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Unberuehrbar

Unberuehrbar

Titel: Unberuehrbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Rubus
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Bauchgegend hatte. Der Gedanke, dieses Zimmer in Flammen aufgehen zu sehen, trieb ihr Tränen in die Augen. Aber was, dachte sie, war das schon gegen den echten Red? Vorsichtig betastete sie ihren Kopf, wo sie noch immer den Druck des Dorns zu spüren glaubte, den Kris in ihren Geist getrieben hatte. Die Markierung. Frei lächelte, während ihr die Tränen in die Augen stiegen. Es war nicht so schlimm. Sie konnte jetzt gleich gehen und Red finden – da durfte sie nicht um ein Zimmer weinen, das er doch längst nicht mehr bewohnte.
    Mit vorsichtigen, aber entschlossenen Schritten machte sie sich auf den Weg zum Ausgang. Sie zwang sich, nicht noch einmal zurückzusehen.
    Auf den schwarzweißen Fliesen in der Eingangshalle fand sie den Menschen, wie Hannah gesagt hatte – neben einem Toten und einer weiteren reglosen Vampirgestalt. Frei sah lieber nicht zu genau hin. Sie half dem erschöpften Menschen auf die Füße und führte ihn aus dem Haus.
    Und als sie schließlich das schmiedeeiserne Tor erreichten, das aus dem Garten in den Wald hinausführte, flackerte hinter ihnen im zweiten Stock eine erste orangerote Flamme auf.

Kapitel Zwanzig
    Insomniac Mansion, Kenneth, Missouri
     
    Zu dritt standen sie vor dem Tor und sahen zu, wie Insomniac Mansion in atemberaubender Geschwindigkeit seinen aussichtslosen Todeskampf verlor. Hannah, Frei und der Mensch. Schweigend beobachteten sie gemeinsam, wie die Flammen in den Nachthimmel schlugen – feurig orange, durchsetzt mit tiefroten, weißen und violetten Stichflammen, die immer wieder grell aufloderten. Rings um das Gebäude hatten inzwischen auch die Bäume Feuer gefangen. Krachend stürzten verkohlte Äste zu Boden, knickten die uralten Baumriesen ein wie brennende Strohhalme. Wenn das so weiterging, dachte Frei, würde am Ende der ganze Hügel mit abbrennen. Die Hitze war fast unerträglich. Bald schon musste jemand aus der Stadt das Feuer bemerken oder zumindest den Qualm riechen. Vielleicht sollten sie doch besser verschwinden?
    Dann aber fiel ihr wieder ein, wie verstopft mit Gerüchen die Stadt gewesen war, wie grell im Schein ihrer eigenen Lichter, und gleich erschien es ihr viel unwahrscheinlicher, dass irgendjemandem so bald auffallen würde, was hier draußen geschah. Außer vielleicht denen, die in den Randbezirken lebten, so wie Hank. Aber würden die sich darum scheren? Vermutlich nicht. Nun, Hank selbst vielleicht. Wenn er das Feuer durch Zufall sah, dachte er jetzt vielleicht an sie. Aber vermutlich sah er es gar nicht.
    Frei warf einen Blick zu Hannah hinüber. Das flackernde Licht warf unstete Schatten auf ihr angespanntes Gesicht. Sie trug ein großes, schlaffes Bündel auf den Armen, das schwach atmete und nach Menschenblut roch. Aber Frei wagte nicht zufragen, wer es war, den sie da gerettet hatte. Hannahs Miene war betont ausdruckslos, und Frei fragte sich unwillkürlich, welche Empfindungen sie wohl dahinter versteckte. Trauer, sicherlich. Aber da musste noch mehr sein. Viel mehr, wenn sie Hannahs verkrampfte Schultern betrachtete. Aber sie sagte nichts, sondern beobachtete nur weiter, wie das Haus abbrannte, bis nicht mehr als ein unförmiger Haufen geschmolzenen Steins übrig war.
    Ein leichter Wind trieb eine Wolke grauen Staubs zu ihnen herüber und hüllte sie alle in einen milchigen Schleier. In der Ferne erklangen nun Sirenen, aber Frei hätte nicht sagen können, ob sie sich näherten. Der Mensch, der sich bisher still verhalten hatte, legte eine Hand auf Hannahs Oberarm. »Ich denke«, sagte er leise, »wir können unsere Wache als erfüllt betrachten.«
    Hannah schwieg. Eine einzelne Träne fiel aus ihrem Auge und hinterließ eine helle Spur in der Ascheschicht auf ihren Wangen. Sie warf einen letzten, langen Blick auf den riesigen Haufen Staub, in den sie ihr Zuhause verwandelt hatte. Dann wandte sie sich mit einer schroffen Bewegung ab und stieg mit energischen Schritten den Victoria Hill hinab.
    Frei und der Mensch wechselten einen Blick. Dann folgten sie ihr in stummem Einverständnis ein wenig langsamer. Hannah brauchte etwas Zeit für sich, das war offensichtlich. Es war das Mindeste, was sie tun konnten, um ihr zu helfen – wenn es überhaupt etwas gab, das ihr jetzt noch helfen konnte. Die Zeit der
Bloodstalkers
in Kenneth war endgültig vorbei, sie wussten es alle.
    Es war an der Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen.

ZWEITER TEIL: NEUE WEGE
    Die Vergangenheit liegt in Scherben.
    Aus den Bruchstücken formen wir das

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