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Umwege zum Glück

Umwege zum Glück

Titel: Umwege zum Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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aber alles zur richtigen Zeit!“
    „Weißt du“, sagte Anke langsam. „Ich glaube, daß deine Schülerinnen zu jung sind, um das zu begreifen. Oder vielleicht liegt es am Elternhaus? Daß sie nicht gelernt haben, sich über ein ruhiges, sagen wir besinnliches Fest zu freuen?“
    „Ich weiß es nicht“, antwortete Tante Isa. „Ich sage mir immer, als ich selbst fünfzehn war, war ich auch bestimmt ein Problem für Eltern und Lehrer, wenn auch die Probleme, die ich ihnen verschaffte, von einer anderen Art waren. Überhaupt haben wohl immer, in allen Generationen, die Alten ihre erfahrenen Köpfe über die Jugend geschüttelt.“
    „Ich habe mit meinen Kindern eigentlich nie Probleme gehabt“, sagte Tante Christiane. „Natürlich, sie haben Sachen ausgefressen, als sie klein waren, und manchmal hat ein Gewitter das sonnige Familienglück getrübt, aber das kommt wohl in jeder Familie vor. Große Probleme haben sie mir aber nie verursacht. Wir waren gute Kameraden und sind es noch.“
    „Tante Christiane, wenn ich mal Kinder kriege, komme ich zu dir und nehme Unterricht in Kindererziehung!“ Jessica lächelte.
    „Komm nur, aber ich weiß nicht, ob ich eigentlich zuständig bin. Ich habe nie Pädagogik oder Kinderpsychologie studiert. Ich habe nur ein bißchen gesunden Menschenverstand gebraucht. Und ich habe immer Zeit für meine Kinder gehabt! Wenn sie mit ihren Fragen kamen, habe ich nie gesagt „quengele nicht“ oder „laß mich in Ruhe“, oder „ich habe jetzt keine Zeit.“ Wenn es auch manchmal verdammt schwierig war, alles stehen und liegen zu lassen, um einem wissensdurstigen Kind auf seltsame Fragen zu antworten.“
    „Waren die Fragen so seltsam?“
    „Naja, sagen wir, außerordentlich variiert. Warum man Apfelsinen mit Kernen drin macht, warum der Mond nicht am Tag scheint, warum die Menschen in Afrika schwarz sind – oder wie mein damals vierjähriger Sohn wissen wollte, ob er in einer Plastiktüte geboren wurde.“
    „Was?“ riefen wir gleichzeitig. Tante Christiane lachte.
    „Ja, das habe ich auch gesagt! Es zeigte sich, daß der Kleine zugesehen hatte, wie die Katze Junge warf. Und er fand es äußerst interessant, daß sie in einer Hülle zur Welt kamen und daß die Katzenmutter dann die „Plastiktüte“, wie er sagte, zerriß und die Kleinen befreite.“
    „Du hast also deine Kinder rechtzeitig aufgeklärt, Tante Christiane“, sagte Jessica.
    „Aufgeklärt“, wiederholte Tante Christiane. „Wißt ihr, ich hasse das Wort ,aufklären’. Wenn ich einem Kind von den Gefahren des Straßenverkehrs erzähle oder erkläre, daß man mit Kinderkrankheiten oder Erkältungen angesteckt werden kann, oder andere von den tausend Sachen, die man einem Kind beibringen muß, dann spricht man nicht von Aufklärung, weil es so natürlich und so sonnenklar ist, daß man einem Kind so was sagt. Aber in dem Augenblick, wo es sich um das Einfachste und dabei das Schönste und das Wichtigste im Leben handelt, dann heißt es plötzlich ,Aufklärung’, und man diskutiert in vollem Ernst, wann man einem Kind erzählen soll, wie es zur Welt gekommen ist. Warum macht man alles so kompliziert? Wenn meine Kinder wissen wollten, woher der Senf kommt oder warum keine Affen in unseren Wäldern leben, habe ich ihnen die Wahrheit gesagt. Warum sollte ich lügen oder dumme Märchen erzählen, wenn sie wissen wollten, woher sie kamen? In dem Augenblick, wo sie fragten, bekamen sie eine wahre Antwort. Etwas später erklärte ich ihnen, so gut ich es konnte, was ich selbst über Erbanlagen und Chromosomen und so was weiß. Ich brachte sie dazu, zu verstehen, wie wunderbar der liebe Gott dafür gesorgt hat, daß das Leben weitergeht, daß die Tierwelt und die Menschheit bleibt und immer größer wird. Nein, meine Kinder haben nie ,Sexprobleme’ gehabt!“
    „Ich finde“, sagte Anke langsam, „daß in unserer Zeit viel zu viel auf dem Sexualgebiet geschrieben und gesprochen und gezeigt wird! Es bleibt ja nichts übrig, was man selbst – ja, wie soll ich es sagen –, was man zusammen mit dem Menschen, den man liebt, entdecken kann.“
    „Du hast ganz recht, Anke. Und warum ist es so geworden? Eben weil bis vor wenigen Jahren vielzuviel verschwiegen wurde! Meine Generation hat erhebliche Fehler gemacht, die vorige Generation noch schlimmere. Macht ihr es besser, Kinder! Ihr seid jetzt an der Reihe! Aber vergeßt nicht: Aufklärung bedeutet nicht Sexwelle und Pornofreiheit, beileibe nicht! Aufklärung bedeutet

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