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Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel

Titel: Umgang mit Groessen - Meine Lieblingsdichter - und andere - Herausgegeben und mit einem Nachwort von Karl Heinz Bittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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dänische Herrschaft, den er mit politischen Gedichten unterstützt hatte, ins Exil nach Potsdam. Dort verkehrte er in Schriftstellerkreisen, bevor er Kreisrichter in Thüringen
wurde. 1864 kehrte er nach Husum zurück, wo man ihn zum Landvogt wählte.
    Er war befreundet mit Paul Heyse und Emanuel Geibel, besuchte den verehrten Mörike im Württembergischen und Turgenjew im schwülen Baden-Baden.
    Am 4. Juli 1888, kurz nach sechzehn Uhr ist er in seiner Altersvilla in Hademarschen nach langem Leiden an Magenkrebs gestorben. »Morphium« war sein letztes Wort.
    Wenn man seine Briefe liest, muß man staunen über seinen wachen Gegenwartsblick. So hat er im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen nicht in den 70/71er-Jubel eingestimmt, sondern ziemlich sofort Abscheu empfunden: Nonkonformismus in einer patriotisch aufgepeitschten Stimmung.
    Seine zahlreichen Novellen bewegen uns noch heute: »Immensee«, »Pole Poppenspäler«, »Carsten Curator«, »Viola tricolor«, »Aquis Submersus« …
    Zu seinem Glück hat er als Niederdeutscher nicht wie Klaus Groth sich des Plattdeutschen bedient, von Ausnahmen abgesehen. Dies hätte seiner internationalen Geltung – er war zu seiner Zeit der bekannteste deutsche Schriftsteller im Ausland – wohl entgegengestanden. Dennoch möchten wir mit Gedichtzeilen enden, die allen Norddeutschen unter die Haut gehen werden: »Över de stillen Straten geit klar de Klokkenslag; god Nacht! Din Hart will slapen, un morgen is ok en Dag.«

August Strindberg
    Strindberg wurde 1849 als Sohn eines Dampfschiffkommissionärs geboren. Er begann ein Medizinstudium, doch seine Leidenschaft gehörte dem Theater. Von wahnsinnigem Ehrgeiz getrieben, irrte er als junger Mann durch das eiskalte Stockholm – im Schneetreiben die Hände in den Manteltaschen –, lieh sich Geld, um ein Stück Brot kaufen zu können, und schaffte es: sechsunddreißig Dramen veröffentlichte er in seinem Leben, darunter »Fräulein Julie«, »Ein Traumspiel« und »Gespenstersonate«. Einige dieser Stücke werden heute noch gespielt.
    Auf dem Theater lernte er die bildschöne Siri von Essen kennen und heiratete sie. In frühen Jahren meines Irrens habe ich ihr Bild mal ausgeschnitten und über den Schreibtisch gehängt. Er liebte sie rasend. Zeitweilig lag er auf dem Teppich und würgte sie. Der Eifersüchtige suchte mit Hilfe von Freunden Beweise für ihre angebliche Untreue und befürchtete – von Verfolgungswahn getrieben – , sie wolle ihn in ein Irrenhaus sperren lassen. In seiner »Beichte eines Toren« hat er die Geschichte der Ehe
drastisch beschrieben und seine Frau öffentlich angeklagt, um die schließlich unvermeidliche Scheidung zu begründen. Siri von Essen soll auch in späteren Jahren, wenn sie die Erinnerung an glückliche Stunden der jungen Ehe überkam, still vor sich hin geweint haben.
    Der Mann mit dem unterentwickelten Kaiser-Wilhelm-Bart schrieb eine staunenswert moderne Prosa. Wie so viele Skandinavier wurde Strindberg in Deutschland zunächst mehr gelesen als in seiner Heimat. Anfang der neunziger Jahre lebte er eine Zeitlang im Kreise der naturalistischen Schriftsteller in Berlin.
    Der Tiefpunkt seines Lebens war der Ausbruch einer Geisteskrankheit im Pariser Exil 1894, die er, sich selbst therapierend, in der autobiographischen Schrift »Inferno« protokollierte: »Es gab nichts mehr zu tun in dieser Welt, und so beschloß ich zu verschwinden.« Aber sonderbare chemische Reaktionen der Giftmischung, die er eigenhändig für sich angerührt hatte, weckten seine Neugier und verhinderten den Suizid. Er trieb nun Naturstudien, um den Wundern der göttlichen Schöpfung auf den Grund zu gehen, und befaßte sich mit Alchemie. Als noch niemand ans Fotografieren dachte, kaufte sich Strindberg, der auch malte, einen Apparat und machte die merkwürdigsten Aufnahmen, unter anderem von sich selbst mit Laute im Arm oder den Kopf auf den Schreibtisch gebettet, Selbstporträts, die seinen furchterregenden, wahnsinnigen Blick zeigen. Es war nicht gut Kirschen essen mit ihm. Im
Alter versuchte er die Verwandtschaft aller Sprachen zu beweisen. Die letzten Monate seine Lebens waren qualvoll. Er starb 1912 unter gräßlichen Schmerzen an Magenkrebs, drei Wochen nachdem er die Nachricht vom Tode Siri von Essens erhalten und einen Kranz mit weißen Blüten an ihr Grab hatte schicken lassen.
    Die Vielseitigkeit seines Werkes ist nur wenig bekannt. Neben den Theaterstücken schrieb er Novellen, Märchen und Fabeln, Gedichte,

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