhaupt kein Feedback bekommen, so als existierten wir gar nicht, werden wir uns entweder aufgerufen fühlen, für unsere Sache zu kämpfen, oder erst recht den dringenden Wunsch empfinden, uns zurückzuziehen. Dies beantwortet unser Körper unvermeidlich damit, dass er die Gelenke versteift und die Muskeln verhärtet. Die Sprache des Körpers ist unerbittlich.
Erfahren wir dagegen Anerkennung von einem Partner oder der Gruppe, erweitert sich alles in uns. Unsere Gelenke werden locker, unsere Muskeln entspannen sich, wir öffnen uns in Richtung der Person oder Gruppe, die uns anerkennt, unser Mittelkörper wendet sich ihnen zu. Unser Mund öffnet sich zu einem Lächeln und gibt auf diese Weise unserem Wohlbefinden Ausdruck. Es muss noch kein Wort gefallen sein, doch unser Körper spricht eine deutliche Sprache. Unser Kreislauf ist angeregt, alles ist positiv stimuliert.
Die Ablehnung oder Zurückweisung durch die Gruppe erweckt Scham und Schuldgefühle in uns, weil wir glauben, soziale Erwartungen nicht erfüllt zu haben. Je massiver man von diesen Gefühlen
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