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Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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nicht. »Wir helfen Ihnen bei der Heilung.«
    Freis Herz begann wild zu schlagen. Es brannte wie Feuer in ihrer Brust. Nein!, dachte sie, dafür hatte sie keine Zeit, das hatte Cedric deutlich gesagt! Sie musste hier weg! Sie musste nach Insomniac Mansion!
    Obwohl jede Bewegung das Flimmern vor ihren Augen verstärkte und grellen Schmerz durch ihre Glieder fahren ließ, zwang sie sich, sich aufzurichten. Verschwommen sah sie die anderen Vampire zurückweichen und hörte ein heiseres Fauchen. Ihr eigenes.
    »Vorsicht! Sie ist progressiv!«
    »… ansteckend!«
    Ihr gebrochenes Bein wollte Frei kaum tragen. Aber das war sie ja gewöhnt. Es würde sie nicht daran hindern, zu laufen. Trotzdem wusste sie kaum, wie sie es schaffte, auf die Füße zu kommen und den Rucksack zu packen. Ein qualvolles Stechen zog sich bei jedem Schritt bis in ihre Hüfte hinauf, und sie keuchte. Taumelte. Sie konnte die anderen Vampire nur unscharf erkennen, aber sie wichen ihr aus, als sie vorwärtsstolperte. Manche streckten zaghaft die Hände nach ihr aus.
    »Bleiben Sie liegen, Miss! Wir wollen Ihnen helfen!«
    »Haltet sie auf!«
    Aber niemand hielt sie auf. Niemand wagte, ein Monster anzufassen. Frei beschleunigte ihre Schritte und ignorierte die Schmerzen, die sie schüttelten. Grelles Licht traf sie, als sie aus dem Schatten des Wolkenkratzers hinaus auf die Straße lief. Frei unterdrückte einen Schrei und riss instinktiv die Arme hoch, um ihr Gesicht zu schützen. Die Morgensonne verbrannte ihre Haut und das Fleisch darunter, drang bis tief in ihre Eingeweide, bis sie sich vor Schmerzen innerlich wand – aber sie stolperte einfach weiter.
    Als sie die Straße überquert hatte, waren die Schatten des Asia Parks nicht mehr weit. Frei tauchte zwischen die Bäume, brach durch niedriges Gestrüpp und fühlte Ranken nach ihrem Gesicht schlagen. Den Kopf gesenkt und die Arme fest um den Rucksack vor ihrem Bauch geschlungen, drängte sie weiter voran, in das wuchernde Unterholz abseits der Wege. Die Stimmen hinter ihr verklangen, wurden übertönt vom schweren Rasseln und Pfeifen ihres Atems. Verbissen kämpfte sie sich vorwärts. Sie hätte nicht sagen können, ob noch jemand hinter ihr war. All ihre Sinne waren nur noch auf eins ausgerichtet: so weit von Cedrics Wohnung und der zerbrochenen Scheibe fortzukommen wie möglich. Sie konnte nicht mehr sehen, wohin sie lief, und der Grund unter ihr hätte ebenso gut aus Wattebäuschen wie aus Nägeln bestehen können. Frei stolperte, taumelte auf tauben Füßen. Die Welt um sie herum waberte und flirrte, und sie hatte das Gefühl, sich in dem schmierigen Nebel aufzulösen, der sich in ihrem Kopf ausbreitete.
    Und dann konnte sie nicht mehr weiter.
    Ihre Beine knickten einfach weg, und sie stürzte zu Boden, blieb zwischen Farnwedeln und Rhododendron liegen, währenddie Erde unter ihr schwankte und sich drehte wie ein unvertäutes Boot, das bei starkem Seegang abgetrieben worden war. Nur sehr langsam beruhigte sich ihr Atem, und noch langsamer verebbte das Rauschen in ihren Ohren. Ganz allmählich kam der Boden zur Ruhe. Frei drückte ihre Wange gegen den rauen Stoff des Rucksacks und lauschte auf das Kribbeln und Brennen, mit dem ihre Wunden sich quälend langsam heilten. Es war vorbei, ihre Kräfte am Ende. Sie konnte nicht einen Finger mehr rühren.
    Wie weit war sie gelaufen? Von den Stimmen hinter ihr war endgültig nichts mehr zu hören. Nur der Morgenwind wisperte in den Baumkronen. Die ersten Singvögel begrüßten zwitschernd den neuen Tag. Und von fern drang das Rauschen unzähliger Automotoren heran.
    Hätte Frei gekonnt, sie hätte sich fest zusammengerollt. Sie konnte nicht mehr lange hier liegen bleiben. Für den Augenblick boten die Zweige über ihr ausreichend Schatten. Aber die Sonne würde schnell höher klettern, ihre Strahlen an Kraft gewinnen, so dass die spärlichen Frühlingsblätter kaum noch Schutz bieten würden. Und bis dahin musste Frei verschwunden sein, wenn sie nicht bei lebendigem Leib zu Asche verbrannt werden wollte.
    So weit die Theorie.
    Nur wie sollte sie einen Unterschlupf suchen, wenn sie sich nicht bewegen konnte? Frei versuchte, wenigstens ihre Hände zu öffnen und zu schließen – vergeblich. Mehr als ein schwaches Zucken brachte sie nicht zustande. Wenn sie irgendwie an das Blut in ihrem Rucksack kommen könnte … Aber es war zwecklos. Sie konnte nur hoffen, dass die Heilung schnell genug ging. Dass sie rechtzeitig genug Kraft sammeln konnte, um

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