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Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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sich zwischen Red und das schob, was von seinem besten Freund geblieben war.
    »Gehen wir«, hörte Red ihn leise sagen.
    Eine warme Hand schob sich in seine. Zitternd und schweißfeucht. Ein schwacher Trost an einem Ort, an dem es keinenTrost mehr geben konnte. Und Red griff zu, klammerte sich daran mit aller Kraft, die er noch hatte.
    Doch er sah Elizabeth nicht an.
     
    Der Weg zurück zur Burg floss an ihm vorbei wie ein dichter Nebel aus schattigen Gedanken. Red war nicht imstande, seine Empfindungen zu fassen oder zu begreifen, und vermutlich war das auch gut so. Es war ähnlich wie damals, als Chase zum Vampir geworden war: Sein Kopf nahm die Information einfach nicht als Wahrheit auf, mehr wie eine vorübergehende skurrile Verwirrung, die sich mit der Zeit wieder legen würde. Chase war kein Vampir. Und er würde von nun an auch nicht einfach weg sein.
    Nur am Rande registrierte er, dass Kris ihn und Elizabeth über den See trug und sie in die kleine Kammer führte, wo immer noch die Konservenkiste stand, in der Chase so oft geschlafen hatte. Auch jetzt legte Kris ihn hinein und schloss behutsam den Deckel über ihm. Aber Red sah nicht hin. Er wandte sich von Kris und Elizabeth ab und stellte sich ans Fenster, starrte über den See zurück zum Dorf, wo er immer noch die Menschen hektisch umherlaufen sah wie Kellerasseln, nachdem man eine feuchte Bodenplatte angehoben hatte. Er reagierte nicht darauf, als Kris ihn fragte, ob er allein sein wolle, und auch nicht auf Elizabeth, die sich neben ihn stellte und versuchte, ihm Nähe zu geben – die Nähe, die sie vermutlich selbst so dringend brauchte. Red wollte keine Nähe. Er wollte auch nicht allein sein. In diesem Augenblick wünschte er sich nur, seinen Kopf einfach ausleeren zu können, bis nichts mehr darin übrig war. Irgendwann wandte Elizabeth sich ab, und Red hörte, wie sie sich zu Kris aufs Bett hockte. Ihn vermutlich beobachtete, aber er drehte sich nicht um, um zu sehen, ob diese Vermutung zutraf. Er blieb einfachstehen und sah zu, wie die immer finster werdende Nacht nach und nach die Berge und den See verschluckte und ein kränklich gelber Vollmond hinter den Wolkenfetzen emporstieg. Er stand dort, während Millionen und Abermillionen Sterne den schwarzen Himmel sprenkelten, während die Leere, nach der er sich so sehnte, sich nach und nach bis in den letzten Winkel seines Körpers ausbreitete – nur um sich gleich darauf bis zum Bersten mit schmerzhaft prickelnder Unruhe zu füllen.
    Und er stand immer noch so da, als kurz nach Mitternacht in der Ferne, vibrierend zwischen den schlafenden Bergketten, das Dröhnen eines Motors ertönte.

Kapitel Zweiundzwanzig
    Callahan Castle, Kinlochliath, Schottland
     
    Es dauerte eine ganze Weile, bis er begriff, was das Geräusch bedeutete. Dann aber schnitt das Begreifen tief in den Kokon aus Lethargie, den Red um sich gewebt hatte. Mit einem Ruck fuhr er herum – und sah direkt in die tiefschwarzen Augen von Kris, der einen Finger auf die Lippen legte. Red schluckte. Wie lange hatte der Vampir schon hinter ihm gestanden, ohne dass er es bemerkt hatte?
    Kris warf einen vielsagenden Blick zum Bett hinüber. In der Dunkelheit konnte Red schemenhaft Elizabeths Silhouette erkennen, die sich fest auf der schäbigen Matratze zusammengerollt hatte und gleichmäßig atmete. Sie schlief friedlich. Red konnte sich sehr gut denken, wer dafür gesorgt hatte, dass ihr das gelang. Er nickte und versuchte, den Kloß hinunterzuwürgen, der sich in seinem Hals bildete. Was auch immer gleich geschehen würde, es war besser, wenn Elizabeth erst einmal nicht dabei war. Schon bald würde es ohnehin sehr viel komplizierter werden, als gut für sie alle war.
    Kris neigte sich vor, bis sein Mund dicht an Reds Ohr war. »Sie werden im Vorhof landen«, wisperte er fast tonlos. »Komm.« Damit wandte er sich um und verschwand in den Schatten des Treppenschachtes.
    Red fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, die plötzlich furchtbar trocken und spröde waren, und folgte ihm. Nur kurz darauf traten sie aus dem Haupteingang auf den Vorhof hinaus. Das Motorengeräusch war inzwischen deutlich lautergeworden, und Red fragte sich unwillkürlich, ob Elizabeth davon nicht ohnehin wach werden musste, egal, wie sehr sie sich bemüht hatten, leise zu sein. Aber Kris würde sich darum schon gekümmert haben. Und wenn nicht, dann konnte er jetzt auch nichts mehr daran ändern. Red legte den Kopf in den Nacken und starrte in den Himmel, bis ihm

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