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Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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eindringlich, dass es Kris beim Zuhören durch Mark und Bein ging. »Ich habe dir gesagt, es gibt da draußen kein Leben für uns Menschen, und das habe ich auch so gemeint. Und ich … kann nicht hierbleiben.«
    »Aber ich auch nicht!« Die Worte brachen so laut aus Elizabeth hervor, dass Kris zusammenfuhr. Wütend schlug sie Reds Hände zur Seite. »Es gibt hier auch kein Leben mehr für mich! Und das ist eure Schuld!«
    Red zuckte zurück, als hätte er sich verbrannt. Entgeistert starrte er Elizabeth an – ehe sich eine düstere Ahnung auf seinem Gesicht ausbreitete. »Was meinst du damit?«
    Elizabeth presste die Lippen zu einem farblosen Strich zusammen und schüttelte den Kopf.
    Entschlossen trat Kris einen Schritt vor und legte Red die Hand auf die Schulter. »Sie hat recht«, sagte er leise. »Sie kann nicht hierbleiben. Dieses Dorf gibt es nicht mehr.«
    Red erstarrte. Sehr langsam drehte er sich zu Kris um.
    »Was«, wiederholte er, und eine gewisse Schärfe schwang nun in seiner Stimme, »meinst du damit?«
    Kris schloss kurz die Augen und atmete tief durch. »Du wirst es gleich sehen«, zwang er sich zu sagen. »Zuerst einmal müssen wir zurück zur Burg.«
    Er sah von Red zu Elizabeth und wieder zurück. Doch bei keinem der beiden sah er nun noch Widerspruch auf den bleichen Gesichtern. Das Begreifen hatte sie beinahe eingeholt, und sie wagten kaum zu atmen – aus Furcht, dass es dann über sie hereinbrechen würde.
    Langsam ließ er die Luft aus seinen Lungen entweichen und versuchte, nicht daran zu denken, was Red gleich wirklich würde sehen müssen. Chase hing immer noch da draußen. »Bleibt dicht bei mir. Dann wird uns niemand sehen.«

Kapitel Einundzwanzig
    Auf dem Marktplatz von Kinlochliath, Schottland
     
    Als Red hinter Kris und Elizabeth aus der Schmiede trat, bot sich ihm ein seltsamer, fast skurriler Anblick.
    Der Regen hatte endlich nachgelassen. Dafür war nun die Nacht endgültig über das Dorf am See gefallen, und durch eines der ersten Löcher in der dichten Wolkendecke blinzelte der Abendstern. Doch er wirkte seltsam blass im Licht der Straßenbeleuchtung. Der Marktplatz war überfüllt mit Menschen, die aufgeregt hin und her liefen. Sie wirkten geradezu kopflos, wie panisch. Schreie und ängstliche Stimmen erfüllten die Luft. Red sah mehrere Männer und Frauen, die eine Eimerkette gebildet hatten, mit deren Hilfe sie Wasser gegen eine regennasse Hauswand schütteten. Andere schleppten ganze Säcke ihrer Habseligkeiten aus den Gebäuden oder standen, nur mit Nachtwäsche bekleidet, in Gruppen zusammen und starrten mit angstgeweiteten Augen auf die Fassaden ihrer Wohnhäuser. Kinder weinten, Vieh lief ziellos und verschreckt durch die Straßen. Das ganze Dorf schien in einem absoluten Ausnahmezustand zu sein, ohne dass Red den Grund dafür erkennen konnte. Er sah zu Kris hinüber, der mit regloser Miene das Szenario beobachtete. War das sein Werk? Red fröstelte unwillkürlich. Was
sahen
diese Menschen? Und wo waren Colin und seine Leute? Red konnte nirgends ein bekanntes Gesicht entdecken.
    In diesem Moment wandte Kris den Kopf, um seinen Blick zu erwidern. Red zuckte zusammen. Da war etwas in denAugen des Vampirs, das Reds Herz nervös schneller pochen ließ. Ein dumpf glimmender Zorn, der sich gegen die verschreckten Dörfler richtete.
    »Glaub mir. Sie haben es nicht anders verdient«, sagte Kris düster.
    Und noch bevor Red genauer nachfragen konnte, war der Vampir bereits hoch in die Luft gesprungen, bis zum Giebel der Schmiede hinauf, wo an einer Seilwinde ein dicker Strick hing.
    Red folgte ihm überrascht mit den Augen – und erstarrte, im gleichen Augenblick, als Elizabeth neben ihm ein seltsames Geräusch von sich gab, halb Schluchzen, halb trockenes Würgen.
    Chase!
    Mit einer fließenden Bewegung zog Kris ein Messer aus seinem Gürtel und trennte den Strick mit einem einzigen Schnitt. Weich landete er neben Red. Chase’ reglosen Körper trug er behutsam auf seinen Armen.
    Red hatte das Gefühl, im nächsten Augenblick zusammenbrechen zu müssen. Fassungslos starrte er auf die zahllosen Wunden, die Chase’ Haut zerrissen, zum Teil halb verheilt, als habe der Körper mit aller Macht versucht, sich zu retten – und sei am Ende doch gescheitert. Die blauen Augen hinter dem Haarvorhang waren weit geöffnet – und doch leblos und starr. Kein Funke glomm in ihrer Tiefe. Nichts war geblieben. Chase war …
    Kris drehte sich um. Verbarg den schrecklichen Anblick, indem er

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