Umwege zum Glück
Klaus. „Jetzt möchte ich eins feststellen.“
„Was denn?“ fragte ich ahnungslos.
Er legte die Arme um mich, drückte mich fest an sich. „Ob die Tochter der Hibüwerke so schön küßt wie mein kleines Doktorchen“, flüsterte Klaus.
Im Lift standen wir dicht aneinander, und Klaus hielt seinen Arm um mich. Seine Augen hatten einen neuen Glanz, sein Lächeln eine neue Wärme. Ob ich selbst auch anders aussah als vorhin?
Dann wanderten wir zusammen raus in die große, farbenprächtige, strahlend geschmückte Stadt.
Heute war das Leben schön. Und wie schön!
Es machte mir einen Heidenspaß, mit Klaus durch die großen Geschäftsstraßen zu gehen, die Schaufenster zu studieren, die Menschen zu beobachten.
„Hast du Hunger, Doktorchen? Wir sind jetzt in der Nähe von meinem Lieblingslokal. Wenn wir viel Glück haben, kriegen wir einen Tisch, und was Gutes zu essen kann ich dir versprechen!“
„Du darfst aber nicht so verschwenderisch sein, Klaus! Du brauchst bestimmt deine mühsam zusammengearbeiteten Kröten für Weihnachtsgeschenke und so was.“
„Ist schon erledigt. Außerdem möchte ich heut feiern. Und nicht nur das, woran du denkst“ (er drückte meinen Arm fest an sich), „sondern auch die Tatsache, daß ich gestern ein wirklich gutes Geschäft gemacht habe. Den Verdienst werden wir jetzt aufessen!“
„Na, waren es Polstermöbel oder eine Anbauküche oder ein Kleiderschrank?“
„Nichts von alledem. Es war ein Gemälde.“
„Was? Ich denke, du bist in der Möbelindustrie? Betätigst du dich auch als Kunsthändler?“
„Als Kunsthändler und Autohändler und Teppichhändler und sonst was du willst. Du ahnst natürlich nicht, daß ich der geborene Verkäufer bin? Ein Freund von mir behauptet, ich brächte es fertig, am Silvesterabend einen Abreißkalender für das vergangene Jahr zu verkaufen! Diesmal hatte ein Bekannter von mir ein recht nettes Bild zu verkaufen, und ich habe meine Spürnase mobilisiert und fand den richtigen Abnehmer. Dreitausend Mark hat er bezahlt, davon fielen 300 als Provision auf mich!“
„Ja, aber – zahlen denn deine Freunde auch Provision?“
„Na klar. Siehst du, das ist eine Kunst, Freundschaft und Geschäfte auseinanderzuhalten.“
„Also wenn ich dich bäte, mein – na ja, sagen wir zum Beispiel, dieses Armband zu verkaufen, und du bekämst fünfzig dafür, dann müßte ich dir fünf Mark geben?“
„Klar! Aber ich könnte herzlich gern nachher das Zwanzigfache für dich ausgeben, für ein Geschenk oder ein feines Souper.“ Ich mußte lachen.
„Du bist aber ein komischer Kauz!“
„Das ist schon möglich, aber nicht wegen meiner Geschäftsprinzipien. Oder meintest du komisch als Privatmensch?“
„Beides, fürchte ich. Wohin gehen wir jetzt? Du scheinst so zielbewußt zu sein!“
„Bin ich auch. Ich führe dich jetzt in die Unterwelt. Paß mal auf, hier wären wir!“
Es ging eine Treppe runter in ein Kellerlokal, das sich als ein entzückendes chinesisches Restaurant entpuppte.
„Hast du Erfahrungen mit chinesischem Essen?“ fragte Klaus. „Ja, soviel wie ein junger Hund mit altem Tokayer“, sagte ich. „Ich weiß nur, daß die Chinesen faule Eier essen, und danach ist mir nicht zumute!“
„Schade, sie schmecken nämlich gar nicht schlecht. Aber du kriegst schon was anderes. Wie wäre es mit Pekingente oder einem Chop Suey mit Krabben?“
„Alles ist mir recht, ich bin ja doch ahnungslos.“
„Dann bestellen wir eine Portion Ente und eine Portion Chop Suey, und du kannst von beidem die Hälfte essen!“
Während wir auf das Essen warteten, guckte ich mich um. Riesig gemütlich war es hier! Die Gäste waren äußerst verschiedenartig. Da saßen zwei kleine gelbe, schwarzhaarige Männer und löffelten Reis – was sage ich, sie „löffelten“ nicht – sie „stäbten“! Sie brachten es fertig, den körnigen Reis mit Stäbchen in den Mund zu praktizieren! Dort eine Gesellschaft waschechter Deutscher, zwei davon aßen auch mit Stäbchen. Dort ein amerikanisches Ehepaar, dann ein junges Paar, das ich als Indonesier oder so was Ähnliches diagnostizierte.
Als der Ober – in einem fußlangen weißen Gewand – mir Eßstäbchen hinlegte, erblaßte ich.
„Ich bringe es dir bei“, tröstete Klaus. „Es ist gar nicht schwer, und das Essen schmeckt viel besser mit Stäbchen!“
Die ersten fünf Minuten war ich sagenhaft ungeschickt, aber dann ging es tatsächlich besser, und es machte einen Heidenspaß, die schönen,
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