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Umwege zum Glück

Umwege zum Glück

Titel: Umwege zum Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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stehen.
    „Dies sieht ja vielversprechend aus“, meinte Klaus schmunzelnd. Die Filmfotos zeigten hauptsächlich äußerst spärlich angezogene Mädchen und ein paar heiße Liebesszenen. „Wollen wir uns den mal angucken?“
    „Ach, weißt du – lieber nicht.“
    „Nanu, warum? Glaubst du etwa an der Klapperstorch?“
    „Ja“, sagte ich. „Ich bin nämlich in meinem Studium noch nicht bei den Geburten! Nein, im Ernst, Klaus, es gibt Dinge, die ich nicht so in allen Einzelheiten vorgeführt haben möchte. Warum soll man alles so breittreten? Es ist nicht nötig, denn aufgeklärt bin ich seit vierzehn Jahren, und ich sage, wie meine Freundin Anke vor ein paar Tagen sagte: ‚Es bleibt ja nichts übrig, was man selbst, zusammen mit dem Menschen, den man liebt, entdecken kann’.“
    Klaus drückte meinen Arm, beinahe zärtlich, an sich.
    „Du kleiner kluger Rotschopf. Den Gesichtspunkt respektiere ich. Und ich möchte auch viel lieber mit dir auf Entdeckungsfahrt gehen als ins Kino!“
    Ich suchte verzweifelt ein neutrales Gesprächsthema und fand es zum Glück, und zwar in einem Schaufenster.
    „Sieh dir bloß den schicken kleinen Fernseher an, Klaus! So einen möchte ich schon haben, für Reisen und für meine Bude – das ist doch ein Batteriegerät, nicht wahr? Manchmal vermisse ich das Fernsehen sehr!“
    „Kannst du nicht deinen reichen Vater dazu bringen, daß er dir einen Fernseher schenkt?“
    „Denkste! Zu Hause kämpft er wie ein Löwe dagegen, daß ich zuviel fernsehe. Ich muß brav artig die Programme ankreuzen, die ich besonders gern sehen möchte, und das darf ich dann auch. Aber nachher wird ausgeschaltet. Wir dürfen uns vom Fernsehen nicht verdummen lassen, wir dürfen das Lesen und das Denken nicht verlernen, sagt er. Natürlich sehen wir Nachrichten und so was und gute Schauspiele und Tier- und Naturfilme, und Mutti hat außerdem eine Vorliebe für alte Spielfilme, die sie in ihrer Jugend schon einmal gesellen hat. Aber wir lassen nie den Apparat nur so weiterdudeln, wir gucken uns nie Dinge an, die uns nicht unbedingt interessieren. Und wenn ich bloß das Wort Fernseher für meine Studentenbude erwähnen würde, dann weiß ich genau, was ich zu hören bekäme! Ich würde vor der Flimmerkiste sitzen, statt zu lernen, ich würde zu spät ins Bett gehen und so weiter – was übrigens alles stimmt!“
    „Dein Vater scheint aber sehr vernünftig zu sein!“ meinte Klaus.
    „Ist er auch. Und Mutti auch, und Madeleine. Ich bin die einzige Unvernünftige der ganzen Familie. Vati hätte vielleicht Madeleine so einen Minifernseher geschenkt, aber mir nie!“
    „Du kannst ja zu mir kommen und fernsehen, wenn etwas dich ganz besonders interessiert.“
    „Das ist nett von dir! Übrigens kann ich ja auch zu den Donnerstagstanten gehen, sie haben einen schicken Farbfernseher.“
    „Aha. Habt ihr denn keinen?“
    „O doch. Ein Riesending. Bevor wir es gelernt hatten, es richtig einzustellen, hatten die Personen immer karmesinrote Gesichter, und Bäume und Wälder waren gallengrün.“
    Klaus fragte noch nach diesem und jenem aus Hirschbüttel und aus meinem Elternhaus, und ich erzählte bereitwillig. Ich war froh, daß wir ein neutrales Gesprächsthema hatten, und ein bißchen geschmeichelt, weil Klaus so viel Interesse an meiner kleinen Welt zeigte.
    Als es uns allmählich zu kalt wurde, wärmten wir uns bei einer Tasse Kaffee im schönen Alsterpavillon auf.
    „Im Frühjahr ist es hier märchenhaft schön“, erzählte Klaus. „Dann werden wir wieder herfahren. So ein Frühlingsabend an der Alster- und dann gehen wir auch in den Zoo und in ‚Planten und Blomen’ und fahren vielleicht nach Blankenese…“
    „Na, dann brauchen wir wohl mehrere Tage“, meinte ich. „Sag mal, ahnst du zufällig, wo du deinen Wagen hast?“
    „O ja, eine Ahnung habe ich schon. Aber es ist ziemlich weit. Bist du müde von dem vielen Laufen? Wollen wir lieber ein Taxi nehmen?“
    „Können wir nicht mit der Straßenbahn fahren?“ bat ich.
    „Mit der Bahn? Warum denn?“
    „Du wirst lachen, aber es macht mir Spaß! Ich bin ja beinahe nie mit der Straßenbahn gefahren! In Hirschbüttel gibt es keine, und wenn ich in Großstädten gewesen bin, hatten wir immer Vatis Wagen.“
    Klaus lachte.
    „Ja, die Zeiten ändern sich! Gut, Doktorchen, ich lade dich hiermit feierlich zu einer interessanten Fahrt mit der Straßenbahn ein!“
    Die Bahn war proppenvoll. Wir standen dicht aneinandergedrängt. So nahe, daß

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