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umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

Titel: umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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vergeben. Pas de problème, madame.
    22.30 Uhr – Nummer 6 am Halteplatz. Wenn ich jetzt zum Klo gehe, rücken bestimmt alle vor, und ich verpasse eine Fahrt.
    22.45 Uhr – Nummer 3 am Halteplatz. Ich kann die Bunt e schon auswendig. Meine Reifen werden langsam viereckig.
    Und dass sich Matti diesen Knacki, diesen Rudi ins Haus geholt hatte. Das war schon wieder so eine typische Matti-Samariter-Idee. Rudi quatschte ja beinahe noch mehr als ich, das hält Matti doch gar nicht aus. Und ob Rudi die Arbeit als Bestatter aushielte, würde sich schon bei der ersten Leiche zeigen. Hatte ich das richtig verstanden? Er hat seine Mutter erschlagen?
    22.55 Uhr – Nummer 1 am Halteplatz. Ein altes Mütterchen mit schwerem Koffer kommt auf mich zugehumpelt. Die wohnt bestimmt in Stiepel. Ich höre 15 Euro 80 in der Kasse klingeln.
    22.58 Uhr – Das Mütterchen hat endlich mein Taxi erreicht. Ich wuchte ihren schweren Koffer in den Kofferraum.
    23.01 Uhr – Das Mütterchen hat sich ins Taxi gesetzt. Die Kollegen hupen schon, denn ein Schwall Spätheimkommer, die alle schnell nach Hause wollen, ergießt sich auf den Bahnhofsvorplatz. Hinter mir sind schon drei Taxen abfahrbereit, aber mein Mütterchen findet den Schnappverschluss des Sicherheitsgurtes nicht. Das Hupen wird nervöser.
    23.05 Uhr – »Wo darf es denn hingehen?«
    »In die Mauritiusstraße, bitte«, bibbert ihre Stimme, begleitet von einem alarmierenden Husten.
    Ich fahre los, ohne die Alte angeschnallt zu haben.
    23.06 Uhr – Rudi, falls es dich noch mal gelüstet – ich hätte hier ein Opfer für dich.
    Die Mauritiusstraße ist in genau zwei Minuten zu Fuß zu erreichen. Sie hätte nur den Hinterausgang des Bahnhofes nehmen müssen und dann noch drei Meter. Mich beschleicht das Gefühl, auf ihre 3 Euro 40 gut verzichten zu können.
    23.10 Uhr – Ich habe mir den Rücken verrenkt, als ich dem Mütterchen den Koffer vor die Wohnungstür gestellt habe. 10 Cent Trinkgeld. Kein Kommentar.
    23.15 Uhr – Habe mich mit meinem Wagen in einer ruhigen Seitenstraße versteckt, die Türen verriegelt, rauche eine Zigarette und überlege, ob ich es mir schon leisten kann, ins Café Madrid zu fahren, um bei Raoul ein warmes Abendessen zu schnorren.
    23.17 Uhr – Der Tag der Fehlentscheidungen.
    Ich hatte den Volvo vor dem Café Madrid nicht gesehen und war ahnungslos in die Falle getappt. Der Knipser saß an der Theke vor einem großen Teller gegrillter Lammkoteletts und strahlte mich an. Raoul steckte seinen Kopf aus der Küche, sah mich, rollte mit seinen großen, schwarzen Augen und verschwand wieder. Was tun? In der Kneipe war niemand, den ich kannte und den ich spontan zu einer Taxifahrt hätte entführen können. Die Bedienung nach draußen zu schleppen, hätte wohl wenig Sinn gehabt. Also setzte ich mich mit weichen Knien an die Theke.
    »Hi, meine Schöne«, sagte der Knipser lächelnd und drückte mir einen Kuss auf die Wange.
    »Hi … Wie war es bei Grey? Auftrag gekriegt?«
    »Allerdings – ich dachte, wir feiern das – in ein paar Tagen fliege ich in die Karibik.« Der Knipser strahlte mich an und hielt mir ein Lammkotelett hin. Raoul kam aus der Küche geschossen und schob einen Teller Linsensuppe auf die Theke. »Sorpresa … Probiere!«
    »Was schwimmt denn da drin?«
    »Probiere!«
    »Die Imagekampagne für … Na rate?!«, nahm der Knipser den Faden wieder auf, ohne der Linsensuppe auch nur die geringste Beachtung zu schenken, und biss selbst vom Lammkotelett ab.
    »Flussekrebse in Linsen mit Balsamico und eine Geheimnis.«
    »Die Hilton-Group«, nuschelte der Knipser mit vollem Mund.
    »Ssssuckerrubekraut und Sssitronelikör.«
    Mein Kopf eierte zwischen den beiden Auftrumpfern hin und her. Zuckerrübenkraut und Hilton-Group. Karibik vs. Linsen. Ich konnte kaum noch atmen. Der Knipser duftete nach Halston, die Linsen nach Knoblauch und Balsamico. Raouls Augen verhießen Mord und Totschlag, die Augen des Knipsers waren wie immer – das war ja das Schlimme. Er lächelte sein breitestes Lächeln, als er sagte: »Ich kann so viele Leute mitnehmen, wie ich brauche. Superbudget. Relaunch des Hilton-Komplexes auf Paradise Island. Megakampagne. Hochglanzkatalog, den ganzen Event covern … Ich sage nur: Claudia, Naomi, Tatjana … Na ja, tout Hollywood bestimmt auch … Aber egal …«
    »Mund auf, Señora!« Ein Löffel Suppe materialisierte sich vor meinem Gesicht. Ich machte den Mund auf – wenngleich auch mehr aus Verblüffung. Was sollte das heißen?

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