Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
Vom Netzwerk:
flatterte wie ein kleiner Vogel. Vorsichtig strich er über ihren Rücken, legte seine Wange an ihr Haar. »Aber jetzt bin ich bei dir«, murmelte er. »Wir sind zusammen, es wird alles gut.«
    Ein trockenes Schluchzen rüttelte an Blues Brustkorb, und sie drückte ihr Gesicht noch ein wenig tiefer in seinen Pullover. Etliche zeitlose Momente standen sie nur so da, spürten die Gegenwart des anderen und lauschten auf die Melodie ihres Atems, die in der Nachtluft verklang. Am liebsten wäre Red für immer in diesem Augenblick geblieben, in diesem Gefühl, etwas lang Verlorenes endlich wiedergefunden zu haben; hätte zu gern alles vergessen, was zwischen dem Hier und Jetzt und ihrer gemeinsamen Zeit auf der Farm geschehen war.
    Doch er wusste, irgendwann würde er sich der Realität stellen müssen. Einer Realität, in der es nicht nur ihn und Blue gab, sondern auch Elizabeth, deren heile Welt er zerstört und der er ein Versprechen gegeben hatte, das er nicht würde halten können. In der er einen Menschen namens Chase gekannt hatte, der erst unsterblich geworden und nun tot war.
    Behutsam schob er Blue ein Stück von sich, um ihr in die Augen sehen zu können. Besser, er brachte es gleich hintersich, auch wenn es ihm weh tat, die Stimmung zerstören zu müssen. Sanft legte er seine Fingerspitzen an ihre Wange.
    »Ich muss dir etwas sagen.«
    Blues Augen im Nachtlicht waren noch immer groß und sehr ernst. »Was immer du willst.«
    Red atmete tief durch. Es fiel ihm schwer, viel schwerer, als er gedacht hatte. Aber er hatte Elizabeth schon einmal zu oft verraten. Wenigstens jetzt musste er ehrlich sein – und Blue die Wahrheit sagen, ehe die beiden sich zum ersten Mal gegenüberstanden.
    »Es … gibt ein anderes Mädchen. Ich habe sie hier im Dorf kennengelernt. Wenn wir nach Kenneth zurückkehren … wird sie uns begleiten.«
    Für einen Moment betrachtete Blue ihn verwundert, beinahe verständnislos, und es sah aus, als wolle sie zu einer Frage ansetzen.
    Dann aber malte sich Begreifen auf ihrem Gesicht. Die Worte erstarben auf ihren Lippen, noch ehe sie ihren Mund verlassen hatten. Sie trat einen Schritt von Red zurück. Doch ihre Hand blieb fest in seinen Pullover verkrampft, als könne sie ihre Finger nicht dazu bringen, ihn freizugeben.
    »Ich dachte, ich würde dich nie wiedersehen«, murmelte Red.
    Er sah Blue mühsam nach Atem ringen. Sie kämpfte darum, die Fassung zu bewahren, ihre Enttäuschung nicht zu zeigen, das erkannte er deutlich. Aber es gelang ihr nicht.
    »Wer …«, begann sie nun doch, brach ab und schüttelte den Kopf. Ihre Finger lösten sich von Reds Pullover, und sie vergrub ihr Gesicht in den Händen.
    Red spürte, wie sich in seiner Kehle ein unangenehmer Klumpen bildete.
    »Es tut mir leid.«
    Die Worte klangen so blass. So dünn. Sie machten nichts wieder gut – im Gegenteil. Aber er hatte keine anderen.
    Blue ließ die Hände sinken. Ihr blasses Gesicht war zu einer Grimasse verzerrt, die vielleicht ein Lächeln hatte sein sollen. »Nein«, sagte sie. »Nein, das muss es nicht. Ich … verstehe das.«
    Red schüttelte hastig den Kopf. »Nein, das tust du nicht! So ist es nicht! Es gibt niemanden, der dich ersetzen kann! Niemanden, hörst du? Es ist nur …« Er sah zum Burgtor, dorthin, wo der nachtschwarze See im Mondlicht funkelte. »Ich bin jetzt für sie verantwortlich«, schloss er leise und konnte nicht verhindern, dass seine Stimme einen bitteren Klang annahm. »Ich kann sie nicht hier zurücklassen.«
    Blue schwieg. Sie schwieg sehr lange, sah ihn einfach nur an mit ihren großen, ausdrucksvollen Augen. Endlich nickte sie – nur eine winzige Bewegung ihres Kopfes. »Ist schon gut«, flüsterte sie. »Wenn ich dir nur eine Weile folgen darf … dann bin ich glücklich.«
    Ein dumpfer Schmerz regte sich bei ihren Worten tief in Reds Innerem und zog sich quälend langsam durch seinen ganzen Körper bis in die Fingerspitzen. Doch erst, als der Schmerz auch seine Lippen berührte, erkannte er, dass es in Wahrheit ein Lächeln war – ein winziges Stück Erleichterung unter all dem Kummer.
    »Natürlich darfst du das.« Ganz flüchtig nur strich er Blue über die Wange. Spürte das feine blonde Haar, das sich an ihren Schläfen lockte, seine Handfläche kitzeln. »So lange du willst.« Er holte mühsam Atem und versuchte, irgendwie das Stechen zu ertragen, das sich bei seinen nächsten Worten tief in seine Brust bohrte. »Aber jetzt sollten wir nach oben gehen. Sie warten sicher

Weitere Kostenlose Bücher