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Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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dass sie sofort auf einen Menschen mit Wahrem Blut treffen würden, selbst wenn die Chancen gut standen, dass in einer Siedlung mitmehr als neunhundert Einwohnern zumindest einer darunter war. Aber so oder so musste Chase lernen, wie er von wilden Menschen trinken konnte, ohne dass diese sich später daran erinnerten. Dann konnte er sich hier im Dorf – wenn auch nicht optimal – jederzeit selbst versorgen und hatte keinen Grund mehr, Anspruch auf Red zu erheben.
    In diesem Augenblick öffnete sich die Straße vor ihnen zu einem Platz und zog Kris’ ungeteilte Aufmerksamkeit auf sich. Sie waren fast am Ziel – dies musste das Zentrum der kleinen Stadt sein. In der Mitte der kopfsteingepflasterten Fläche erhob sich die verwitterte Bronzeskulptur eines Mannes über einem Springbrunnen, in dem im Licht der Straßenlaternen funkelndes Wasser sprudelte. Rund um den Platz waren Häuser gruppiert, deren große Fenster und Aushängeschilder sie als Geschäfte und Werkstätten verschiedener Handwerker auswiesen. Bäcker, Schmied, Fleischer und Schuster. Krämerladen und Näherei. Ein Dorfplatz wie aus einem alten Bilderbuch, so fern von dem pulsierenden Leben der amerikanischen Großstädte, in denen Kris aufgewachsen war, als sei hier in diesem kleinen schottischen Ort seit zwei Jahrhunderten die Zeit stehengeblieben.
    Das einzige Haus, das um diese Uhrzeit noch hell erleuchtet war, lag direkt gegenüber der Straße, die sie auf den Platz geführt hatte – und es war genau das, wonach Kris gesucht hatte. Schon von weitem konnte er den herb-bitteren Geruch des Bieres und den scharf-würzigen des Whiskys riechen und das Lachen und die Stimmen der Menschen hören, die sich dort eingefunden hatten. Er lächelte still. Volltreffer.
    Leise zogen er und Chase sich unter den steinernen Bogen über dem Eingang der Bäckerei zurück, von wo aus sie ungesehen die Tür des Pubs beobachten konnten. Chase wirkte nun konzentriert und gleichzeitig ein wenig angespannt. Krishatte ihn bereits auf dem Weg nach Europa in die wichtigsten Möglichkeiten eingewiesen, die ihm als Vampir mit der Gabe der Psychischen Manipulation offenstanden. Beispielsweise, wie man mit den Schatten verschmolz, bis man für die menschliche Wahrnehmung so gut wie unsichtbar wurde. Wie man mit seiner Stimme eine beruhigende oder verstörende Wirkung auf einen Geist ausüben konnte – und wie man seine Gedanken und Wünsche in den Kopf eines anderen schickte, so dass er sie für seine eigenen hielt. Doch bisher hatte Chase kaum eine Möglichkeit gehabt, diese Fähigkeiten auch praktisch anzuwenden. Der einzige Mensch, mit dem er Kontakt hatte, war Red. Und Red war schon so lange bei ihnen, dass er längst kein normaler Mensch mehr war.
    In diesem Moment öffnete sich die Tür des Pubs, und ein Mann kam heraus. Er lachte und rief einen Abschiedsgruß über die Schulter, ehe er die Treppe vor dem Eingang herunterstieg. Sein Gang schwankte ein wenig, aber seine Schritte waren noch fest dabei.
    Kris warf Chase einen schnellen Blick zu und nickte. Dieser Mann war ebenso vielversprechend wie jeder andere Mensch in diesem Dorf.
    Zeig, was du kannst, Chase.
    Sie lösten sich aus der Dunkelheit des Hauseingangs und folgten dem Mann die Hauptstraße hinunter. Und als sie sich schließlich einige hundert Meter weit von dem Platz entfernt hatten, spürte Kris, wie eine Schwingung aus Chase’ Richtung ihn erreichte. Unartikuliert, ohne klare Worte natürlich – dafür war Chase noch zu jung. Aber die Intention, die übermittelt wurde, war unmissverständlich.
    Verlasse die Hauptstraße! Der Weg nach rechts ist besser.
    Kris sah nach rechts und erkannte eine schmale Gasse, die sich abseits vom Schein der Laternen in der Nacht verlor. Wienicht anders zu erwarten, setzte Chase das Gelernte hervorragend um. Ob der Weg durch die Dunkelheit wirklich besser war, wusste natürlich keiner von ihnen. Aber es bestand eine reelle Chance, dass der Mensch es trotzdem glaubte, wenn Chase so allgemein blieb und nicht erklärte, warum dieser Weg besser sein sollte – obwohl der Gedanke doch gegen alle menschlichen Urinstinkte ging.
    Ein grimmiges Lächeln erschien auf Chase’ Gesicht, als er den Gedanken ein zweites und dann ein drittes Mal ausschickte. Der Mann wurde langsamer, sah sich noch einmal um – und bog dann tatsächlich in die Seitengasse ein.
    Kris und Chase wechselten einen Blick. So weit, so gut. Jetzt hieß es handeln.
    Chase beschleunigte seinen Schritt und glitt lautlos

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