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Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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pechschwarzen Locken zogen sich silbrige Strähnen. Die Zähne hatte er zu etwas gefletscht, das eine schreckliche Mischung aus grimmigem Lächeln und teuflischem Grinsen war. Und dort, wo zuvor seine Augen gewesen waren, klafften nun zwei leere schwarze Höhlen, aus denen dunkles Blut über seine Wangen rann. Bläuliche Kohlen glommen in ihrer Tiefe – ein Funkeln, das Kris beinahe ebenso vertraut war wie die Augen, die zuvor dort ihren Platz gehabt hatten. Und doch gehörten sie nicht zu Cedric. Und Cedric war auch nicht blind, obwohl der Blick der glimmenden Kohlen keinen von ihnen streifte.
    »Bleibt, wo ihr seid«, sagte er mit einer Stimme, die ungewohntrau und tief klang, als dringe sie aus einer Höhle tief in der Erde herauf. »Niemand von euch rührt sich.«
    Keiner widersprach. Niemand von ihnen dachte auch nur daran. Stumm beobachteten sie, wie Cedric an ihnen vorbeiging, den glühenden Blick noch immer unverwandt auf sein Ziel gerichtet. Neben Dorian blieb er schließlich stehen und sah etliche Sekunden starr auf ihn herunter – bevor er ihm unvermittelt kräftig in die Seite trat. Mehrere Rippen brachen mit einem hörbaren Knacken.
    Dorian stöhnte auf. Seine Lider flatterten und hoben sich, sein unsteter Blick zuckte hin und her – und blieb schließlich starr an Cedric hängen.
    Mit einer geschmeidigen Bewegung ging Cedric in die Hocke und beugte sich über Dorian, um ihm ins Gesicht zu sehen.
    »Hallo, Arschgesicht«, sagte er mit höhnischer Befriedigung – und selbst wenn Kris zu diesem Zeitpunkt noch irgendeinen Zweifel daran gehabt hätte, dass Cedric dort nicht allein war, spätestens jetzt hätte er Sid erkannt.
    Cedric hob die rechte Hand, so dass Dorian sie sehen konnte. Und nicht nur er – auch Kris, Red und Blue begriffen nun, was mit Cedrics Augen geschehen war.
    Er hielt sie zwischen seinen blutverschmierten Fingern.
    Dorian riss die Lider weit auf, sein Mund öffnete sich, um etwas zu sagen. Doch Cedric ließ ihn nicht dazu kommen.
    »Ich gebe dir«, sagte er kalt – und nun war er es ohne Zweifel wieder selbst, der sprach –, »meinen progressiven Wahnsinn.
Alter Freund.
«
    Das Licht unter der Decke zuckte, flackerte auf, und die Neonröhre zersprang. Scherben prasselten von der Decke, und der Boden erzitterte unter einem triumphierenden Lachen.
    BOOM, Baby!
    Und in einem letzten Aufblitzen von bläulichem Licht sah Kris, wie Cedrics Hand sich um die Augäpfel zur Faust ballte, wie sein Arm herabstieß und sich tief in Dorians Brustkorb grub.
    Dann war alles dunkel.

Apokalypse: Ein neuer Morgen
    Auf Regen folgt immer Sonnenschein.
    Genau wie auf Sonnenschein wieder Regen folgt.
    Aber das ist okay.
    Wir brauchen das so,
    damit uns die Hoffnung nicht verlorengeht.
     
    Haywood Forest, Kenneth, Missouri
     
    Zu viert standen sie an jenem düsteren Morgen auf der kleinen Lichtung im Wald, ein ganzes Stück entfernt von der Stelle, wo das Abflussrohr in das ausgetrocknete Flussbett mündete, und sahen in das Loch hinunter, das sie in der vergangenen Stunde gemeinsam ausgehoben hatten. Es war so tief, dass Blue den Grund im Dämmerlicht nur erahnen konnte. Und trotzdem fragte sie sich unwillkürlich, ob es wirklich tief genug war.
    Sie warf einen Blick zu Cedric, der die Arme vor der Brust verschränkt und die Stirn in tiefe Falten gelegt hatte. Sid war längst aus seinem Körper gewichen, und er sah wieder so aus wie immer – nun ja. Fast. Als er den Kopf hob, um sie anzusehen, war Blue wie jedes Mal überrascht von der Farbe seiner inzwischen geheilten Augen. Im schattigen Halbdunkel des morgendlichen Waldes ein unbestimmtes Grau. Grünbraun bei Licht. Nicht mehr gelb. Es waren jetzt Dorians Augen, die gelb waren. Dorian, den Cedric eisern ruhiggestellt hielt und der in diesem Moment in Folie verschweißt als unförmiges Bündel einige Schritt entfernt im welken Laub lag.
    Als hätte er Blues Gedanken erraten, nickte Cedric ihr zu. »Bringen wir es hinter uns.«
    Mit diesen Worten wandte er sich ab, um Dorian vom Boden aufzuheben. Sein Gesicht, als er das schlaffe Bündel in die Grube fallen ließ, zeigte nicht die kleinste Regung.
    Schweigend begannen sie, das mühsam ausgehobene Loch wieder zuzuschütten. Niemand sagte ein Wort, bis sie nicht auch den sorgsam aufgeschichteten Laubhaufen wieder über der Grabungsstelle verteilt hatten und nur noch ein sehr aufmerksamer Beobachter erkannt hätte, dass hier soeben ein Vampir beerdigt worden war.
    Schließlich aber sah Kris zum

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