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umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

Titel: umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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solle mit dem Fett aufpassen. Der Fahrer hatte natürlich die Wurst gemeint – Elli hatte was anderes verstanden.
    Nach Kieslowskis Anweisungen, wie ich Elli, die ungekrönte Kiezkönigin, zu behandeln hätte, hatte ich von der ersten Minute an geflissentlich den Mund gehalten, egal was Queen Elli von sich zu geben beliebte. Schließlich war sie immer großzügig mit dem Trinkgeld – 30 Euro für 150 Meter Fahrt –, da hätte sie auch von mir verlangen können, eine Flippers- CD einzulegen. Aber Elli hatte ein Lieblingsthema, von dem sie selten abwich …
    »Tja, und wieder is’n schönen Tach am Ende; mit Blasen, Blasen, Blasen, fünfunddreißig Jahre Blasen – ich kann es nicht mehr sehn. Weisse, ich werd alt …«, Elli zutzelte am Wurstzipfel herum und gab das ausgelutschte Ding ihrem Pudel. »… und die Kerle werden auch nicht jünger … Vor allem die Stammkundschaft.«
    Wenn man ihr so zuhörte, konnte man glauben, dass sie drei viertel der männlichen Bevölkerung in Bochum mit ihrem Talent beglückte, über das man munkelte – vor allem Kieslowski, der immer leuchtende Augen bekam, wenn er von Ellis Fähigkeiten schwärmte –, dass Elli in der Lage war, einem Toten wieder Leben einzuhauchen.
    »Weisse, was der größte Vorteil an dem Job is? Vom Blasen wirste nicht schwanger. Und die Kerle, die mögen das, weil sonne Ehefrau, die macht das nich’. Glaub mir: Heiratsurkunde – Schluss mit Lustich. Wenn eine Ehefrau einem Ehemann einen bläst, dann isses entweder nich’ ihrer oder sie will ’ne Einbauküche oder ’n Pelz. Halt mal an.«
    Wir hatten die Wurstbude Johanniterstraße/Ecke Gußstahlstraße wieder erreicht. »Willste auch eine?«
    »Nein danke, Elli. Ich muss noch fahren.«
    Sie winkte dem Mann in der Wurstbude zu. Der ließ sofort alles stehen und liegen und brachte im Sauseschritt ein neues Papptellerchen mit Wurst und Senf. Elli zahlte, und wir setzten die Runde fort.
    »Dat is’ dat, worum sich alles dreht.« Sie roch genießerisch an der Bratwurst.
    »Im Ernst? Um Wurst und Fellatio?«
    »Sach’ ma, von welchem Planeten bis du eigentlich? Was du für Wörter weißt – wohl was Besseres, Prinzesschen … Macht es auch nich’ eleganter, wenn man Fellatio zu sacht.«
    »Für Wurst weiß ich kein Fremdwort.«
    »Der Kieslowski hat gesagt, du warst beim Fernsehen. Stimmt dat?«
    »Ja schon … Jetzt aber nicht mehr.«
    »Hm!? Und was hat dich hierhin verschlagen? Wollt ich dich immer schon mal fragen. In die niedersten Niederungen von Großbochum? Karriereknick?«
    Ich nickte. So konnte man es auch nennen. Tatort- Drehbuch vermasseln ist nicht Karriereknick – das ist beruflicher Selbstmord.
    »Haste wohl dem falschen Eierwärmer ’n Fellatio verpasst. Hätt’s ihm lieber ordentlich ein’ blasen sollen.« Elli kreischte laut vor Vergnügen über ihren eigenen Witz. Ich lachte mit, denn ich erkenne immer noch einen guten Gag, wenn ich ihn höre.
    Plötzlich röchelte sie, schlug sich mit der Faust auf die Brust und lief blau an.
    »Hey, hey, husten, Elli!« Mit einem Ruck und ohne Rücksicht auf die Reifen lenkte ich den Wagen auf den Bürgersteig und bremste scharf. Elli wurde beim Aufprall auf die Bordsteinkante nach vorne geschleudert, und ich schlug ihr mit der flachen Hand auf den Rücken. Ein Stückchen Wurst flog aus ihrem Mund und landete in den Falten ihres Chiffon-Ensembles. Elli liefen vor Lachen die Tränen die Wangen hinunter. Der Hund sprang ihr kläffend auf den Schoß und leckte über ihr Gesicht. Als ich wieder vor ihrer Haustür anhielt, lachte sie immer noch, als wäre gar nichts passiert. Sie wälzte sich ächzend aus dem Taxi und rollte auf ihre Haustür zu. Ich schrieb 5 Euro auf den Fahrtenblock, den Rest durfte ich behalten. Als ich aufblickte, stand Elli plötzlich neben der Fahrertür und klopfte an die Scheibe: »Hömma, haste gut gemacht grade.«
    »Gern geschehen.«
    »Den Spruch nimmste mir jetzt aber nich übel, oder?« Sie lächelte, was die Anzahl ihrer Kinne von sieben auf fünf reduzierte.
    »Nee. Vielleicht hast du sogar Recht. Von der Seite habe ich es noch nie betrachtet.«
    »Wie es in unserm Business so schön heißt: Keinen Schein, keinen rein. So läuft das.«
    In Ellis Lebensphilosophie waren die Wege zum Erfolg sehr direkt. Ich sollte mir ein Beispiel daran nehmen.
    »Der Kieslowski sagt, du warst Schriftstellerin.«
    »Drehbuchautorin, Elli. Nur eine Drehbuchautorin.«
    »Mein Leben is auch ein Film. Muste nur die Kamera

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