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umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition)

Titel: umgenietet: Maggie Abendroth und der alten Narren tödliches Geschwätz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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reinhalten, brauchste gar kein Buch. So für Exclusiv oder so … Ich weiß auch schon ’n Titel: ›Nix wie heiße Luft‹ …«
    Der Pudel zog an der Leine, und Elli trippelte auf ihren rosa Schühchen hinterher. Ihr Chiffonkostüm umschwebte ihre füllige Figur. Elli sah aus wie eine überdimensionale mauvefarbene Pusteblume mit Lachkoller.
    ›Nix wie heiße Luft‹ – auf so einen Titel hätte ich mal kommen müssen. Von mir war noch nicht mal der Brüller ›Gefickt eingeschädelt‹ aus Samstag Nacht gewesen. Hätte es aber sein müssen, wenn ich richtig gut gewesen wäre. Ich weiß noch ganz genau: Als Hugo Egon Balder damals damit rauskam und die Nation sich kringelte vor Lachen, bin ich tagelang grün vor Neid rumgelaufen. Was sagt mir das? Hatte ich wirklich kein Talent, und ist das jetzt hier das Ende eines Talents, das nie eines war? Was hatte Elli gesagt: Niederste Niederungen von Großbochum … Wenn ich doch wirklich und wahrhaftig eine Drehbuchautorin bin, dann muss ich doch irgendwo den kreativen Faden wieder aufnehmen können? Er muss doch irgendwo zu finden sein, verflucht noch mal. Ich kann mich doch nicht damit abfinden, dass es das jetzt gewesen ist. Wo, bitte schön, soll das enden? Mache ich ab jetzt nur noch miese Jobs und schiebe in spätestens drei Jahren einen geklauten Einkaufswagen mit meinen letzten Habseligkeiten vor mir her, hole mir die Stütze auf dem Sozialamt ab und schlafe in der Auffangstation für obdachlose Frauen? Und Frühstück gibt es aus dem Abfalleimer vorm McDonald’s? Werde ich nachts durch Bochums Straßen schleichen, um in den Altkleidercontainern nach was Passendem für die Ballsaison zu suchen? So wie der da?
    Ich hatte mein Taxi auf dem leeren Parkplatz vor einem chinesischen Restaurant an der Hattinger Straße abgestellt, das um diese Uhrzeit schon geschlossen war. Mit verriegelten Türen konnte ich dort in aller Ruhe meiner neuen Lieblingsbeschäftigung nachgehen: Maggies Visionen – je düsterer, desto besser.
    Der alte Mann, der mich durch sein Erscheinen aus meinen Fantasien geweckt hatte, ging mit schlurfenden Schritten in ein paar Metern Entfernung auf dem Bürgersteig vorbei. Er schleppte einen großen Koffer. Der Mann stellte den Koffer ab, drehte den Kopf, als suche er etwas, zog einen Flachmann aus der Tasche und trank. Er warf dabei den Kopf in den Nacken, wie Herrmanns das auch immer machte. Herrmanns sagt danach dann immer: Never shall be slaves. Cheers! Jedes gottverdammte Mal.
    Die Lippen des Mannes bewegten sich. Ich ließ die Scheinwerfer aufleuchten und kurbelte die Scheibe herunter. Das war doch tatsächlich Herrmanns. Was macht der denn um diese Uhrzeit mit diesem riesigen Koffer in dieser gottverlassenen Gegend? Ich rief: »Herrmanns, was machst du denn hier?«
    Er schraubte schnell den Flachmann zu und zwinkerte in das grelle Licht der Scheinwerfer.
    »Macht dat scheiß Licht aus, du dumme Nuss.«
    »Ich bin’s, Maggie. Wo willst du hin mit dem Koffer?«
    »Geht dich gar nix an«, maulte er und nahm noch einen Schluck, murmelte: »Never shall be slaves. Cheers!«, bevor er den Flachmann in seiner Manteltasche verschwinden ließ.
    »Zick nich rum – steig ein, ich spendier die Fahrt. Egal wohin.«
    »Lassmichinruhe. Wenn ich ’n Taxi brauch, dann ruf ich mir eins.« Herrmanns nahm den Koffer auf und entfernte sich schnell in Richtung Heinrich-König-Straße.
    »Zum Bahnhof geht’s aber da runter«, rief ich noch. Soll mir keiner nachsagen, ich hätte es nicht versucht.
    Ich stellte das Funkgerät lauter, weil die Taxizentrale eine Fahrt in der Nähe ausrief. Da sich kein Kollege von einem Halteplatz meldete, bestätigte ich die Fahrt, notierte die Adresse auf meinem Notizblock und fuhr los. Als ich den Wagen auf der Hattinger Straße wendete, war von Herrmanns weit und breit nichts mehr zu sehen.
    Ich schaute auf die Uhr. Fast halb drei. Ich hatte es noch nicht mal geschafft, bis zu meiner Lieblingshorrorvision zu kommen, nämlich der, in der ich in einem kalten Winter steif gefroren in einem löchrigen Gaultier- Pullover mit einer leeren Flasche Wodka im Arm vor irgendeinem Hauseingang tot aufgefunden werde. Es war also schon so weit – nicht nur werden meine Drehbücher nicht fertig – ich krieg noch nicht mal mein eigenes verpfuschtes Leben zu Ende fantasiert.

04
    Am nächsten Nachmittag drehte ich mich im Bett noch einmal auf die andere Seite und wollte ein bisschen weiterträumen. Ich streckte meinen Arm unter der Bettdecke

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